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WEC Bahrain 2024: Ferrari und Porsche im Longrun tonangebend

wec bahrain 2024: ferrari und porsche im longrun tonangebend

WEC Bahrain 2024: Ferrari und Porsche im Longrun tonangebend

Die Donnerstagstrainings zu den 8 Stunden von Bahrain 2024 verliefen weitgehend ohne Zwischenfälle. Das Auftakttraining bei 31 Grad Celsius Lufttemperatur diente aufgrund des zweigeteilten Rennens (erste Hälfte bei Tageslicht, zweite Hälfte bei Dunkelheit) der Ermittlung des Reifenverschleißes. Im zweiten Training bei Nacht wurden dann die schnellsten Zeiten gefahren. (Ergebnisse 8h Bahrain 2024)

Beide Trainings verliefen ohne größere Zwischenfälle, allerdings verlor der Peugeot #93 (Vergne/Jensen/Müller) im zweiten Training rund 45 Minuten Trainingszeit in der Garage. Ansonsten wurden die beiden Sessions nur durch jeweils eine Full-Course-Yellow zu Übbungszwecken kurz unterbrochen. (Alle Infos zu den 8h Bahrain 2024)

Während in der ersten Session der Peugeot #94 (Vandoorne/di Resta/Duval) in 1:50.837 Minuten und in der zweiten der BMW #15 (D. Vanthoor/Marciello/Wittmann) in 1:48.257 Minuten die Bestzeiten setzten, ist der Blick auf die Longruns natürlich wesentlich interessanter und aussagekräftiger.

Um die Longruns überhaupt einordnen zu können, muss man zunächst den Reifenverschleiß verstehen. Das ist für die Teams im Hinblick auf das Rennen von enormer Bedeutung. Bekanntlich ist der Bahrain International Circuit mit seinem über 20 Jahre alten Asphalt ein wahrer Reifenfresser.

Reifenverschleiß erwartet gigantisch

Zwei Fahrzeuge absolvierten im ersten Freien Training drei Longruns. Dabei handelte es sich um den Toyota #8 (Buemi/Hartley/Hirakawa) und den Alpine #35 (Chatin/Habsburg/Gounon). In beiden Fällen ist ein deutlicher Unterschied zwischen dem ersten und dem zweiten Run zu erkennen.

Der zweite Stint ist im Durchschnitt (Runden mehr als drei Sekunden langsamer als die jeweils schnellste im Stint rausgerechnet) 1,5 beziehungsweise 2,8 Sekunden langsamer. Das zeigt einen enormen “Drop” nach nicht einmal 20 Runden.

Die Stints von Alpine zeigen ein logischeres Verschleißverhalten als die von Toyota. Dennoch ist der dritte Stint bei Alpine im Schnitt 2,6 Sekunden langsamer. Bei Toyota ist der dritte Stint nur unwesentlich langsamer als der zweite (was darauf hindeutet, dass im zweiten Stint unter den Möglichkeiten gefahren wurde), aber immer noch sagenhafte 3,4 Sekunden langsamer als der erste.

Im Nachttraining wurden wegen der Qualifying-Simulationen zu Beginn des Trainings maximal zwei Longruns gefahren. Fünf Fahrzeuge absolvierten zwei Longruns von mehr als zehn Runden: der Porsche #5 (Campbell/Christensen/Makowiecki), beide Alpine, der Jota-Porsche #38 (Button/Hanson/Rasmussen) und der Peugeot #94.

In allen Fällen ist ein deutlich geringerer Leistungsabfall festzustellen. Den größten Unterschied weist der Jota-Porsche mit einer durchschnittlichen Abweichung von 1,256 Sekunden auf. Auch hier sind alle Runden, die drei Sekunden langsamer sind als die schnellste Runde im Stint, nicht berücksichtigt. Beim Peugeot und dem Alpine #35 sind es nur 0,633 beziehungsweise 0,659 Sekunden Differenz zwischen den durchschnittlichen Rundenzeiten in den beiden Stints, die anderen beiden Fahrzeuge liegen dazwischen.

Diese Daten zeigen bereits einen deutlich geringeren Reifenverschleiß. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen wurde in der Qualifying-Simulation der “Peak” der Reifen bereits abgefahren, während es im ersten Training von Anfang an zur Sache ging und die ersten fünf bis acht Runden deutlich schneller waren.

Zum anderen ist der Verschleiß bei Dunkelheit natürlich deutlich geringer. Lag die Asphalttemperatur tagsüber noch bei über 40 Grad, waren es in der Nachtsession unter 30 Grad Celsius.

Longruns bei Tag: Riesenunterschiede durch Reifenalter

Das stellt die Teams im Rennen vor ein Dilemma: Eigentlich brauchen die Hypercars bei Tageslicht mehr frische Reifen. Für Qualifying und Rennen sind aber nur 26, also sechseinhalb Sätze, erlaubt. Kommt es nach Einbruch der Dunkelheit zum Safety-Car, wäre es wünschenswert, bei den Michelins noch aus dem Vollen schöpfen zu können.

Das würde aber einen hohen Preis früh im Rennen bedeuten, wenn Doppelstints bei ungünstigen Bedingungen gefahren werden müssten. Dennoch ist das Gewinnpotenzial vielversprechend. Auf der anderen Seite ist der Bahrain International Circuit nicht gerade als Safety-Car-lastig bekannt.

Wie gravierend der Nachteil alter Reifen ist, zeigt eine Analyse der Longruns aus dem ersten Training. Berücksichtigt sind nur Stints von mindestens zehn Runden, wobei Rundenzeiten, die drei Sekunden langsamer als die schnellste Stintzeit waren, gestrichen wurden.

Durchschnittszeiten FT1 im Longrun >10 Runden:

1. Alpine #36 – 1:52.859 Minuten (Runde 2-13)

2. Jota-Porsche #12 – 1:52.939 (Runde 3-13)

3. Toyota #8 – 1:52.955 (Runde 2- 13)

4. Alpine #35 – 1:53.346 (Runde 2-13)

5. BMW #20 – 1:53.657 (Runde 2-12)

6. BMW #15 – 1:53.725 (Runde 2-17)

7. Toyota #7 – 1:54.436 (Runde 10-24)

8. Cadillac #2 – 1:54.483 (Runde 17-32)

9. Ferrari #50 – 1:55.240 (Runde 28-37)

10. AF-Corse-Ferrari #83 – 1:55.301 (Runde 16-25)

Es überrascht nicht, dass die ersten sechs Plätze von Fahrzeugen belegt werden, die ihren Longrun von der ersten Minute an absolviert haben. Bereits nach 15 Runden ist der Einbruch deutlich und die Durchschnittszeiten fallen von unter 1:53 Minuten mindestens in den mittleren 1:54er-Bereich.

Die beiden Ferrari 499P, mit die schnellsten Fahrzeuge, wie sich später herausstellen sollte, landeten mit 55er-Zeiten abgeschlagen am Ende des Feldes. Dabei waren die Reifen des privaten AF-Corse-Ferrari #83 (Kubica/Schwarzman/Ye) erst 16 Runden alt. Dagegen können sich die 1:55.240 Minuten auf 28 bis 37 Runden alten Reifen beim Ferrari #50 (Fuoco/Molina/Nielsen) sehen lassen.

Wer also in der ungünstigsten Phase Reifen sparen will, zahlt bei Doppelstints einen Preis von bis zu drei Sekunden pro Runde. Andererseits ist die Versuchung groß. Renndirektor Edoardo Freitas wird einen enormen Machtfaktor in der Hand haben, denn das Safety-Car wird hier zu einem noch mächtigeren Instrument, als es ohnehin schon ist.

Longruns bei Nacht: Ferrari und Proton bärenstark

Das zweite Training eignet sich sehr gut für eine Analyse, da fast alle Hypercars die gleiche Taktik fuhren. Zu Beginn des Trainings wurden eine oder zwei Qualifying-Simulationen gefahren. Danach ging es an die Longruns.

Diese waren jedoch unterschiedlich lang. Die beiden Extreme bilden hier der Titelfavorit, der Porsche #6 (Estre/Lotterer/L. Vanthoor), der keinen einzigen Stint über zehn Runden fuhr, sondern immer wieder an die Box kam, und die beiden BMW M Hybrid V8, die Longruns über 20 Runden fuhren, die #15 (D. Vanthoor/Marciello/Wittmann) sogar 26.

Entsprechend ist auch hier das Reifenalter zu berücksichtigen. Der Jota-Porsche #12 (Stevens/Ilott/Nato) fuhr erst ganz am Ende der Session einen Stint von über zehn Runden, als die Reifen bereits 30 Runden auf dem Buckel hatten. Die Vermutung liegt nahe, dass das Training von fast allen Hypercars auf einem Reifensatz absolviert wurde, denn bei allen Fahrzeugen wurden die Zeiten hinten heraus immer langsamer.

Glücklicherweise begannen die meisten Hypercars ihre Longruns zwischen der achten und 14. Runde, sodass eine gewisse Vergleichbarkeit gegeben ist. Lediglich Peugeot scheint keine Qualifying-Simulation gefahren zu sein, allerdings haben wir hier den ersten Stint (fünf und sechs Runden) ausgeklammert, um keinen unfairen Reifenvorteil in die Analyse einfließen zu lassen.

Das Bild ist eindeutig: Der gelbe Ferrari #83 ist mit Abstand das schnellste Auto. Dahinter folgt der Werks-Ferrari #50 (Fuoco/Molina/Nielsen). Dieser hat mit einem 9-Runden-Stint streng genommen gegen unsere Regel verstoßen, er ist nicht mindestens 10 Runden gefahren. Aufgrund seiner Performance haben wir ihn trotzdem gewertet. Ihn wegen einer fehlenden Runde nicht zu berücksichtigen, wäre fatal.

Durchschnittszeiten schnellster Longrun bei Nacht:

1. AF-Corse-Ferrari #83 – 1:52.312 Minuten (Runde 8-21)

2. Ferrari #50 – 1:52.673 (Runde 16-24)

3. Proton-Porsche #99 – 1:52.745 (Runde 14-27)

4. Alpine #36 – 1:52.812 (Runde 8-18)

5. Alpine #35 – 1:53.053 (Runde 7-16)

6. Porsche #5 – 1:53.074 (Runde 17-26)

7. Jota-Porsche #38 – 1:53.449 (Runde 16-26)

8. Lamborghini #63 – 1:53.497 (Runde 10-25)

9. BMW #20 – 1:53.513 (Runde 13-34)

10. BMW #15 – 1:53.864 (Runde 16-42)

11. Toyota #8 – 1:54.045 (Runde 30-43)

12. Jota-Porsche #12 – 1:54.122 (Runde 30-40)

13. Peugeot #93 – 1:54.305 (Runde 12-27)

14. Cadillac #2 – 1:54.358 (Runde 18-38)

15. Peugeot #94 – 1:54.504 (Runde 7-17)

*Nur neun Runden gefahren, wegen Relevanz aber berücksichtigt.

Andere Hypercars nicht erfasst, da zu kurze Stints.

Einen sensationellen Stint fuhr Julien Andlauer im Proton-Porsche #99 (Jani/Andlauer/Tincknell). Dieser fuhr ebenfalls zwei Longruns. Allerdings war Andlauer so stark, dass er das Bild des Reifenverschleißes völlig verzerrt hätte.

Denn der zweite Longrun von Harry Tincknell war im Schnitt 2,6 Sekunden langsamer. Es könnte also sein, dass Andlauer nagelneue und Tincknell ältere Reifen auf dem #99 montiert hatte. Auf jeden Fall ist diese Zeit mit Vorsicht zu genießen.

Die beiden Alpine-Boliden dahinter sehen etwas besser aus, weil sie nur einen Qualifying-Versuch hatten und relativ früh auf den Longrun gingen. Dennoch sollte man vor allem das Auto um Mick Schumacher, den Alpine #36 (Milesi/Schumacher/Vaxiviere), im Auge behalten. Mit Mick Schumacher und Charles Milesi sitzen nach dem Rücktritt von Lapierre die beiden schnellsten Alpine-Piloten an diesem Wochenende auf einem Auto.

Dahinter folgen weitere Porsche, ein relativ starker Lamborghini und die Dauerläufer von BMW. Aufgrund des sehr langen Longruns und des damit verbundenen Reifenverschleißes im hinteren Teil des Fahrzeuges sehen die M Hybrid V8 in dieser Statistik schlechter aus, als sie sind. Aber auch nicht so gut wie zuletzt in Fuji.

Wenig Hoffnung gibt es für Peugeot, die mit einer fast idealen Einstufung (nur ein Kilogramm fehlt zum bestmöglichen Leistungsgewicht) immer noch hinterherfahren. Das andere Rätsel ist Cadillac. Und hier sieht es wirklich nicht gut aus, wie auch unsere Performance-Analyse der besten Longrun-Runden zeigt.

Performance-Analyse: Die schnellsten Longrun-Runden

Um den Einfluss des Reifenverschleißes auszuschließen, haben wir die zehn schnellsten Runden aller Stints im zweiten Training herangezogen, aber die Qualifying-Runs ausgeschlossen. Denn diese würden das Bild massiv verzerren, vor allem weil einige Hersteller zwei Anläufe genommen haben und damit bei einer reinen Analyse der schnellsten Runden deutlich besser dastehen würden als jene mit nur einem Versuch.

Deshalb wurden alle Stints ausgeschlossen, in denen Rundenzeiten unter 1:50 Minuten gefahren wurden. Dies betrifft bei allen Herstellern nur die Runden ganz zu Beginn des Trainings, was wieder dafür spricht, das sich dieses Training sehr gut zur Analyse eignet. Bei einigen Herstellern (unter anderem Peugeot und Lamborghini) wurde die Schwelle etwas höher als 1:50 Minuten gelegt. Wir sind zuversichtlich, alle Qualifying-Simulationen ausgeschlossen zu haben.

Da die Rundenzeiten nicht alle aus einem Stint stammen müssen, können nun auch die fehlenden Fahrzeuge berücksichtigt werden, die nur kurze Stints am Stück gefahren sind, dabei aber höchstwahrscheinlich mit dem gleichen Reifensatz unterwegs waren.

Auch bei den zehn schnellsten Longrun-Runden liegt der gelbe Ferrari mit dreieinhalb Zehntelsekunden im Schnitt weit vorne. Es scheint, als hätte der private Arm von AF Corse ein Geheimnis für heiße Bedingungen gefunden, denn schon bei der Hitzeschlacht in Austin hatten Robert Kubica, Robert Schwarzman und Yifei Ye gewonnen.

Dahinter lauert bereits der Porsche #5, gefolgt vom Proton-Porsche, immer noch dank Andlauers superstarken Stint. Hinter dem Ferrari #50 reiht sich der Toyota #7 ein, der in der Longrun-Analyse mangels 10-Runden-Stint noch durchs Raster fiel. Toyota war nach eigenen Angaben am Donnerstag sehr konservativ unterwegs. Allerdings liegt die #8 in der Analyse überraschend weit zurück.

Analyse: Die zehn schnellsten Einzelrunden aller Longruns, Quali-Sims ausgeschlossen:

1. AF-Corse-Ferrari #83 – 01:52.105

2. Porsche #5 – 01:52.454

3. Proton-Porsche #99 – 01:52.526

4. Ferrari #50 – 01:52.546

5. Toyota #7 – 01:52.681

6. Alpine #36 – 01:52.813

7. Porsche #6 – 01:52.890

8. BMW #20 – 01:52.917

9. Alpine #35 – 01:52.954

10. Ferrari #51 – 01:52.961

11. BMW #15 – 01:53.062

12. Lamborghini #63 – 01:53.199

13. Jota-Porsche #38 – 01:53.379

14. Jota-Porsche #12 – 01:53.442

15. Toyota #8 – 01:53.478

16. Cadillac #2 – 01:53.950

17. Peugeot #94 – 01:53.968

18. Peugeot #93 – 01:54.121

Der Alpine #36 fällt in dieser Analyse auf den sechsten Platz zurück, kann sich aber durchaus Hoffnungen auf einen weiteren Podiumsplatz machen. Wie bei Toyota liegt auch bei Ferrari ein Auto zurück, der #51 (Pier Guidi/Calado/Giovinazzi) fehlen Zeiten im 51er-Bereich, um zu den Schwesterautos aufzuschließen.

BMW wird es nach dieser Analyse schwer haben, an den Podiumserfolg von Fuji anzuknüpfen. Die beiden M Hybrid V8 sind noch etwas langsamer als der Alpine und auch als der zweite Werks-Porsche mit den Champions in spe (der ebenfalls nur kurze Stints fuhr). Dennoch ist das Feld vom Toyota #7 (1:52.681 Minuten) bis zum Lamborghini (1:53.199) sehr eng gestaffelt.

Ein großes Rätsel bleibt Cadillac. Der V-Series.R ist bei der Abschiedsvorstellung von Chip Ganassi Racing und Laura Wontrop Klauser überraschend behäbig. Sowohl auf eine Runde als auch im Longrun fehlt es deutlich an Pace. Nur Peugeot ist noch langsamer.

Am Samstag steht noch ein Freies Training bei Tageslicht auf dem Programm (10 Uhr MEZ). Ab 14 Uhr (16 Uhr Ortszeit) geht es dann ins Qualifying inklusive Hyperpole.

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