- Mercedes-Terminal nicht erreichbar, VW und BMW haben Glück im Unglück
- Kohleexporte vorerst empfindlich gestört
- Riesige Zucker-Raffinerie hat noch ausreichend auf Lager
- US-Präsident Joe Biden verspricht Bundeshilfe
Der Schock war groß und noch immer werden Menschen vermisst. Die wirtschaftlichen Folgen der eingestürzten Brücke am Hafen von Baltimore werden aber überschaubar bleiben, sagen Experten. VW und BMW zum Beispiel kommen glimpflich davon.
Volkswagen: VW und BMW komme bei Baltimore-Brückeneinsturz glimpflich davon
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Während US-Verkehrsminister Pete Buttigieg (42) in der Nacht zu Mittwoch von Lieferkettenproblemen sprach, die massive wirtschaftliche Konsequenzen für die gesamten USA haben könnten, sagten von Reuters befragte Ökonomen und Logistik-Experten, dass sie keine größere Lieferkettenkrise mit rasant steigenden Warenpreisen erwarteten. Der Hafen von Baltimore mit seinen unmittelbar 2000 Beschäftigten werde die Auswirkungen der Katastrophe empfindlich spüren, wenn der Schiffsverkehr für längere Zeit gestoppt werde. Es gebe aber ausreichend Kapazitätsreserven in konkurrierenden Häfen an der Ostküste.
Der Einsturz der Francis Scott Key Bridge in Maryland rufe die Anfälligkeit der USA gegenüber Lieferkettenschocks in Erinnerung. „Aber dieses Ereignis wird größere wirtschaftliche Auswirkungen auf die Wirtschaft von Baltimore haben als auf nationaler Ebene“, zitiert Reuters Ryan Sweet, Chefökonom für die USA bei Oxford Economics.
Mercedes-Terminal nicht erreichbar, VW und BMW haben Glück im Unglück
Für Autos und leichte Nutzfahrzeuge ist Baltimore jedoch von größerer Bedeutung, da europäische Automobilhersteller wie die Mercedes-Benz, Volkswagen oder BMW einige Werke in und um den Hafen herum betreiben.
Mercedes bestätigte am Mittwoch, dass sein Ladeterminal, das sich hinter der eingestürzten Brücke befindet, seeseitig derzeit abgeschnitten ist. Mercedes importiert Fahrzeuge allerdings auch über Häfen wie Brunswick und Charleston, schreibt der Konzern in einer Mitteilung an das manager magazin. Gemeinsam mit seinen Transportpartnern passe Mercedes seine Lieferwege an.
Volkswagen und BWM wiederum haben Glück im Unglück, da sie laut „Handelsblatt“ ihre Autoterminals vor der eingestürzten Brücke am Hafeneingang betreiben. Volkswagen importierte im vergangenen Jahr rund 100.000 Fahrzeuge über Baltimore in die USA.
Kohleexporte vorerst empfindlich gestört
Breakwave Advisors, ein Beratungsunternehmen für Rohstoffschifffahrt, betonte, dass Kohlelieferanten versuchen würden, ihre Ware beim größeren Kohleexportzentrum Norfolk (Virginia) umzuleiten. Doch könnte die kurzfristige Bereitstellung von Triebwagen der Bahn Probleme bereiten, weil die Kohle-Lagerbestände groß und die Preise für den Brennstoff derzeit niedrig seien. Vermutlich wolle kein Lieferant die zusätzlichen Kosten tragen, um die Kohle woanders zu vermarkten.
Riesige Zucker-Raffinerie hat noch ausreichend auf Lager
Umgekehrt dürfte die Havarie auch Auswirkungen auf den Import von Rohzucker haben. Die Domino-Sugar-Raffinerie bei Baltimore gilt als eine der größten in den USA und produziert täglich bis zu 6 Millionen Pfund raffinierten Zucker. Der Eigentümer der Raffinerie, die ASR Group, berichtet allerdings, dass das Werk Rohzucker für sechs bis acht Wochen auf Lager habe, nachdem kurz zuvor zwei große Schiffe ihre Fracht entladen hatten. Sollte der Hafen von Baltimore über einen längeren Zeitraum blockiert sein, könne das Unternehmen auf Vorräte an raffiniertem Zucker in seinen anderen US-Raffinerien und Lagerhäusern zugreifen, sagte eine Sprecherin dem “Wall Street Journal”. Rohzucker, der in kleineren Schiffen verschifft wird, könnte auch in anderen Häfen entladen und per Bahn zur Raffinerie transportiert werden.
US-Präsident Joe Biden verspricht Bundeshilfe
Doch erreichen und verlassen Waren und Güter die Region Baltimore nicht nur auf dem Seewege. Rund 35.000 Menschen nutzen die Brücke täglich, passieren etliche Lastwagen mit Ladung die Francis-Scott-Key-Bridge im Dauertakt. Sie transportieren jährlich Güter im Wert von 28 Milliarden Dollar über die Brücke, berichtet Bloomberg unter Berufung auf der Daten der American Trucking Association.
Die Francis Scott Key Bridge wurde 1977 nach fünfjährige Bauzeit fertiggestellt. Die Kosten für den Wiederaufbau dürften sich nach Expertenschätzungen heute auf „mehrere Milliarden Dollar“ belaufen. US-Präsident Joe Biden (81) hat bereits Bundeshilfen in Aussicht gestellt und versprochen, „Himmel und Erde in Bewegung zu setzen, um den Hafen wieder zu öffnen und die Brücke wieder aufzubauen”. Es könnte Wochen dauern, bis der Hafenbetrieb wieder aufgenommen werden kann, da zunächst die Brückentrümmer aus dem Fluss entfernt werden müssen.