- In Rekordzeit: Vom Nachwuchstalent zum Rallye-Ass
- Röhrl/Berger holen den EM-Titel 1974
- EM-Titel 1974: Auftakt zur weiteren Rallye-Karriere
- Jetzt Newsletter abonnieren
- Einwilligung in die Verwendung von Daten zu Werbezwecken
Mit 120 von 120 möglichen Punkten holen Walter Röhrl und Jochen Berger vor einem halben Jahrhundert den Titel in der Rallye-Europameisterschaft. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem noch sage und schreibe drei Wertungsläufe ausstanden.
„Das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft“, wie man so schön sagt. Wobei man es wohl eher eine Arbeitsbeziehung nenne könnte, aber eine überaus fruchtbare und erfolgreiche. Schließlich begeisterten sie in den Siebziger- und Achtzigerjahren, die Opel-Rallyewagen von einst und deren Fahrer. Zwei Namen sind dabei untrennbar mit den damaligen Rallye-Erfolgen verbunden: der Opel Ascona und Walter Röhrl, der junge, aufstrebende Rallye-Pilot, der sich schließlich zum Besten seiner Zunft entwickeln sollte. Den ersten großen Titel holte der Ausnahmefahrer vor genau 50 Jahren: Gemeinsam mit seinem Copiloten Jochen Berger fuhr er am 13. Oktober 1974 die Rallye-Europameisterschaft ein – und das mit der maximal erreichbaren Punktzahl von 120 Zählern.
In Rekordzeit: Vom Nachwuchstalent zum Rallye-Ass
1947 in Regensburg geboren, steht für Walter Röhrl früh der Sport im Mittelpunkt: Fußball, Rudern, Skifahren – und schließlich Motorsport. Dabei entscheidet sich der junge Bayer nach eigener Aussage bewusst für „Rallye statt Rundstrecke“. Eine goldrichtige Entscheidung, wie die Zukunft beweisen wird. Sein Durchbruch, der ihn vom „Niemand“ (wie er selbst einmal sagte) zum Überraschungskandidaten im Rallye-Zirkus macht, erfolgt 1972. Röhrl spielt eine dominierende Rolle bei der Polen-Rallye, der Rallye Baltic und der Olympia-Rallye. Ab 1973 fährt der damals 26-Jährige dann für Opel. An seiner Seite sitzt Jochen Berger, der ihm fortan das sogenannte „Gebetbuch“, die Streckenanweisungen für den Fahrer, vorliest und damit maßgeblichen Anteil an den kommenden Erfolgen haben soll.
Röhrl/Berger holen den EM-Titel 1974
Und so begeben sich Walter Röhrl und Jochen Berger 1974 mit großen Ambitionen auf die Punktejagd. Ihr Auto ist wieder ein Werks-Ascona A. Dieser verfügt über ein auf zwei Liter aufgebohrtes Triebwerk mit obenliegender Nockenwelle und Querstrom-Zylinderkopf. Damit leistet der Gruppe-2-Wagen zwischen 141 kW/192 PS und 156 kW/212 PS. Spezialfedern und Spezialstoßdämpfer sowie innenbelüftete Scheibenbremsen vorn und belüftete Trommelbremsen hinten passen das Fahrwerk des auf dem Serienmodell basierenden Rallye-Boliden an die harten Wettkampfbedingungen an. In seiner Biografie „Aufschrieb“ erinnert sich Röhrl: „Der Motor war gut fahrbar. Leistung kam ab zirka 2.000 und stand bis 7.600 an. Aber ich habe es mir verkniffen, so hoch zu drehen. Bei 7.000 lag meine moralische Grenze. Meistens.“
Bis zum ersten großen Saisonerfolg müssen Röhrl/Berger sich jedoch etwas gedulden. Bei der 8. Internationalen Firestone-Rally – dem 5. Lauf zur Rallye-EM Ende März 1974 – ist es schließlich soweit. Als Top-Mannschaft des Opel-Eurohändler-Teams erringen die beiden nach 1.517 Kilometern und 19 Sonderprüfungen in den nordspanischen Bergen einen überlegenen Start/Ziel-Sieg. Von da an geht es Schlag auf Schlag: Nur vier Wochen später setzen sich Röhrl/Berger bei der Tulpen-Rallye in den Niederlanden vom Start weg an die Spitze. Nach 1.250 Kilometern und 38 gewerteten Sonderprüfungen fahren sie so in ihrem Ascona den nächsten souveränen Gesamtsieg ein. Für einen Schreckmoment sorgen die örtlichen Behörden: Sie verdächtigen Röhrl, dass er das zulässige Tempolimit deutlich überschritten habe. Dies stellt sich jedoch glücklicherweise als Irrtum heraus. Die Ordnungshüter haben nicht das deutsche Duo mit der Startnummer 1, sondern das polnische Team mit der Nummer 7 „geblitzt“.
EM-Titel 1974: Auftakt zur weiteren Rallye-Karriere
Doch Walter Röhrl hat nach diesem Erfolg noch größere Ambitionen. So schreibt er: „Mit dem EM-Titel hatte ich erreicht, was ich wollte. Aber ein Traum ließ mir keine Ruhe: Einmal im Leben die Rallye Monte Carlo gewinnen.“ 1975 erringt Röhrl den ersten Sieg in einem Rallye-Weltmeisterschaftslauf für sich und Opel. Doch 1977 trennen sich zunächst die Wege des Ausnahmefahrers und der Marke mit dem Blitz. Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch niemand, dass der größte gemeinsame sportliche Triumph noch bevorsteht: 1982 kehrt Röhrl zu Opel zurück. Während Jochen Berger nun Teammanager der Motorsport-Abteilung ist, trägt zum Gelingen der „Mission Monte Carlo“ auch sein neuer Beifahrer Christian Geistdörfer entscheidend bei – und der 191 kW/260 PS starke Ascona 400. Mit ihm gewinnt Röhrl zum zweiten Mal die legendäre Rallye Monte Carlo – zum ersten Mal auf einem Opel. Ein Auftakt nach Maß für die Rallye-Saison, die schließlich spektakulär in den Titelgewinn der Fahrer-Weltmeisterschaft 1982 mündet.