Alleen in Deutschland: Geschätzt und doch bedroht
Der Trend zur baumgesäumten Straße ist bereits mehr als 200 Jahre alt. Das systematische Pflanzen von Alleen entlang der Straßen in Deutschland begann Endes des 18. Jahrhunderts vor allem in Preußen, sagt Jürgen Peters von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde vor dem Tag der Alleen am 20. Oktober. Neue Chausseen wurden damals mit Bäumen bepflanzt, die etwa einen Meter links und rechts versetzt im Abstand von zehn Metern neben der Fahrbahn standen. Zunächst waren es oft Pappeln, später vor allem Eichen, Linden und Ulmen.
„Der Baum war der Leitpfosten, damit man auch im Winter die Straße gut sehen konnte“, sagt der Professor für Landschaftsplanung und Regionalentwicklung. Bei den wassergebundenen Fahrbahndecken aus Lehm habe zudem die Beschattung eine wichtige Rolle gespielt – um übermäßige Staubentwicklung zu verhindern sowie Menschen und Zugtieren Schatten zu spenden. Schnelle Autos, für deren Insassen ein Straßenbaum zum tödlichen Hindernis werden könnte, gab es damals nicht.
Peters sieht in der Dominanz der Linde ein Problem. „Das birgt das Risiko, dass wir wie beim Ulmensplintkäfer vor 100 Jahren eine Kalamität irgendwann haben, die die Lindenbestände zusammenbrechen lässt.“ Auch wenn die Linde relativ widerstandsfähig gegen Trockenheit und Hitze sei, wäre es gut, mit Blick auf den Klimawandel zu diversifizieren. Die Spanische Eiche oder die Esskastanie wäre da zum Beispiel geeignet, auf besonders trockenen Standorten auch die Robinie, sagt Peters.
Beim Nachpflanzen von Alleebäumen gibt es nach Peters Angaben oft Hindernisse. Die ESAB-Richtlinie für Bundes- und Landesstraßen zum Schutz vor Aufprall an Bäumen sei ein Problem, weil mehrere Meter Abstand zur Straße eingehalten werden sollen. Dort sei aber oft Ackerland, das die Bauern nicht zur Verfügung stellen wollen. „Deshalb wird kaum noch nachgepflanzt.“
Die ESAB-Richtlinie sollte aus Dujesiefkens Sicht eigentlich kein Hindernis für Nachpflanzungen in der bestehenden Baumreihe sein. Das sei nach einem Rundschreiben des Bundesverkehrsministers aus dem Jahr 2017 erlaubt. „Von dieser Möglichkeit macht aber kaum eine Straßenbauverwaltung Gebrauch – leider.“ Für den starken Rückgang von neuen Anpflanzungen und die Zunahme von Fällungen sind nach Dujesiefkens Angaben auch die Richtlinie (RPS 2009) für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (etwa Leitplanken) verantwortlich.
Dabei sei der Schutz der Alleen sogar im Bundesnaturschutzgesetz festgeschrieben. Einzig in Mecklenburg-Vorpommern seien Alleen in der Landesverfassung geschützt. Dujesiefken fordert ein Umdenken in der Verkehrssicherheit: „Vorsicht und Verantwortung des Einzelnen müssen mehr in den Vordergrund rücken“.
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Dujesiefken stimmt Peters in der Forderung nach mehr Baumartenvielfalt in Allen zu. „Nur so können wir beispielsweise einen Totalausfall in bestimmten Straßenabschnitten verhindern und den Befallsdruck mit Schädlingen einschränken.“ Straßenbäume hätten oft schwierigen Bedingungen. Stichworte seien Schnittmaßnahmen in der Krone, Schäden durch Unfälle, Arbeiten im Wurzelbereich, Auftausalz im Winter, Schädlinge und Krankheiten sowie immer längere Trockenperioden. „Das erschwert das Gedeihen von Neuanpflanzungen, und selbst alte Baumbestände finden kaum noch Grundwasser.“