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Tesla Cybertruck: Wahnsinn oder vollkommen bekloppt?

Ein Tag mit dem Tesla Cybertruck ist ein besonderes Erlebnis. Wie sich der XXL-Stromer bei einer ersten Ausfahrt geschlagen hat.

In der Regel gehen die Meinungen zu Teslas Cybertruck von „Wahnsinn!“ bis „Vollkommen bekloppt!“ weit auseinander – oft schon, bevor Elon Musks Version eines Pick-up-Trucks überhaupt gefahren wurde. Vor allem in Deutschland liegt das daran, dass der Cybertruck hier noch nicht erhältlich ist und mit einem B-Klasse-Führerschein wegen seines hohen Gewichts auch nicht gefahren werden dürfte.

In den USA ist vieles bekanntermaßen anders: Nicht nur wurde mittlerweile eine Reihe von Cybertrucks ausgeliefert, auch dürfen Besitzer eines deutschen B-Klasse-Führerscheins hier Fahrzeuge bis knapp zwölf Tonnen Gewicht steuern. Also auch den Cybertruck, der stolze 3,1 Tonnen wiegt und ein zulässiges Gesamtgewicht von über 4,2 Tonnen hat. Ich habe mir also den Cybertruck einen Tag lang ausgeliehen und bin mit ihm durch Austin und das Texas Hill Country gefahren – genug Zeit für einen ersten Eindruck. Teslas eingebaute Fahrfunktionen überzeugen, am Ende lässt mich das Fahrzeug trotzdem etwas ratlos zurück.

Testwagen frei von Roststellen

Das Design und die Verarbeitung des Cybertrucks konnten wir uns bereits in Berlin anschauen, wo Tesla einige Tage lang ein Fahrzeug ausgestellt hat. Die dort gewonnenen Eindrücke bestätigen sich auch bei dem Fahrzeug in den USA, einer „Foundation Edition“ mit Dual-Motor-Allradantrieb, 441 kW oder 600 PS stark und laut Tesla für eine Reichweite von 550 Kilometern gut.

Das Fahrzeug war innen und außen weitestgehend gut verarbeitet. Interessanterweise stand aber auch bei dem von mir gefahrenen Cybertruck an der Verbindung zwischen Kotflügel und A-Säule auf der Fahrerseite das Blech etwas zu weit ab. Und am Heck war das überstehende Blech auf einer Seite etwas länger als auf der anderen. Roststellen, die manche Besitzer bereits nach kurzer Zeit entdeckt haben, gab es bei meinem Testfahrzeug nicht. Dafür schaute die Dichtung des Frunks in geschlossenem Zustand etwas heraus, was bei einem Auto mit einem Preis von über 76.000 US-Dollar plus Steuern nicht passieren sollte.

Abgeholt habe ich den Cybertruck in einem Parkhaus im Zentrum von Austin, Texas. Angesichts einer Länge von fast 5,7 Metern und einer Breite von über zwei Metern wirkte der Cybertruck auch in der recht großzügig dimensionierten Garage riesig. Die Fahrt aus dem Parkhaus war allerdings dank zweier für Tesla neuer Funktionen im Cybertruck überraschend unspektakulär: der Hinterradlenkung und der elektrisch übertragenen Lenkung (Steer by Wire).

Überraschend leicht zu lenken

Dadurch lässt sich der schwere und große Cybertruck auch in engen Kurven sehr gut manövrieren, was mir nicht nur im Parkhaus geholfen hat, sondern auch in kleineren Straßen in Austins Vororten. Zusammen mit der federleichten Steuerung fährt sich der Cybertruck wie ein deutlich kleineres und leichteres Auto. Dank Steer-by-Wire muss man zum vollständigen Einlenken das Lenkrad nur um circa 145 Grad drehen – 360-Grad-Gekurbel wie bei herkömmlichen Autos gibt es beim Cybertruck nicht.

tesla cybertruck: wahnsinn oder vollkommen bekloppt?

In Kooperation mit der Plattform Golem.

Das ist zunächst ungewohnt, da ich auch beim Abbiegen instinktiv umgreifen will – was allerdings gar nicht notwendig ist. Tesla passt den erforderlichen Lenkumfang je nach Geschwindigkeit an: Auf der Autobahn bei knapp über 100 km/h reagiert die Lenkung entsprechend wesentlich weniger sensibel, was das Fahren sehr angenehm macht.

Weiter geht es hier zum zweiten Teil.

Mit dem Cybertruck kommt man leicht ins Gespräch

Bereits kurz nach dem Start der Fahrt fällt mir auf: Der Cybertruck ist kein Fahrzeug für Introvertierte. Das Auto wird im Laufe des Tages oft fotografiert, ich werde nach meinen Eindrücken gefragt – und oft auch einfach, was zum Geier das für ein Fahrzeug ist. Klar: Aktuell gibt es noch nicht allzu viele Cybertrucks auf den Straßen, und wer einen fährt, muss sich auf Fragen gefasst machen. Auf diese Weise konnte ich einige interessante Gespräche führen.

Wie bereits dem Kollegen in Berlin ist auch mir das proportional etwas zu kleine Lenkrad aufgefallen. Das Lenkrad ist breiter als hoch, es handelt sich im Grunde um einen Yoke mit Ober- und Unterstrebe. Warum Tesla gerade im Cybertruck keinen Yoke verbaut hat, erschließt sich mir nicht: Dank der nur geringen Lenkbewegungen wäre ein Yoke, bei dem man nicht umgreifen muss, eigentlich ideal gewesen.

Die Bedienelemente am Lenkrad sind, wie bei Tesla üblich, gut angebracht. Etwas ungewohnt sind die beiden Buttons für die Blinker, einen Blinkerhebel gibt es nicht. Nach wenigen Minuten habe ich mich aber an die für mich neue Form des Blinkersetzens gewöhnt. Etwas kompliziert wird es nur, wenn das Lenkrad bereits eingedreht ist und ich den Blinker setzen möchte – dann ist Umdenken angesagt, wenngleich diese Situation eher selten ist.

Blinker-Buttons wollen manchmal nicht so recht

Die Blinker-Buttons geben ein haptisches Feedback, in unserem Test-Cybertruck mussten wir sie aber ab und an ein zweites Mal drücken, um die gewünschte Richtung zu aktivieren. Im Laufe unserer knapp achtstündigen Testfahrt war das dreimal der Fall. Sobald der Blinker gesetzt ist, erscheint auf dem Display des Cybertrucks ein Live-Feed des jeweiligen toten Winkels. Zusätzlich gibt es eine kleine Warnleuchte in der A-Säule, die allerdings bei hellem Tageslicht äußerst schwer zu erkennen ist.

tesla cybertruck: wahnsinn oder vollkommen bekloppt?

Eher Steuerknüppel als Lenk-Rad Das Lenkrad des Cybertruck ist auf den ersten Blick etwas klein geraten. Doch der Pick-up lässt sich damit erstaunlich leicht dirigieren. Etwas ungewohnt sind die beiden Buttons für die Blinker, einen Blinkerhebel gibt es nicht.

Gestartet sind wir im Zentrum Austins im Comfort-Modus, der die Beschleunigung reduziert und so für ein sanfteres Anfahren sorgt. Auch in diesem Modus sorgt ein kräftiger Tritt auf das Strompedal aber dafür, dass der Cybertruck schnell vom Fleck kommt. Unser Testfahrzeug hatte bereits das Nieten-Upgrade für das Strompedal. Die Lenkung ist im Comfort-Modus recht gutmütig, die Federung verhältnismäßig weich eingestellt.

Karosse senkt sich zum Einstieg ab

Der Cybertruck verwendet eine aktive Luftfederung, die das Fahrzeug in drei unterschiedliche Höhen sowie eine besonders niedrige Position zum Einsteigen bringen kann. Im Comfort-Modus liegt das Fahrzeug etwas höher, was zu einem in der Tat recht komfortablen Fahrgefühl führt. Die Schlaglöcher Austins sind mit dem Cybertruck so problemlos zu bewältigen. Die Aufhängung ist insgesamt wesentlich besser als beim Model Y, das seine Passagiere auch bei leichten Unebenheiten mitunter hart durchschüttelt.

Trotz der höheren Fahrposition fährt sich der Cybertruck im Comfort-Modus nicht zu schwammig. Kurven lassen sich immer noch mit ausreichend hoher Geschwindigkeit fahren, ohne dass der Wagen sich zu stark zur Seite neigt. Alleine beim Bremsen im Stop-and-Go-Verkehr merke ich dem Cybertruck sein Gewicht an: Er nickt beim Bremsen merklich nach vorne ein.

In vier Sekunden auf Tempo 100

Im Sportmodus wird die Höhe verringert, die Lenkung direkter und die Drosselung der Beschleunigung aufgehoben. Dadurch fährt sich der Cybertruck wesentlich flotter, er soll dann in 4,1 Sekunden von 0 auf 60 Meilen die Stunde (96 km/h) kommen. Mangels passender Teststrecke konnte ich das nicht testen, an vorderster Position an der Ampel sorgt ein entschiedener Tritt auf das Strompedal aber dafür, dass ich in der Stadt in gefühlt einem Wimpernschlag die erlaubte Maximalgeschwindigkeit von 45 Meilen pro Stunde (72 km/h) erreiche. Dabei wird man ordentlich in den Sitz gedrückt – die 600 PS liefern ganze Arbeit angesichts des hohen Gewichts des Trucks.

Im Sportmodus lassen sich Kurven durchaus sportlich fahren, die Neigung zur Seite wird gegenüber dem Comfort-Modus merklich reduziert. Mir kommt das regenerative Bremsen im Sportmodus etwas aggressiver vor als im Comfort-Modus. In den Einstellungen habe ich keine Möglichkeit gefunden, das regenerative Bremsen zu konfigurieren. Auch der Creep-Modus, in dem beispielsweise ein Model 3 oder Model Y nach Loslassen der Bremse wie ein Automatikwagen langsam nach vorne rollt, taucht in den Einstellungen nicht auf.

Wie sitzt es sich im Cybertruck? Das lesen Sie im dritten Teil.

A-Säule nimmt in den Kurven die Sicht

Entsprechend habe ich den Cybertruck komplett im One-Pedal-Driving gefahren, was, wie von anderen Tesla-Modellen gewohnt, sehr gut funktioniert. Vor allem in der Innenstadt angesichts der in den USA sehr häufigen Kreuzungen mit vier Stoppschildern ist es angenehm, nicht immer vom Strom- auf das Bremspedal wechseln zu müssen. Im Ernstfall führt ein Tritt auf das Bremspedal dazu, dass der Cybertruck schneller stoppt – von 70 Meilen (112 km/h) die Stunde auf 0 soll der Bremsweg bei über 46 Metern liegen.

Vor allem in Kurven empfinde ich die weit vorne liegende A-Säule als störend. Die Frontscheibe des Cybertrucks ist riesig und in einem recht flachen Winkel eingebaut, weshalb das Ende weit vor dem Lenkrad liegt. Das führt dazu, dass die A-Säule auf der Fahrerseite bei Linkskurven oft die Einsicht in die Kurve komplett verdeckt. Ich muss mich dann nach vorne beugen, um zu sehen, ob Gegenverkehr kommt.

Noch ohne Autopiloten

Der Cybertruck hat aktuell noch keinen Autopiloten, wie es das bei anderen Tesla-Modellen gibt – also keine automatischen Spurwechsel auf der Autobahn. Ich konnte den Tempomaten mit automatischer Geschwindigkeitsanpassung verwenden, was im Stau in Austin ein Segen ist. Der Tempomat hat gut funktioniert, ebenso die Auffahrwarnung. Eigenartig ist es allerdings schon, dass der Cybertruck nicht die Autopilotfunktionen der anderen Modelle hat, vor allem angesichts des Preisgefälles gegenüber anderen, wesentlich günstigeren Tesla-Modellen mit Autopilot.

tesla cybertruck: wahnsinn oder vollkommen bekloppt?

Die Ladefläche ist etwas kleiner als bei herkömmlichen Trucks dieser Größe und hat eine recht hohe Seitenwand. Bilder: Tobias Költzsch/Golem.de

Die Sitze lassen sich in der Position ein- und die Rückenlehne verstellen. Neben den Einstellbuttons an der Seite der Sitze befindet sich auch ein Knopf für die Lordosenstütze, die bei längeren Fahrten den Rücken entlastet. Die hinteren Sitze sind ebenfalls sehr bequem, lassen sich aber nicht einstellen. Passagiere im Fond haben viel Beinfreiheit und ein Display, über das sie verschiedene Funktionen steuern können – beispielsweise die Klimaanlage. Auch als Mitfahrer auf dem Rücksitz würde ich mich in einem Cybertruck wohlfühlen.

Kleinere Ladefläche als ein Ford F-150

Die Sitzflächen der Rücksitze lassen sich zudem über einen Zugmechanismus nach oben klappen, was im Fond des Cybertrucks reichlich Stauraum bringt – zusätzlich zum Frunk und der Ladefläche hinten. Sie macht den Cybertruck erst zum Truck, zumindest wenn es nach Tesla geht. Verglichen mit dem in Nordamerika beliebtesten Truck Ford F-150 ist der Cybertruck kürzer und hat eine kleinere Ladefläche.

Sie misst Tesla zufolge mit geöffneter Rückklappe 121 x 243 cm, wovon die Klappe gut 50 cm einnimmt. Dank Leisten an der Seite lässt sich die Ladung sichern, insgesamt macht die Ladefläche einen robusten Eindruck. Praktisch ist das sogenannte Tonneau-Cover, das die Ladefläche komplett abschließt. So können Nutzer dort auch wertvollere Gegenstände transportieren und vor Diebstahl schützen. Unpraktisch ist der Umstand, dass man von der Seite nicht an die Ladung herankommt wie bei einem herkömmlichen Pick-up-Truck, da die Seitenwände im Weg sind.

Ladeflächenabdeckung nimmt Sicht

Das Tonneau-Cover wird entweder über das Infotainmentsystem geöffnet und geschlossen oder über zwei Buttons an der Seite der Ladefläche auf der Fahrerseite des Cybertrucks. Die Abdeckung macht einen überaus stabilen Eindruck – sie soll eine erwachsene Person tragen, was wir aber vorsichtshalber nicht ausprobiert haben. Bei geschlossener Ladefläche ist die Rücksicht versperrt, das Bild der Rückfahrkamera wird aber automatisch eingeblendet.

Ein großer Verlust ist die fehlende Sicht durch den Rückspiegel nicht: Der im Cybertruck verbaute Spiegel ist winzig und macht qualitativ einen wesentlich schlechteren Eindruck als der restliche Innenraum. An den Rändern wellt sich das Spiegelbild, die Sicht nach hinten durch das kleine Heckfenster ist minimal. Denkbar ist durchaus, dass Tesla aus rechtlichen Gründen einen Rückspiegel einbauen musste – mit der auch dauerhaft aktivierbaren Rückkamera sehe ich definitiv mehr.

Im Frunk des Cybertrucks ist reichlich Platz für Gepäck und andere Ladung. Geöffnet und geschlossen wird er über das Display im Innenraum, alternativ kann ich den Deckel über einen Button im Frunk selbst schließen lassen. Ich habe es tunlichst vermieden, meine Finger unter die schließende Haube zu legen – im Internet kursieren zahlreiche Videos von sauber durchtrennten Karotten. Ein Update soll das Problem behoben haben, ausprobiert habe ich es lieber nicht.

Und wie fährt sich das Teil? Das lesen Sie hier?

Schlichter Innenraum mit leichtem Knarzen

Der Cybertruck hat bis auf den Spiegel einen schön gemachten, spartanischen Innenraum mit wenigen Schaltelementen, da deren Hauptteil über den großen Bildschirm und das Infotainmentsystem läuft. Dort stellen wir unter anderem auch die schön großen Seitenspiegel ein, ebenso alle weiteren Fahrzeugoptionen und die Klimaanlage. Sie lässt sich dank Shortcuts auf dem Homescreen schnell erreichen. Der Luftstrom wird grafisch dargestellt und lässt sich so justieren, was gut funktioniert.

Die Verarbeitung der Panels im Innenraum ist gut, allerdings knarzt das vordere Deckenpanel stark, wenn man dagegen drückt. Außerdem wirkt die Vinyloberfläche hinter dem Lenkrad etwas runzelig. Beim Fahren halten sich die Vibrationen in Grenzen, wenngleich es dabei natürlich immer auch auf die Straßen ankommt.

Auffällig ist allerdings, dass die Panels innen an der B-Säule mitunter von der starken Beschleunigung etwas überrascht zu sein scheinen und dann ebenfalls leicht knarzen. Während der Fahrt ist es im Cybertruck für ein Elektroauto insgesamt durchschnittlich laut, ich fühle mich auch bei schneller Fahrt wohl. Das Geräusch des Elektromotors ist allerdings deutlich zu hören: Vor allem beim regenerativen Bremsen fühle ich mich soundtechnisch an die Berliner S-Bahn erinnert.

Riesiges Sonnendach ohne Abdeckung

Das große Sonnendach lässt den Innenraum luftiger wirken. Eine Abdeckung gibt es nicht, die texanische Frühlingssonne hat uns aber während der Fahrt nicht geblendet. Allerdings wird es schon nach kurzer Standzeit sehr warm im Cybertruck – die Klimaanlage lief entsprechend durchgängig, was sich auf die Reichweite auswirkt.

Das große Display in der Mitte des Armaturenbrettes stellt die unterschiedlichen Funktionen des Infotainmentsystems flüssig und ohne Probleme dar. Die Navigation funktioniert wie von Tesla gewohnt gut, die Fahrzeugeinstellungen unterscheiden sich nicht von denen anderer Modelle. Im Cybertruck lassen sich auch Spiele über das Lenkrad spielen, etwa Beach Buggy Racer, was ein netter Zeitvertreib ist.

Für die Wahl der Gänge setzt Tesla ebenfalls komplett auf den Bildschirm. Nachdem die Bremse getreten ist, erscheint ein kleiner Slider in der linken oberen Ecke. Darüber wähle ich den Vorwärts- oder Rückwärtsgang, indem ich nach vorne oder hinten wische. Ein Tap auf die Mitte des Sliders aktiviert die Parkposition. Wirklich umgewöhnen müssten sich die meisten Nutzer hier nicht, auch wenn Tesla keine physischen Gangwahlbuttons mehr verwendet.

tesla cybertruck: wahnsinn oder vollkommen bekloppt?

Mit einer Größe von 7,1 Kubikfuß oder 0,2 Kubikmetern ist der „Frunk“ des Tesla Cybertruck einer der größten seiner Art. Da passt definitiv mehr als nur ein Ladekabel hinein.

Beim Rückwärtsfahren und Einparken stehen Cybertruck-Fahrern einige Kameras zur Verfügung, die Übersicht schaffen. Angesichts der Größe des Fahrzeugs ist das hilfreich. Dank der Maße der Parklücken in den USA und der Hinterradlenkung lässt sich der Cybertruck aber auch bequem parallel einparken. Wie das in einer engen Innenstadt in Europa wäre, ist allerdings fraglich.

Keine verlässlichen Ansagen zur Reichweite

Ich bin mit einer Ladung von 80 Prozent gestartet, was dem Bordsystem des Cybertrucks zufolge für 255 Meilen (410 Kilometer) reichen sollte. Wieder zurückgegeben habe ich das Fahrzeug mit einem Ladestand von 50 Prozent, gefahren bin ich um die 70 Meilen (114 Kilometer). Für eine verlässliche Reichweitenangabe hat die kurze Probefahrt nicht ausgereicht – Tesla gibt für das Allradmodell mit Dual-Motor eine Reichweite von 340 Meilen (550 Kilometern) an. Bei meiner Fahrweise wäre ich mit vollem Akku etwa 513 Kilometer weit gekommen. Dabei habe ich die Klimaanlage durchgängig laufen lassen und die schnelle (und leistungshungrige) Beschleunigung des Sportmodus oft genutzt. Beides verringert die Reichweite wesentlich stärker als normales Fahren im Comfort-Modus.

Zwischendurch geladen habe ich den Cybertruck nicht. In den USA dürfte die Reichweitenangst dank eines sehr gut ausgebauten Ladenetzwerks aber grundsätzlich niedriger sein als in Deutschland. Es gibt in der Regel immer eine Lademöglichkeit in der Nähe. Selbst auf dem Parkplatz eines kleinen State Parks habe ich Ladestationen entdeckt.

Der Cybertruck bietet auch einige Offroad-Funktionen. Mit der dank Luftfederung möglichen großen Bodenfreiheit und dem Allradantrieb sollte das Auto auch schwierigeres Gelände meistern können. Es gibt in den Fahrzeugeinstellungen verschiedene Offroad-Modi und sogar einen Wassermodus, in dem der Cybertruck bis zu einer Tiefe von 81,5 cm durch Wasser fahren kann. Ausprobieren konnte ich das während meiner Probefahrt nicht, da schlicht die Zeit gefehlt hat. In Ermangelung eines Trailers konnte ich auch den Abschleppmodus nicht testen.

Und wann kommt er nach Europa? Das lesen Sie hier.

Preise ab 53.000 Euro – und lange Lieferzeiten

Der Cybertruck ist aktuell noch nicht in Europa erhältlich, was an Sicherheitsfragen und rechtlichen Einschränkungen bezüglich des Gewichts und der passenden Führerscheinklasse liegt. Der Cybertruck in der aktuellen Form erfordert in Europa einen Führerschein der Klasse C1 oder einen der Klasse 3, der vor 1999 ausgestellt wurde.

In den USA kostet das günstigste Cybertruck-Modell mit Hinterradantrieb 57.390 US-Dollar, das sind umgerechnet knapp 53.000 Euro. Das von uns getestete Allradmodell mit Dual-Motor kostet momentan 76.390 US-Dollar, umgerechnet fast 70.500 Euro. Das Top-Modell Cyberbeast mit 845 PS und einer Beschleunigung von 0 auf 60 Meilen in 2,1 Sekunden kostet 96.390 US-Dollar, umgerechnet fast 89.000 Euro.

tesla cybertruck: wahnsinn oder vollkommen bekloppt?

Apokalyptischer Reiter Ob und wann der Tesla Cybertruck nach Europa kommt, steht noch nicht fest. Zur aktuellen Stimmung auf dem alten Kontinent würde der futuristisch gestylte Giga-Stromer mit der schusssicheren Verglasung durchaus passen. Foto: Tesla

Zu allen Preisen kommen noch Steuern hinzu. Wer sich in den USA jetzt einen Cybertruck bestellt, soll ihn erst 2025 geliefert bekommen.

Mein Fazit

Der Cybertruck ist ein wundersames und gleichzeitig faszinierendes Elektroauto. Wundersam wegen des Designs und der Fahrzeugkategorie: Trucks mit Elektroantrieb sind aktuell eher noch selten. Zudem erscheint mir die Kernzielgruppe der Tesla-Käufer eher weniger im Truck-Sektor verortet zu sein.

Faszinierend aufgrund dessen, wie sich der Cybertruck angesichts seiner Größe und seines Gewichts fährt. Während meiner Ausfahrt durch die Innenstadt von Austin, auf geraden Highways im Umland und verschlungenen Hinterlandstraßen, hat sich das Auto zu keinem Zeitpunkt wie ein Truck angefühlt, nicht einmal wie ein schwerer SUV à la Chevy Tahoe. Dank der reichlichen Pferdestärken, der Hinterradlenkung, dem Steer by Wire und der aktiven Federung fühlt sich der Cybertruck beim Fahren wie ein wesentlich kleineres Auto an.

Die Verarbeitung im Außenbereich ist besser als bei früheren Teslas, aber immer noch nicht auf dem Stand eines Fahrzeugs für 76.000 US-Dollar. Allein das herausragende Panel am Kotflügel der Fahrerseite würde mich im Alltag wahnsinnig machen.

Traum für Tech- und Tesla-Fans

Am Ende stelle ich mir die Frage, was Tesla mit dem Auto eigentlich erreichen will. Für wen ist der Cybertruck gemacht? Wer einen Truck für die Arbeit will, dürfte ein deutlich günstigeres Modell wie den F-150 nehmen, der zudem noch eine größere Ladefläche hat. Anders herum gesagt: Ich kann mir nicht vorstellen, bald erste Cybertrucks mit der Firmenaufschrift einer Klempnerei oder eines Autoabschleppdienstes auf amerikanischen Straßen zu sehen.

Der Cybertruck ist eigentlich ein Pseudo-Truck: Dass das Fahrzeug eine Ladefläche hat und zum Abschleppen taugt, dürfte die Kaufklientel kaum interessieren. Das Auto ist ein zu Blech gewordener Traum für Tech- und Tesla-Fans, der wahrscheinlich eher in Innenstädten als auf einem Kartoffelacker zu sehen ist.

Für Europa eher nicht geeignet

Abzuwarten bleibt außerdem, wie gut sich das Fahrzeug außerhalb Nordamerikas verkaufen wird. Innerhalb der EU stehen neben der Führerscheinfrage auch Sicherheitsaspekte im Raum – wer einmal vor einem Cybertruck stand, will definitiv nicht davon angefahren werden. Wenn ich im Bereich der A-Säule stehe, sehen mich Fahrer vielleicht auch gar nicht. In Ländern mit anderer Infrastruktur als den USA mit weniger breiten Straßen und weniger großen Parkplätzen ist ein Auto in der Größe des Cybertrucks außerdem unpraktisch.

Denkbar ist, dass einige der technischen Vorteile des Cybertrucks Eingang in andere Tesla-Autos finden – etwa die sehr gute Hinterradlenkung und die fantastische Steer-by-Wire-Lenkung. Vielleicht wird es auch einen Cyber-SUV geben, etwas kleiner als der Cybertruck und daher kompatibler mit anderen Märkten weltweit?

So kontrovers das Design und das Gesamtkonzept des Cybertrucks ist: Das Auto fährt sich einfach gut. Sollten sich die zu dieser Erkenntnis führenden technologischen Aspekte in anderen Tesla-Modellen niederschlagen, hätte der EV-Markt gewonnen. Wenn das das Vermächtnis von Elon Musks Traumauto sein wird, kann mir das nur recht sein. Einen Cybertruck kaufen würde ich in Deutschland und Europa aber nicht.

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