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Geht ein Kamel durchs Nadelöhr

geht ein kamel durchs nadelöhr

Autofreier Sonntag während der Ölkrise: Polizisten kontrollieren 1973 am Autobahnkreuz Köln-Nord die Einhaltung des Fahrverbots.

War es nicht Adenauer, der gesagt hat: „Auto fahren die Leute immer“? Nicht ganz. Das heißt, Adenauer war es schon; aber er hat etwas anderes gesagt: Kinder! Kinder, meinte der erste Bundeskanzler, der kein Genosse der Bosse war, jedenfalls keiner der Auto-Bosse, kriegten die Leute immer. Wo ist da der Unterschied? Eben! Das Auto als der Deutschen mit Abstand liebstes Kind hat dem wirklichen Kind schon vor langer, langer Zeit den Rang abgelaufen. Es wird gepäppelt und gepampert, gehegt und gepflegt, dass sich die Balken biegen, und bildet schon rein quantitativ eine verrückterweise immer noch wachsende Übermacht.

Zahlen bitte

Die amtlichen aktuellen Zahlen: In Deutschland gibt es knapp 68 Millionen Kraftfahrzeuge (inklusive Anhänger), davon 48,5 Millionen Pkw, ungefähr zwei Drittel davon aus eigener Herstellung. Es leben hier 84 Millionen Menschen, gute 13 Millionen Kinder und Jugendliche unter achtzehn Jahren. Das bedeutet, auf 1,44 erwachsene Menschen kommt ein Auto, Alte, Kranke und sonstwie am Fahren Gehinderte mitgerechnet. Man kann also nicht sagen, Deutschland wäre individualverkehrsmäßig unterversorgt. Selbst die beiden gravierendsten gegenwärtigen Krisen, Klimawandel und Krieg/Energieverteuerung, haben daran bisher nicht nur nichts geändert – im Gegenteil: Für den vergangenen Monat lag die Zahl der Neuzulassungen um 14,1 Prozent über der von vor einem Jahr. Warum auch nicht? Mit Vernunft kommt man da nicht weiter.

Einmal „Tempolimit“ oder „Fahrverbot“ sagen, und es gibt Bürgerkrieg. Das Klima ist eh im Eimer, warum sollte man den Leuten da noch ihre letzte Freude, das Auto, nehmen? Ja, baut und fahrt Autos, je schlimmer die Lage, desto hemmungsloser. Und wehe, jemand wagt es, wenigstens einmal zu fragen, ob man es nicht auch mal mit Mäßigung, Einschränkung versuchen könnte, so ist augenblicklich die ranghöchste Autolobbyistin zur Stelle, verdreht einem das Wort im Mund und schreit, die Autofahrer brauchten keine „Belehrung“ (Hildegard Müller). Panik erfasst die Menschen, sobald sie den Sicherheitsgurt enger schnallen sollen; sie werden hysterisch.

Aber nicht nur die Wege der Vernunft sind unergründlich, sondern auch die Wege der List der Vernunft. Es begab sich nämlich zu dieser Zeit, dass von einem mächtigen Auto-König das Gebot ausging, dass alle Autos geschätzt würden. Naja, so ungefähr. Tatsache ist jedenfalls, dass niemand Geringerer als der Audi-Chef Markus Duesmann Vorschläge gemacht hat, die zumindest für die hiesige Branche ungewöhnlich, ja, geradezu originell sind: autofreie Sonntage, also allen Ernstes Fahrverbote, sowie ein Tempolimit. Und doch war es irgendwie vorhersehbar – ein rennradfahrender Münsterländer, wie der Audi-Chef einer ist, kann ja kein schlechter Mensch sein. Wer bisher geglaubt hatte, dass es eher einen kalten Tag in der Hölle gäbe, als dass ein Autohersteller etwas so hervorragend Richtiges äußern würde, neige beschämt sein Haupt. Halleluja!

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