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Autowerke vor dem Aus: Lasst VW doch Fertighäuser bauen

autowerke vor dem aus: lasst vw doch fertighäuser bauen

Strukturänderung erforderlich: Automobil- und Immobilienbranche könnten sich gegenseitig unterstützen.

Der Autogipfel skizziert die Herausforderungen der Automobilindustrie: Absatzrückgänge, Überkapazitäten, Personalabbau. Staatliche Subventionen konnten dies nur bedingt aufhalten, strukturelle Veränderungen wurden bislang vermieden. Stattdessen setzen die Hersteller auf Optimierungen innerhalb bestehender Prozesse und zusätzliche Förderungen. Im Volumenbereich der deutschen Automobilindustrie zeigt sich dieser Wandel mit Volkswagen deutlich: Die Aufkündigung der seit 1994 geltenden Beschäftigungssicherung verdeutlicht den Transformationsbedarf. Jetzt hat der Betriebsrat mitgeteilt, dass VW drei Werke schließen will.

Zeitgleich befinden sich Teile der Bauwirtschaft und Immobilienbranche in einer ebenso schweren Krise. Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen ist entgegen den Zielen der Bundesregierung auf einem Tiefstand. Vor allem in Ballungszentren wird der Wohnbedarf nicht gedeckt. Neue Wohnungen kommen aufgrund der gestiegenen Gestehungskosten mit einem Mietpreis von 18 Euro bis 22 Euro je Quadratmeter auf den Markt und sind damit für einen Großteil der Bevölkerung unbezahlbar.

Auch hier werden Lösungsansätze verfolgt, die vorwiegend versuchen, bestehende Systeme zu optimieren, statt grundlegend die Strukturen zu ändern. Seit der ersten Baukostensenkungskommission im Jahr 2015 folgte eine Initiative der anderen, aber brachte keinen durchschlagenden Erfolg. Reformen auf Grundlage des jüngst eingeführten Gebäudetyps E werden noch auf sich warten lassen – aus sozialer Sicht sicher zu lange.

Zwei Krisen auf einmal

Um der Herausforderung zu begegnen, hat der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen mit der zweiten Rahmenvereinbarung für serielles und modulares Bauen Kostenvorteile von 22 Prozent erzielt – ohne dass dabei die Effizienz- und Skalenvorteile der Automobilwirtschaft hinsichtlich Zeit, Kosten und Qualität vollständig genutzt werden. Wenngleich serielle Vorfertigung inzwischen schon oft in Teilen angewendet wird, bestehen Herausforderungen, um die Ansätze schnell und flächendeckend umzusetzen. Auch der Fachkräftemangel verhindert das Erreichen der Neubauziele. Schon jetzt wächst der Zielkonflikt zwischen energetischen Sanierungen und erforderlichen Neubauten.

Die deutsche Volkswirtschaft steht somit zwei Krisen gegenüber, welche die Bruttowertschöpfung wie auch die Standortattraktivität limitieren. Statt die Krisen politisch getrennt zu betrachten, könnten sie synergetisch genutzt werden: Die Überkapazitäten der Automobilindustrie mit freigesetzten Fachkräften und Kompetenzen in der seriellen und modularen Fertigung bieten ein enormes Potential für die Bauwirtschaft. Durch die gezielte Integration dieser Ressourcen könnten Engpässe in den Bereichen Arbeitskräfte, Standardisierung und Logistik effizient kompensiert werden.

Die Automobilbranche verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Optimierung und Skalierung von Fertigungsprozessen, der Zusammenarbeit mit Zulieferern und der Qualitätssicherung. Diese Kompetenzen könnten, wenn auf die Bauwirtschaft übertragen, dort nicht nur zusätzliche Effizienzgewinne ermöglichen, sondern auch entscheidend die Bauzeiten verkürzen, wie wir es aus anderen Ländern kennen – und damit die Neubaurate zeitnah erheblich steigern.

Soziale und volkswirtschaftliche Herausforderungen

Ein Blick nach Japan zeigt, wie Synergien zwischen den Branchen genutzt werden: Toyota und Mitsubishi sahen schon 1975 und 1985 das Potential, ihre Kompetenz aus der Automobilproduktion auf den Wohnungsbau anzuwenden. Toyota baut so fast 85 Prozent eines Hauses im Werk. Mitsubishi baut inzwischen auch fast alle anderen Gebäudeklassen und Toyota ganze Quartiere. Die Fertigungskompetenzen und Überkapazitäten der Automobilwirtschaft volkswirtschaftlich effizient für den Wohnungsbau zu nutzen ist damit noch nicht einmal innovativ. Denkbar sind nicht nur Neubauten in Leichtbauweise, sondern auch Module für die serielle Aufstockung zur Nachverdichtung von Städten oder für den Bau weiterer Immobilienklassen.

Beide Krisen bringen tiefgreifende soziale sowie volkswirtschaftliche Herausforderungen mit sich. Die Überkapazitäten der Automobilindustrie lassen sich allerdings in die Bauwirtschaft integrieren, wenn sich die Produktionskapazitäten zur Sicherung von Arbeitsplätzen umnutzen lassen. Das könnte nicht nur den dringend benötigten Wohnungsbau mit den skalierbaren Potentialen der seriellen und modularen Fertigung beschleunigen, sondern in Kombination zugleich einen mehrwertstiftenden Beitrag zur Stabilisierung des sozialen Gefüges in der Bundesrepublik leisten.

Diesen Vorschlag hat der Autor schon im Jahr 2004 dem damaligen Personalvorstand der Opel AG, Norbert Küpper, unterbreitet. Damals steckte dieser Autohersteller in der Klemme. Küpper schrieb handschriftlich zurück: Das Unternehmen habe andere Pläne. Aber der Umbau vor 20 Jahren hat viele Personalstellen gekostet. Vielleicht bieten sich dieses Mal andere Optionen für die angezählten Mitarbeiter aus der Automobilwirtschaft.

Der Autor des Gastbeitrags leitet das Real Estate Management an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht und ist Mitgründer des Unternehmens Livable Places.

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