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Gebrauchte E-Autos als Risiko für Händler? TV-Beitrag führt in die Irre

gebrauchte e-autos als risiko für händler? tv-beitrag führt in die irre

Werkstätten und Gebrauchtwagenhändler können mit Batterie-Diagnosegeräten punktgenau den Gesundheitszustand von E-Auto-Akkus prüfen.

In der ARD-Sendung „Hart aber fair“ diskutierten die Gäste in dieser Woche über die aktuelle Autokrise in Deutschland. Zu den Teilnehmern zählte auch ein Gebrauchtwagenhändler aus Stuttgart, der es ablehnt, gebrauchte E-Autos anzubieten – die Gründe dafür sind aber bestenfalls zweifelhaft.

Im Autohaus des Stuttgarter Händlers, der laut Online-Karrierenetzwerken hauptberuflich eigentlich im IT-Projektmanagement arbeitet, habe sich bis zuletzt kein einziges E-Auto befunden, da er das wirtschaftliche Risiko, „was die Haltbarkeit von der Batterie angeht“, als zu hoch einschätzt.

„Brauchen nur fünf solcher Fälle zu haben und wir können den Laden schließen“

Der Händler verkauft laut eigener Aussage ausschließlich Gebrauchtfahrzeuge zu Preisen zwischen 10.000 und 20.000 Euro. Gerade elektrische Gebrauchtfahrzeuge in diesem Preisrahmen hätten nach Ansicht des Händlers aber oft einen Kilometerstand, bei dem die Herstellergarantie – vor allem bezüglich der Batterie – nicht mehr greife. Seine Firma gibt zwar zwei Jahre Gewährleistung auf seine Fahrzeuge, erklärt der Händler weiter. (Doch dazu ist er laut Gesetzgeber ohnehin verpflichtet. Anm. d. Red.) „Wenn man dann hört, dass eine Batterie bei solchen Fahrzeugen bis zu 15.000 Euro kosten kann, ist das schwer verkraftbar und wirklich auch ein Risiko, das wir eingehen müssten. Wenn wir nun einen Großteil unserer Fahrzeuge auf E-Fahrzeuge umstellen würden, brauchen wir nur fünf solcher Fälle zu haben und wir können den Laden schließen.“

Die Sorge des Händlers mag real sein – ist im Hinblick auf die Antriebsbatterie aber unbegründet, da die meisten Hersteller mehr als großzügige Garantien auf den Akku geben. Ein Blick in die einschlägigen Online-Gebrauchtwagenportale wie mobile.de zeigt: Dort werden aktuell gut 13.500 gebrauchte Elektrofahrzeuge gelistet, die maximal 20.000 Euro kosten, frühestens 2019 ihre Erstzulassung hatten und einen Kilometerstand von maximal 100.000 Kilometern aufweisen.

Die meisten Autobauer geben auf die Antriebsbatterie ihrer Elektrofahrzeuge acht Jahre oder 160.000 Kilometer Garantie, je nachdem, was zuerst eintrifft. Die Garantie bezieht sich hier wohlgemerkt nicht nur auf potenzielle Schäden am Akku, sondern auch auf Kapazitätsverluste, die eine bestimmte Marke überschreiten, was wiederum einem Schaden gleichkommt: Bei vielen Herstellern sind Akkus, die im genannten Zeitraum auf unter 70 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität fallen, ein Garantiefall – Schäden hin oder her. Freilich hat diese Regel Ausnahmen: Kias Garantie auf den Akku umfasst beispielsweise nur sieben Jahre oder 150.000 Kilometer – Mercedes-Benz gibt auf den EQS, der allerdings in eine andere Preisklasse fällt, sogar zehn Jahre oder 250.000 Kilometer Garantie.

Im Umkehrschluss bedeutet das: Die gebrauchten E-Fahrzeuge verfügen noch über mindestens zwei Jahre und 60.000 Kilometer Herstellergarantie auf den Akku – es gibt in diesen Fällen also gar kein Risiko für den Händler. Das Angebot an gebrauchten E-Autos für unter 20.000 Euro, die nicht älter als sechs Jahre sind, erstreckt sich dabei nicht nur auf E-Fahrzeuge früherer Generationen wie den BMW i3 mit seiner vergleichsweise geringen Reichweite, sondern umfasst etwa auch zahlreiche VW ID.3 sowie Fahrzeuge von Skoda, Kia, Renault, Hyundai, Peugeot und weiteren Herstellern.

Batteriediagnose: Autohändler können gebrauchte Akkus professionell analysieren lassen

Hinzu kommt, dass Fahrzeughändler bei gebrauchten E-Autos nicht gezwungen sind, die sprichwörtliche Katze im Sack zu kaufen: Zahlreiche Anbieter, darunter Aviloo, Mahle und einige Hersteller, bieten entsprechende Akku-Diagnosen sowie -Diagnosegeräte an, die genauen Aufschluss über die Restkapazität und den Gesundheitszustand einer Batterie geben.

Autohändler sind darüber hinaus nicht verpflichtet, Verschleißschäden im Rahmen der Händlergewährleistung abzudecken. Wenn ein Gebrauchtwagenkäufer mit seinem Stromer also in kurzer Zeit sehr viele Kilometer zurücklegt beziehungsweise sehr viele Ladevorgänge durchführt und infolgedessen die Reichweite sinkt, ist diese reduzierte Reichweite nicht von der Händlergewährleistung abgedeckt.

Und selbst wenn der Antriebsakku tatsächlich beschädigt ist oder einen Schaden nehmen sollte, dürften nur in Ausnahmefällen die von dem Fahrzeughändler aufgerufenen 15.000 Euro fällig werden: Das ist zwar in etwa der Preis, den einige Hersteller für einen kompletten Akku samt Installationskosten abrufen – nur in den seltensten Fällen geht jedoch der gesamte Akku kaputt. Bei Defekten ist meist nur ein Batteriemodul des Akkus defekt, das wiederum einzeln ausgetauscht werden kann. Die Kosten dafür bewegen sich im unteren bis mittleren vierstelligen Bereich – das ist zwar nicht günstig, aber in etwa vergleichbar mit typischen Schäden, die auch bei gebrauchten, aktuellen Verbrenner- oder Dieselfahrzeugen auftreten können. Bisherige Untersuchungen bescheinigen modernen E-Auto-Akkus aber ohnehin eine sehr gute Haltbarkeit. Einige Experten sind der Ansicht, dass die Batterien in vielen E-Fahrzeugen die Autos selbst überdauern dürften.

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