Wohnmobile

Wird Gas beim Campen von Alternativen abgelöst?

Truma-Chef Alexander Wottrich im Gespräch über Gas, alternative Energiequellen und wie wir in Zukunft Caravans klimatisieren könnten.

wird gas beim campen von alternativen abgelöst?

© Christian Haasz

Lockere Atmosphäre im Kreativ- und Arbeitsraum. Alexander Wottrich pflegt den kollegialen Umgang. Untereinander wird sich geduzt.

wird gas beim campen von alternativen abgelöst?

© Christian Haasz

Das Interview im Truma-Firmensitz in Putzbrunn führten CARAVANING-Chefredakteur Ingo Wagner und Redakteurskollege Philip Teleu.

wird gas beim campen von alternativen abgelöst?

© Christian Haasz

Robert Stefani (links) leitet die Unternehmenskommunikation bei Truma und war beim Interview ebenfalls anwesend.

wird gas beim campen von alternativen abgelöst?

Leitspruch auf einem Bild, das Alexander Wottrich bei einer Islandreise selbst aufgenommen hat. Das Camping-Gen wurde ihm in die Wiege gelegt.

Vor 75 Jahren hat Ihr Großvater mit einer Gaslaterne den Grundstein für Truma gelegt. Bis heute wird mehrheitlich mit Gas geheizt. Bleibt das die nächsten 10, 20 Jahre so?

Das ist eine sehr lange Vorausschau. Momentan halten wir zum Heizen Gas für die sinnvollste Variante in Kombination mit Strom, denn Gas hat eine unwahrscheinlich hohe Energiedichte, verbrennt sauber und mit hoher Energieeffizienz. Es ist außerdem ein Abfallprodukt der Ölförderung, daher sowieso vorhanden. Wir haben schon seit den 1990er Jahren hybride Heizungen, die Gas mit Strom kombinieren. Natürlich hängt es von der Verfügbarkeit von Strom ab, wie schnell man diese Kombination ausspielen kann. Wir sind keine Lobbyisten für Gas, aber halten es aktuell für technologisch sehr sinnvoll.

Gibt es aus Ihrer Sicht eine Alternative sowohl zu Strom als auch zu Gas?

Wir sind zurückhaltend, uns auf irgendetwas festzulegen. Es gibt Alternativen, beispielsweise Wasserstoff oder Brennstoffe, die nicht endlich und der Erde entzogen sind, sondern synthetisch hergestellt. Deren Vorteil ist, dass man vorhandene Geräte und Motoren weiter nutzen kann. Aber ich sehe nichts, was in absehbarer Zeit eine Alternative darstellen könnte. Aktuell sieht alles so aus, als würde es in Richtung Strom gehen. Bis jedoch die Verfügbarkeit von Strom in dem Umfang sichergestellt ist, wie wir ihn brauchen, unterstützen wir durch Gas oder Diesel.

Einige Hersteller propagieren die Elektrifizierung der Bordtechnik. Auch etliche Neukunden wünschen sich gaslose Geräte. Haben Sie Verständnis dafür, dass der Wunsch geweckt wird?

Natürlich. Camping ist ein Erlebnis in der Natur, und die wollen wir erhalten. Meine Mutter hat schon Anfang der 90er Jahre Solaranlagen und eine Regenwassersammelanlage für die Toilettenspülungen in unserem Unternehmen installiert und auf kunststofffreie Verpackung gesetzt. Das war also immer Teil meiner Erziehung. Und deswegen habe ich Verständnis, dass Menschen und Unternehmen ihren Beitrag leisten, unsere Welt so zu erhalten, wie sie ist.

Sind Wirkungsgrad und Bilanz von E-Heizungen schlechter?

Im Verbrauch liegen z.B. die Truma-S-Heizung und eine elektrische Widerstandsheizung, beide bei nahezu 100% Wirkungsgrad. Aber bei der Erzeugung und Speicherung von Strom gibt es jeweils große Verluste und Ineffizienzen.

Rührt der Wunsch nach Strom vielleicht von der unkomfortablen Gasversorgung?

Mit Sicherheit. Wenn die Strom-Infrastruktur da ist, dann ist es die schönste und einfachste Art zu heizen und zu kühlen. Aber im Moment gibt es noch Restriktionen.

Was meinen Sie mit Restriktionen?

Dass der Strom vorhanden sein muss – in einer Batterie oder aus der Leitung. Eine 11-kg-Gasflasche hat fast den doppelten Energiegehalt wie beispielsweise die Batterie eines namhaften E-Campers (140kW zu 77kW), während die Batterie mehr als das 20-Fache wiegt. Und die Batterie im Auto braucht man ja auch noch zum Fahren. Und: Nur ungefähr 50 Prozent der Campingplätze in Deutschland haben eine Absicherung von bis zu 16 Ampere. Der Großteil dessen, was in der Parzelle ankommt, liegt zwischen sechs und zehn Ampere. Das reicht nicht. Sechs Ampere entsprechen 1,4 kW: 2 bis 4 kW braucht z.B. das Heizen oder Warmwasser. Und dann habe ich noch den Kocher, der liegt zwischen 2 und 5 kW. Die Sechs-Ampere-Grenze ist für uns Maßgabe in der Produktentwicklung rein elektrischer Geräte, damit bspw. die Leute unsere Klimaanlage überall auf ihrer Reise benutzen können. Auch die aktuell verfügbare Ladeinfrastruktur reicht noch nicht – zu Stoßzeiten sind die Säulen heute an den wichtigen Urlaubsstrecken schon besetzt. Die Infrastruktur wird zwar ausgebaut, aber zu langsam und auch mit wenig Fokus auf z.B. Wohnwagen-Gespanne.

Prinzipiell passen E-Mobilität und Camping also zusammen, wären da nicht die Hürden?

Ja, der Anspruch passt gut zusammen, eine naturnahe Urlaubsform mit einer Fortbewegung zu kombinieren, die ressourcen- und umweltschonend ist. Es wurde weltweit schon viel in die Elektromobilität investiert, und es gibt z.B. den verbindlichen “European Green Deal”, was ich gut und richtig finde. Den Strom nachhaltig zu produzieren, ist das Beste, was wir machen können. Aber aktuell sind technisch noch nicht die Voraussetzungen vorhanden, um Fahren und Klimatisieren im Camping rein über Strom zu realisieren.

Was müssen Geräte der Zukunft können?

Sie müssen sehr clever sein. Es geht um Energiemanagement und Wohlfühlklima. Und jeder Mensch empfindet sein perfektes Wohlfühlklima anders. Die Herausforderung an die Geräte der Zukunft wird es sein, dies zu erfüllen. Daran arbeiten wir bereits.

Wird ein erstes Heizkonzept schon zum Caravan Salon fertig sein?

Noch nicht. Wir arbeiten jedoch mit Hochdruck an der nächsten Generation der Heizungstechnologie. Ich bin stolz darauf, dass wir jetzt schon absehen können, dass uns in diesem Bereich ein großer Wurf gelungen ist. Bei anderen Konzepten hängt es davon ab, was sich durchsetzt. Wir haben verschiedene Ansätze, die wir alle ziemlich schnell in Serienreife bringen können. Die Technik hängt stark vom Anwendungsfall und Grundriss ab. Und davon, wie das Fahrzeug konzipiert ist. Ist es eine elektrisierte Kabine? Wie viel Batteriespeicher hat diese? Ist es ein elektrifiziertes Fahrzeug, und soll es wintercamping-tauglich sein? Also das ist eine Kombinatorik aus verschiedenen Lösungsmöglichkeiten.

Sie sind selbst Camper. Wie wichtig ist es, die eigenen Produkte zu erleben und zu erfahren?

Das halte ich für unwahrscheinlich wichtig. Schon meine Mutter war leidenschaftliche Camperin und immer mit Kindern und Kajaks im VW-Bus unterwegs. So kamen natürlich auch neue Produktideen. Ihr damaliger Mann war Entwickler bei Truma und einer der Köpfe hinter der ersten Gebläseheizung. Meine Mutter hat in ihrer visionären Art einen Fuhrpark von Campingfahrzeugen aufgebaut. Die Entwickler waren damals verpflichtet, damit unterwegs zu sein. Den Fuhrpark haben wir immer noch, und die Mitarbeitenden begrüßen, dass sie Fahrzeuge ausleihen können. Heute testen sie die Produkte und protokollieren ihre Erfahrungen und Ideen. So sammeln wir zusätzliche Informationen darüber, was der Camper und die Camperin wirklich brauchen. Das ist absolut unser Anspruch.

Herr Wottrich, herzlichen Dank für das Gespräch!

TOP STORIES

Top List in the World