Ein gefluteter BMW in der Chemnitzer Innenstadt.
Ist das Kunst oder kann das wegfahren? Zwei Frauen schlendern die Chemnitzer Brückenstraße entlang, vertieft in ein Mittagspausengespräch, als eine unvermittelt stehenbleibt, mit dem Zeigefinger auf einen am Straßenrand geparktes Auto deutet und fragt: „Hast du das auch gesehen?“ – „Was?“ – „Da laufen die Scheibenwischer!“ – „Ach, das ist Kunst.“ – „Wo?“ – „Guck rein.“
Der abgedichtete, mit 1600 Litern Wasser gefüllte und in Intervallen die Frontscheibe wischende BMW ist eine Installation des Künstlerinnenduos Haubitz + Zoche, Teil der Ausstellung „New Ecologies. Gegenwarten II“. Noch bis Ende September ist die Chemnitzer Innenstadt ein Freilichtmuseum und Debattenraum zugleich. Sichtbar gemacht und besprochen werden die Folgen des Klimawandels. Die lokalen, bereits existierenden, die sich nicht mehr leugnen lassen.
Klimafolglich muss man sich diesen arglos parkenden BMW als schwimmendes Objekt vorstellen. Nachdem vielleicht Starkregen einen träge fließenden Bach in einen reißenden Strom verwandelt hat. Man kennt diese Bilder aus dem Fernsehen. Bilder, die immer öfter auch in Deutschland entstehen. Ein Quietscheentchen im Innenraum sieht man dabei nicht.
Es hätte die Aufregung ohnehin nicht verhindert. Nicht in Chemnitz, in dieser autoselbstgerechten Stadt, wo das Recht des PS-Stärkeren gilt. Wo das Fahrradfahren einem täglichen Überlebenstraining gleicht. Wo der Sicherheitsabstand nur ein Vorschlag ist, den Autofahrer hupend und fluchend ablehnen. Und die Aufregung hat eine Vorgeschichte.
Originalgroßer Walkadaver in einer Chemnitzer Tiefgarage.
Noch vor der Eröffnung muss jemand ins Wasser gestiegen sein. Die Scheiben wurden eingeschlafen, das Dach ausgebeult. Im Chemnitzer Stadtrat beschwerte sich die AfD über die Verschwendung von Steuergeldern. Der vom Bund der Steuerzahler Sachsen vergebene Negativpreis „Schleudersachse“ ging nach einer Onlinebefragung an „Versinken – ein Autowrack im Schlossteich“, auf Platz zwei kam „Der Darm – Innereien von Karl Marx“.
Nun ist Südafrika ziemlich weit weg von Chemnitz. Eine sächsische Tiefgarage ist kein natürlicher Lebensraum für Wale, vor allem nicht für tote. Groß war jedenfalls die Aufregung, weil der Kadaver gleich mehrere Parkplätze blockierte.
In der Kolumne „Ostbesuch“ berichtet Paul Linke alle zwei Wochen aus seinem Zwischenleben in Chemnitz und Umgebung. Sachsen sucks? Von wegen!
Von B nach C, Ostbesuch, 263 Kilometer