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Lidartechnik: Booster für das automatisierte Fahren

Umfelderkennung Lidartechnik: Booster für das automatisierte Fahren

Das automatisierte Fahren und damit auch die Sensortechnik ist ins Stocken geraten. Opsys Tech will mit seinen Solid-State-Lidarsensoren die Performance und Wirtschaftlichkeit der Sensorik verbessern und so der automatisierten Umfelderkennung wieder mehr Schwung verleihen.

lidartechnik: booster für das automatisierte fahren

Opsys Tech will mit seinen kompakten Solid-State-Lidarsensoren die Performance und Wirtschaftlichkeit der Sensorik verbessern und so der automatisierten Umfelderkennung wieder mehr Schwung verleihen. (Bild: Opsys)

Die Lidartechnik segelt aktuell in rauen Gewässern. Herkömmliche Lidarsensoren mit rotierenden Spiegeln kosten immer noch einen hohen dreistelligen Euro-Betrag. Automatisiertes Fahren ab Level 3 ist zwar auf Lidarsensoren angewiesen, befindet sich aber nach dem Hype in der Phase der Ernüchterung. Deshalb hinken die verkauften Stückzahlen den Prognosen hinterher und das Feld der Lidarsensor-Anbieter – siehe der Rückzug von Bosch, sowie von ZF bei Ibeo konsolidiert sich. Hinzu kommt die 4D-Imaging-Rardartechnik als kostengünstigerer und technisch potenziell gefährlicher Wettbewerber bei der Objekterfassung.

Ein Ausweg aus dem schwierigen Marktumfeld könnte die Solid-State-Lidartechnik sein. Weil sie komplett in Elektronikbausteinen integriert ist, kommen diese Sensoren ohne bewegliche Teile aus. Das macht sie weniger komplex, kleiner, kostengünstiger und robuster als bisherige Lidarsensoren. Auch die Geräuschentwicklung und Wärmeabgabe sollen wesentlich geringer sein.

Klare Sicht im Fokus

Allerdings: “Aktuell sind noch keine wirklich funktionierenden Solid-State-Lidarsensoren auf dem Markt, da sie einfach noch nicht ausgereift genug sind“, behauptete Geoffrey Bouquot, ehemaliger Chief Technology Officer und Executive Vice President Strategy der Valeo Group, auf der IAA 2023 im Gespräch mit dem Schwestertitel Automobil Industrie.

Diesen Zustand will unter anderem das israelische Start-Up Opsys Tech ändern. Das Unternehmen hat sich mit gleich mehreren Partnern zusammengetan, um die Industrialisierung der Solid-State-Technik zu beschleunigen. Schon seit 2023 arbeitet man mit der Wideye-Produktschiene des japanischen Glasspezialisten AGC an der Integration der Lidarsensoren in einem Modul hinter der Windschutzscheibe und will noch 2024 Serienreife erreichen. Die Position im Bereich des Innenspiegels sieht man als ideal für die Erfassung des Fahrzeugvorfelds an und erwartet Synergieeffekte durch die Integration mehrerer Sensortechniken zu einem kompakten Cluster. Beispielsweise hat man dort bereits zwei separate Lidar-Module – nämlich hoch- und niedrigauflösende Sensoren zur Fern- und Nahbereichserfassung – zusammen mit mehreren Kameras, einem Regensensor und einer RFID-Antenne platzsparend kombiniert.

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Ein Lidarstack in der Windschutzscheibe kann mehrere Solid-State-Lidarsensoren umfassen. (Bild: Opsys)

Eine große Herausforderung stellt nach Angaben von Opsys und Wideye die Ablenkung der Laserstrahlen beim Durchgang durch die Windschutzscheibe dar. Opsys setzt auf ein präzises Strahlmuster, um mögliche Verzerrungen durch Glas zu kompensieren. Zusätzlich kann der Festkörper-Lidarsensor kleinere Ungleichmäßigkeiten per Kalibrierung selbst ausgleichen. Dadurch ist diese Technik dem israelischen Unternehmen zufolge auch das erste Sensorsystem, das Alterungsprozessen entgegenwirken kann. Zusammen mit der Robustheit durch das Fehlen von beweglichen Bauteilen dürfte das die Lebensdauer des Sensors deutlich erhöhen. Unter anderem dank der Kompensationsmaßnahmen bleibt der Lidarsensor nach Angaben von Opsys selbst bei einem Windschutzscheibenwinkel von 70 Grad immer noch ausreichend präzise, um kleine Trümmerteile auf der Straße gemäß den geforderten Spezifikationen zu erkennen. Das für Nahinfrarot transparente Glas von Wideye ist nach Herstellerangaben eine weitere Voraussetzung für den nahtlosen Einbau optischer Sensoren wie Lidar und Kameras im Bereich der Windschutzscheibe.

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Opsys und Wideye optimieren die Integration von Lidarsensoren in der Windschutzscheibe. (Bild: Opsys)

Kräfte bündeln

Zudem gingen der chinesische Zulieferer Hasco und Opsys im Jahr 2023 eine Partnerschaft ein mit dem Ziel, die Entwicklung und Produktion von Solid-State-Lidarsensoren für die ADAS-Systeme von Hasco voranzutreiben. Ein weiteres Ziel war, die Serienproduktion der Lidarsensoren vorwiegend für ADAS-Lösungen im chinesischen Markt im Jahr 2024 aufzunehmen. Eine passende Software zur Objekterkennung und -wahrnehmung der Sensordaten des Opsys-Lidarsensors entwickelt Hasco bereits seit 2021.

Eine weitere Partnerschaft hat Opsys 2024 mit Vueron abgeschlossen, einem südkoreanischen Anbieter von KI-basierter Wahrnehmungs-Software. Gemeinsam entwickelt man einen Software-Stack, der ebenfalls speziell für den Solid-State-Lidarsensor von Opsys optimiert ist. Die „Vue-One“-Software soll aus den Sensorinformationen relevante Bewegungsmuster und Objektinformationen ermitteln und diese dann für ADAS-Funktionen aufbereiten.

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Opsys und Vueron entwickeln eine Wahrnehmungs-Software für die Daten von Solid-State-Lidarsensoren. (Bild: Thomas Aurich)

Dem Umfeld angepasst

Der Opsys-Lidarsensor ähnelt einer Kamera und arbeitet prinzipiell wie eine 3D-Kamera. Das System besteht aus einem zentralen Lichtdetektor mit zwei Strahlern auf beiden Seiten und „sieht“ bis zu 300 m weit. Ausgestattet mit Vertical Cavity Surface-Emitting Laser (VCSEL) und Single-Photon-Avalanche-Diode-Chips (SPAD) kann der Sensor ohne bewegliche Teile ein Sichtfeld von 110 Grad horizontal und 13 Grad vertikal scannen. Der Erfassungsbereich beträgt 200 m für ein Ziel mit zehn Prozent Reflektivität und einer Erkennungswahrscheinlichkeit von mehr als 90 Prozent. Jeder Sender tastet das gesamte Sichtfeld mit 1000 Bildern pro Sekunde ab, das System berechnet aus den Daten durchschnittlich 30 Bilder pro Sekunde. Dank der hohen Anzahl an Abtastvorgängen pro Punkt können mögliche Interferenzfehler durch die Bildung von Mittelwerten vermieden und so die Erkennungswahrscheinlichkeit verbessert werden.

Stand vom 15.04.2021

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Opsys hat sich als Arbeitsfenster für die Lidarsensoren bewusst für Wellenlängen im 900-nm-Bereich entschieden. Zwar ist eine Wellenlänge von bis zu 1550 nm zulässig, um eine möglichst hohe optische Leistung und somit Reichweite der Sensoren zu erzielen. Nachteil ist jedoch, dass im 1550-nm-Spektrum bei Regen, Nebel oder Schnee eine erhebliche Absorption der optischen Leistung des Lidarsensors erfolgt. „Im Extremfall liegt die Dämpfung im Bereich von 15 bis 20 db, das heißt, bei einer Dämpfung von 20 db wird die übertragene Leistung um 99 Prozentgedämpft“, so Eitan Gertel, Executive Chairman of Opsys Technologies. „Unser System mit einer Wellenlänge von 900 nm weist nur eine vernachlässigbare Wasserabsorption auf und wird von den Wetterbedingungen nur minimal beeinflusst.“

Passt sich gut ein

Das komplette Technikkonzept und Laserstrahlen mit geringfügig unterschiedlichen Wellenlängen ermöglicht nach Angaben von Eitan Gertel die störungsfreie Zusammenführung mehrerer Sensoren zu einem Lidarsystem. Weil die einzelnen Sensoren sehr klein – zwei Sensoren passen auf die Grundfläche einer Kreditkarte – sind, ist ihre Integration in den Scheinwerfern oder im Dachmodul hinter der Windschutzscheibe möglich. Eitan Gertel: „Unsere Solid-State-Technik ist damit für verschiedene Fahrzeugtypen in unterschiedlichen Anwendungsbereichen geeignet.“

Weitere Pluspunkte: Der Opsys-Lidarsensor weist einen geringen Stromverbrauch auf und kommt über den gesamten Temperaturbereich ohne externe Heizung oder Kühlung aus. Da der Solid-State-Scanning-Sensor die Rohdaten nicht wie andere Sensoren erst interpretieren muss, bevor er sie auswertet, liefert das System Originaldaten, die auch für andere Aufgaben valide sind.

Durch den Verzicht auf bewegliche Teile kann der Lidarsensor von Opsys in vollautomatisierten Prozessen gefertigt werden. Selbst die endgültige Ausrichtung erfolgt in einem automatisierten Prozess auf Softwarebasis und erfordert keine Bewegung der physischen Komponenten. Daher entfallen laut Eitan Gertel etwa 90 % der Herstellungskosten auf Material und nur etwa zehn Prozent auf Personal.  (se)

* Hartmut Hammer schreibt seit mehr als zwei Jahrzehnten als Journalist für B2B-Magazine über Automobiltechnik und Mobilität.

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