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Magna am Scheideweg: Aber in Graz man hat fünf neue Optionen im Talon

Es geht um 3000 Arbeitsplätze: So kämpft Magna Steyr im Hintergrund um die Zukunft des Unternehmens in Graz – es gibt tatsächlich Anlass zur Hoffnung. Das sind die fünf neuen Auftrags-Optionen.

Magna am Scheideweg: Aber in Graz man hat fünf neue Optionen im Talon

Die letzte Absage war ein Schock. Dabei hatte Sir Jim Ratcliffe, der Gründer des Geländewagen-Unternehmens Ineos, vor wenigen Monaten noch selbst gegenüber der Kleinen Zeitung erklärt, dass der elektrische Ineos Fusilier in Graz ab 2027 gebaut werden soll. Inklusive Entwicklungsauftrag. Jetzt zog er den Stecker, aufgrund der europäischen Elektro-Flaute und der Frust bei Magna in Graz ist groß. Der Ineos-Auftrag war einer der Pfeiler des Zukunftsprogramms und hätte 2000 Arbeitsplätze gesichert. Nach der Fisker-Pleite der nächste, schwere Schlag. Auch wenn Ineos bekundete, das Projekt nur verschoben zu haben.

Gestärkt aus der Krise kommen

Damit droht eine Krise wie im Jahr 2009, die man an Zahlen verdeutlichen kann: 2006 hatte man rund 250.000 Fahrzeuge unterschiedlicher Marken in Graz gefertigt, 2009 blieben nur noch 50.000 übrig. Auch 2016 rutschten die Produktionszahlen in den Keller – aber in beiden Fällen kam man gestärkt aus den Krisen zurück. Darauf hofft man auch jetzt, es geht um rund 3000 Arbeitsplätze, die unmittelbar betroffen wären, wenn keine neuen Aufträge ausverhandelt werden.

Bei Magna zeigt man sich jedoch außerordentlich zuversichtlich, dass man es auch diesmal schaffen wird, ja schaffen muss. Der Konzernvorstand, in dem kein Steirer oder Österreicher mehr sitzt, beobachtet – unter dem Druck der Shareholder – die Entwicklung mit Argusaugen. Aber der Optimismus in Graz basiert nicht auf leeren Durchhalteparolen sondern auf echten Optionen, die man jetzt auf den Boden der Realität bringen muss.

Die Optionen

Option eins. Die Erfolgsgeschichte des G wird in Graz weiter geschrieben. Auch um Magna den Rücken zu stärken soll Mercedes Benz beabsichtigen, den aktuellen Vierjahresvertrag (bis 2029) vorzeitig zu verlängern. Natürlich werden es harte Preisverhandlungen, und Magna hat kein As im Ärmel – aber die vorzeitige Verlängerung, die im Herbst fixiert werden soll, bringt längerfristig Sicherheit für Arbeitsplätze. Produktionszahlen rund um 50.000 Stück sind eine wichtige Säule im Magna-Zukunftsprogramm. Mercedes-Benz-Chef Olla Källenius hatte schon im Interview zum 50-Jahre-Jubiläum des G gesagt: „Wir gehen nicht aus Graz weg. Punkt. Ich konnte vor ein paar Jahren etwas genauer hinter die Kulissen des Standortes blicken. Wenn man sieht, was Land und Region hier als Kompetenzzentrum aufgebaut haben, ist das wirklich ganz bemerkenswert. Und daraus erwächst ja immer mehr Know-how, was man auch an den Talenten der sehr guten Universität und an den hier ansässigen Firmen sieht.“

Option 2. Die Chinesen wollen kommen, sie haben sich auch schon angekündigt, international bei Magna, wie in Graz. Die Strafzölle beschleunigen das Procedere, denn auf die bisher fälligen zehn Prozent Einfuhrzoll werden noch einmal bis zu 37,5 Prozent an Strafzöllen eingehoben. Da wird es für die Chinesen, die mit ihren E-Autos Europa erobern wollen, finanziell interessant vor Ort zu produzieren. Die Gespräche laufen, Magna hat eigene Teams mit der komplexen Angebotserarbeitung zusammengestellt, die demnächst in China landen werden.

Unter den Namen der chinesischen Hersteller werden Xpeng, GAC oder Chery genannt. Das Vorhaben besitzt aber noch mehrere Fragezeichen: Es steht nicht fest welche Fertigungstiefe die Produkte hier in Europa haben müssen, um den Strafzöllen zu entgehen. Das wird spätestens im November fixiert, wenn die EU endgültig über Strafzölle entscheidet. Ein echter Einstieg der Chinesen bei Magna in Graz erscheint aufgrund der Konkurrenzsituation zu den europäischen Herstellern nicht realistisch. Auch bei den Produktionskosten müsste Magna dramatisch reduzieren.

Zwischen China und US-Start-up

Option 3. Bereits im Juli entscheidet sich, wie weit Magna sich bei der Komponentenfertigung im ungarischen BYD-Werk einbringt. Das Verfahren läuft, und wäre ein Mosaikstein in der Auslastung bei der Komponentenfertigung. Die Chance, so hört man bei BYD, stehen aufgrund der Qualität, die bei Magna geboten wird, nicht schlecht.

Option 4. Mit dem US-Auto-Start-up Rivian war man sich schon so gut wie einig. Der von Amazon protegierte E-Auto-Hersteller (Amazon ist Anteilseigner, Rivian entwickelte eine eigene E-Flotte) Rivian hatte die Absicht kundgetan seine Europa-Produktion bei Magna in Graz zu starten. Aber die wirtschaftliche Situation führte zu einem zwischenzeitlichen Rückzieher. Mit dem milliardenschweren Einstieg des Volkswagenkonzerns bei Rivian, um sich den Zugang zur Software-Entwicklung des US-Startups zu sichern, werden die Karten wieder neu gemischt und Magna wird wieder zu einer Option für Rivian. Die Gespräche sollen fortgesetzt werden.

Option 5. Bei Start-ups (Fisker-Pleite) ist man vorsichtig geworden. Trotzdem gibt es Namen, die sogar in der Szene niemand auf der Rechnung hat.

Die aktuelle Lage schaut so aus: Die Jaguar-Aufträge laufen bei Magna in Graz heuer aus, im nächsten Jahr ziehen sich auch BMW-Toyota zurück. Das großzügige Abfertigungsprogramm wird bei den Mitarbeitern derzeit vermehrt in Anspruch genommen.

Wie schnell sich das Blatt wenden kann, sieht man aber daran: Der Auftrag galt als „top secret“, inzwischen hat BMW bestätigt: Tausende Mini-Fahrzeuge, die in China produziert worden waren, werden für den europäischen Markt bei Magna in Graz „überprüft“ und aufbereitet. Der Name Magna Steyr zählt nach wie vor in der Branche.

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