Toyota

Toyota Collection: Reportage

Im Westen von Köln, direkt neben der Deutschlandzentrale, präsentiert Toyota die Highlights der Marke und vergisst dabei auch nicht den Motorsport.

Das Aushängeschild der Marke haben wir be­wusst zentral platziert: Der 2000GT wurde zwischen 1965 und 1970 exakt 351-mal pro­duziert. Toyota Deutschland hat zwei davon. 1967 fuhr ihn James Bond in “Man lebt nur zweimal”, von da an war er eine Ikone, die kaum jemand je im echten Stra­ßenverkehr gesehen hat. Die Preise sind heute astronomisch, vor allem, weil nur alle Jubeljahre mal einer den Besitzer wechselt. Jüngste Ver­kaufspreise lagen deutlich nörd­lich der siebenstelligen Grenze, und Firmenchef Akio Toyoda lässt sich jedes Jahr einen Report an­fertigen, wo sich die noch bekann­ten Exemplare gerade aufhalten.Uns kratzt das alles überhaupt nicht, denn erfreuen könnten wir uns ohnehin nur optisch am bild­hübschen Zweiliter-Coupé. Mit meinen knapp zwei Metern kann ich mich zwar mit Müh und Not in die rote Flunder hineinschälen, an Fahren wäre aber keinesfalls zu denken. Die Schienbeine kollidieren mit dem Armaturenbrett, eine aufrechte Sitzposition ist trotz der Double-Bubble-Dachform, wie sie später die GR Supra zitieren sollte, utopisch. Macht auch nichts, fah­ren steht heute ohnehin nicht auf dem Plan. Der rund 150 PS starke Reihensechszylinder bleibt stumm, wir schauen uns derweil weiter in der Collection um, denn neben Corolla und Starlet stehen hier auch ein paar weitere sportliche Coupés aus den 70er-, 80er- und 90er-Jahren, die unsere Aufmerk­samkeit erregen.toyota collection: reportage

Rot macht erfinderisch: Bei den japanischen Ikonen der 80er war die Farbe im Trend.

Bild: Toyota Motor CorporationDass wir hier in Köln überhaupt die Markenhistorie bewundern dürfen, verdanken wir zum Groß­teil einem Mann: Peter Pichert. Der 2016 verstorbene Toyota-Händler erster Stunde hatte Mitte der 90er im bayerischen Hartkirchen am Inn das erste pri­vate Toyota-Museum gegründet. Nach seinem Tod kaufte das Köl­ner Werk die Sammlung auf und pflegt seitdem das Markenerbe.

Treffen der Supra-Generationen

Ins Auge sticht natürlich die rote Fraktion: Vor einem Bild der mittlerweile genauso gern verbastelten wie gesuchten vierten Supra-Generation – bekannt aus der “Fast & Furious”-Filmreihe – steht ihr kantiger Vorgänger Mk3 neben einem MR2 und einer Breit­bau-Celica-GT aus dem Jahre 1973. Ebendiese Celica war es auch, die nach dem 2000GT die Sportcoupé-Tradition von Toyota fortsetzte: Im Herbst 1971, also nicht lang nach dem Ende des 2000 GT, startete die Celica bei uns in Deutschland, zunächst noch mit deutlich unter 100 PS. Erst 1972 kam der GT mit seinem 1,6-Liter- Motor und 107 PS dazu. Ein kleines Facelift 1975 vergrößerte den Rad­stand und machte stärkere Motoren möglich. Vor allem für den US-Markt war das quasi Pflicht. Auch führte Toyota hier erstmals die Liftback-Karosserie ein, die zu­nächst verdächtig an zeitgenössische Ford Mustang erinnerte. Hierzulande würde man heute eher “Fließheck” sagen. Mit dem Celica 2000GT stellte man leis­tungsseitig auf stramme 120 PS, auch wenn der historisch beding­te Name eher irreführend ist: Die Celica-Topversion hatte nur einen 1,8-Liter unter der Haube.Die nächste Generation mar­kierte 1978 den ersten Aufschlag des Namens “Supra” – zunächst mal nur als Topversion der Celica. Generation zwei hatte zunächst noch recht biedere Doppel-Rund­scheinwerfer verbaut, ab dem Facelift 1980 gab es dann sportli­chere eckige Doppelscheinwerfer. Markant in dieser Generation sind vor allem die gebogene C-Säule und die optional in gebürstetem Aluminium ausgeführte B-Säule.Mit der dritten Generation voll­zog Toyota die Abgrenzung der Supra nun noch deutlicher von der Celica: Unter der Haube kam ein 2,8-Liter mit 170 PS zum Einsatz, die eigenständige Front mit ihren Klappscheinwerfern hob die Supra von der Celica ab. Mit der vierten Generation wechselte man bei der Celica zum Vorderradantrieb mit Quermotoren, während die Supra hinterradgetrieben und mit mehr Leistung – in Japan mit bis zu 280 PS – nun deutlich sportlicher positioniert wurde.

Rallye-Historie in Serie

Für die Einsätze in der Rallye- Weltmeisterschaft musste jedoch weiterhin die Celica herhalten. Zwischen 1990 und 1994 gewann Toyota in vier von fünf Jahren die Fahrer-Weltmeisterschaft. Zwei­mal mit dem Spanier Carlos Sainz am Steuer. Und genau zu seinen Ehren baute Toyota auch eine Son­deredition der Allrad-Celica als “Carlos Sainz Edition”. Nur 5000 Stück wurden weltweit gefertigt, exakt 680 davon gingen nach Deutschland. Unter der Haube: ein Zweiliter-Turbo mit 208 PS. Die Supra entwickelte sich derweil zum echten Sportwagen, kostete in vierter Generation heftige 110 000 Mark und kon­kurrierte mit bis zu 330 Turbo-PS mit den Ikonen ihrer Zeit. Porsche, Ferrari, Corvette – die rundlich de­signte und mit auffälligem Spoiler­werk ausgestattete (manche sagen “verunstaltete”) Supra spielte oberhalb dessen, was ihr die Leute zu dieser Zeit zutrauten. Im Nach­gang betrachtet hätte man sich besser mal ein halbes Dutzend der Coupés mit dem 2JZ-Reihensechs­zylinder in die Garage gestellt, denn heute sind sie gesuchte Sammlerstücke. Besonders im mittlerweile seltenen unverbastelten Originalzustand und als GTE-Version mit Doppelturbo.toyota collection: reportage

Gespenstische Atmosphäre: Die Motorsport-Collection liegt im Raum unterhalb der zweier riesiger Windkanäle.

Bild: Toyota Motor CorporationAllerdings musste man den Spleen für die Supra schon vor dem ersten “Fast & Furious” ent­wickeln, denn als der Film 2001 in die Kinos kam, war die vierte Su­pra-Generation bei uns schon ein­gestellt, und Toyota selbst hatte einen Werkssupport für den Film abgesagt. Die Promotion gab es im Grunde also gratis und obwohl man es gar nicht gewollt hatte. Dass man im Anschluss viele Jahre mit einer Supra-Neuauflage gewartet hat, ist aufgrund des Hypes noch viel unverständlicher. Es brauchte schon eine Koopera­tion mit BMW, bis die GR Supra schließlich 2019 an alte Glanzzei­ten anzuknüpfen versuchte.

Sportliche Geschichtsstunde

Ein bisschen Motorsporthistorie haben wir ja bereits mit der Celica und Herrn Sainz angespro­chen, aber am Ein-/Ausgang der Halle steht schon mal ein Vorge­schmack auf das, was uns jetzt noch blüht, denn wenn wir schon in Köln sind und die Markenhis­torie aufsaugen, müssen wir natür­lich auch in der Motorsportabtei­lung vorbeischauen. Schon hier stehen Rallye-, Le-Mans- und For­mel-1-Legenden, dass uns kurz die Sprache wegbleibt, aber was ein paar Straßen weiter auf uns wartet, ist ein ganz anderes Kaliber.Direkt unter den monströsen Windkanälen hat Toyota sein Mo­torsportmuseum in die Industrie­anlage gepfercht. Und hier steht alles, was Rang und Namen hat, denn Toyota hat einen Firmen­chef, der Motorsport mit Leib und Seele lebt. Die komplette Historie der Rallye-Celica ist hier genauso ausgestellt wie die Entwicklungs-Mules für die aktuelle Generation an WRC-Boliden auf GR-Yaris-Basis. Das Kerngeschäft der Ausstellung betrifft jedoch die Themengebiete Le Mans und Formel 1. Und beide Rennklassen haben für Toyota eine recht un­rühmliche Historie, denn sowohl an der Sarthe als auch in der Königsklasse war das mit den Erfolgen so eine Sache …toyota collection: reportage

Insgesamt acht Jahre war Toyota mit enormem finanziellen Aufwand in der Formel 1 unterwegs.

Bild: Toyota Motor CorporationIn Le Mans hatten die japani­schen Hersteller schon viele Jahre versucht, einen Gesamtsieg zu er­gattern. Dass es gerade der kleinen Mazda-Mannschaft 1991 mit dem infernalisch schreienden Wankel-Rennwagen 787B gelungen war, nervte Toyota natürlich ungemein. Für den ersten ernst gemeinten Versuch ließ Toyota vom briti­schen Ingenieur und Rennwagen- Konstrukteur Tony Southgate den bildschönen TS010 entwickeln. Mit seinem 3,5-Liter-V10 sollte die starke Konkurrenz von Peugeot, Porsche und Mazda bezwungen werden, doch der Semi-Werksein­satz über das Team Tom’s endete auf Gesamtrang zwei mit sechs Runden Rückstand auf den sieg­reichen Peugeot 905 Evo 1B. 1993 reichte es gar nur zum vierten Platz, sodass Toyota 1994 seine Autos im neuen LMP1-Reglement mit V8-Turbomotoren an den Start schickte. Im Top-Auto sollte ursprünglich der Österreicher Roland Ratzenberger sitzen, er verunglückte jedoch Ende April beim Training zum Formel-1-Lauf in Imola tödlich. Für ihn sprang der Ire Eddie Irvine ein und been­dete das Rennen zusammen mit dem Italiener Mauro Martini und dem Amerikaner Jeff Krosnoff er­neut auf Rang zwei. Der so sehr er­sehnte Sieg wollte einfach nicht gelingen. Makaberes Detail: Neben Ratzenberger, dessen Name als Hommage auf dem Auto belassen wurde, starb auch Teamkollege Krosnoff nur zwei Jahre später bei einem IndyCar-Lauf in Toronto.

Mythos Langstrecke

Den nächsten Anlauf auf den Le-Mans-Sieg startete Toyota Ende der 90er – synchron mit Konkurrent BMW. Und die Bayern sollten in dieser Ära auch Toyotas härtester Gegner um den Sieg werden. Als Waffe wählten die Japaner den geschlossenen Proto­typ TS020, im Volksmund auch GT-One genannt. Chassis und An­triebsstrang wurden bei Toyota Motorsport in Köln entwickelt, die Aerodynamik vom italienischen Rennwagenhersteller Dallara aus­getüftelt. Der Biturbo-V8 hatte 3,6 Liter Hubraum, die Entwicklungs­zeit war mit nicht mal zwei Jahren sehr kurz. Dafür lief der TS020 her­vorragend und lag bis eine Stunde vor Rennende komfortabel in Führung, bis am Fahrzeug von Thierry Boutsen, Ralf Kelleners und Geoff Lees das Getriebe den Dienst quittierte.Für 1999 galt der weiterentwi­ckelte Wagen jedoch als haushoher Favorit, und mit gleich drei Werks­wagen wollten die Japaner nichts dem Zufall überlassen. Im Quali­fying war das Auto überlegen, doch wieder hatte Toyota kein Glück, denn die beiden schnell besetzten GT-One verunfallten allesamt in der Nacht. Übrig blieb das Auto mit Ukyo Katayama, Keiichi Tsu­chiya und Toshio Suzuki, das auf Ankommen getrimmt war, nun aber den führenden BMW jagen sollte. Gerade Katayama war teils drei Sekunden pro Runde schnel­ler als der V12 LMR, war bis auf 40 Sekunden herangefahren und hätte den BMW wohl noch abgefangen, wenn nicht ein Reifen­platzer bei etwa 300 km/h alle Hoffnungen zunichte gemacht hätte. Wieder nichts mit dem so ersehnten Le-Mans-Sieg. Es sollte bis 2012 dauern, dass die Toyota Motorsport GmbH hier in Köln den ersten Prototyp in der Top-Kategorie nach Frankreich schickte. Das größte Drama folgte aber erst 2016, als der in Führung liegende TS050 Hybrid drei Minu­ten vor Rennende wegen eines De­fekts am Antriebsstrang liegen blieb – direkt vor der Boxenmauer und den zum Jubel bereitstehenden Mechanikern. Das Rennen gewin­nen konnte Toyota erst in den Jah­ren 2018 bis 2022 fünfmal in Folge, als sich die werksseitige Konkurrenz komplett zurückgezogen hatte.toyota collection: reportage

Da hilft auch wischen nichts: Beiden Le-Mans-Siegerautos wird der Originaldreck mit Klarlack versiegelt.

Bild: Toyota Motor CorporationAuch das zwischenzeitliche Formel-1-Projekt warf zwischen 2002 und 2009 trotz des mit Ab­stand größten Budgets aller Teams nur unzureichende Erfolge ab. WM-Rang vier 2005 sowie 13 Po­dien und drei Pole-Positions wa­ren die Highlights. Ein Sieg wollte auch hier nie gelingen. Ende 2009 zog man wegen der Finanzkrise voreilig den Stecker, denn das 2010er Auto war quasi fertig ent­wickelt, und Pilot Timo Glock ver­riet später, die Aerodynamikwerte wären so gut gewesen, um vorn mitzufahren. Was hätte sein kön­nen, werden wir nie erfahren – der Einblick, den wir hier bekommen, ist jedoch überragend.

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