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SUV und Pick-ups: Je höher die Autofront, desto gefährlicher

Die aktuellen Karosserietrends im Autobau sind für Fußgänger eine Bedrohung, Experten aus den USA haben das Risiko durch mehr SUV und Pick-ups berechnet. Sie raten: Hersteller und Behörden müssen gegensteuern.

suv und pick-ups: je höher die autofront, desto gefährlicher

SUV und Pick-ups: Je höher die Autofront, desto gefährlicher

Fahrzeuge mit besonders hoher Motorhaube sind für Fußgängerinnen und Fußgänger am gefährlichsten. Auch die Form der Karosserie kann sich als tödlich erweisen: wenn die Motorhaube steil aufragt. Zu diesem Ergebnis kommt eine große Studie von Unfallforschern der US-Versicherungswirtschaft, die in der Septemberausgabe des Fachmagazins »Journal of Safety Research« erscheint.

Die Experten analysierten fast 18.000 Unfälle, bei denen Fußgänger getroffen wurden – ein in den USA stark zunehmendes Problem: Seit 2009 ist dort der langfristige Trend zu mehr Verkehrssicherheit gebrochen, die Zahl der getöteten Fußgängerinnen und Fußgänger stieg um 80 Prozent. Auf einen möglichen Zusammenhang mit der zunehmenden Verbreitung größerer Fahrzeuge wie SUV und Pick-ups wurde immer wieder hingewiesen. Dafür, dass das Fahrzeuggewicht eine Rolle spielt, lieferte bereits im vergangenen Jahr eine belgische Studie einen starken wissenschaftlichen Beleg. Nun kommt das Design als Risikofaktor hinzu.

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»Manche der heutigen Fahrzeuge sind ziemlich einschüchternd, wenn man auf dem Zebrastreifen daran vorbeigeht«, erklärte David Harkey, Präsident des Insurance Institute for Highway Safety (IIHS). Die Motorhauben einiger großer Pick-ups erreichten fast die Augenhöhe von Erwachsenen. »Diese Ergebnisse verraten uns, dass wir instinktiv recht haben: Aggressiver aussehende Fahrzeuge können tatsächlich mehr Schaden anrichten.«

Die Forschenden vom IIHS kalkulierten die Frontmaße der knapp 3000 aus Unfallberichten entnommenen Modelle und berechneten den Zusammenhang mit der Schwere der Unfallfolgen. Dabei berücksichtigten sie auch andere Risikofaktoren wie das örtliche Tempolimit, das Alter oder das Geschlecht der Unfallopfer. Fahrzeuge mit einem automatischen Notbremsassistenten, der auf Fußgänger Rücksicht nimmt, ließ das Fachteam außen vor.

Als Vergleichsbasis diente ein Standard-Pkw, dessen Motorhaube höchstens 30 Zoll (ca. 76 Zentimeter) über dem Boden aufragt und dessen Kühlerpartie in einem Winkel von weniger als 65 Grad nach oben geneigt ist. Das entspricht etwa einer herkömmlichen Mittelklasse-Limousine, wie sie noch in den Neunzigerjahren auch unter US-Neuwagen verbreitet war. Im Vergleich zu dieser Bauweise zeigten Autos mit wuchtigerer Form ein höheres Risiko für tödliche Unfälle mit Fußgängern:

  • hoch und geneigt – über 40 Zoll (ca. 1 Meter) aufragende Fahrzeuge mit ähnlich flacher Kühlerneigung, etwa sehr große SUV: 45,4 Prozent mehr tödliche Fußgängerunfälle

  • hoch und stumpf – ebenso hoch mit steiler aufragender Front, also große Pick-ups: 43,6 Prozent mehr

  • mittelhoch und stumpf – zwischen 30 und 40 Zoll, mehr als 65 Grad geneigt, also normale Pick-ups: 25,6 Prozent mehr, bei flacher Motorhaube 25,1 Prozent mehr

  • mittelhoch mit sanfter Neigung – also gewöhnliche SUV: kein erhöhtes Risiko.

In der Größenordnung zwischen 30 und 40 Zoll machte der Winkel also einen entscheidenden Unterschied, anders als bei den größeren Fahrzeugen. Als statistisch unerheblich werteten die Forschenden das Risiko flacherer Autos mit steiler Windschutzscheibe (plus 10,7 Prozent) oder langgezogener Motorhaube (plus 5,9 Prozent).

Hoch und stumpf gegen Kopf und Rumpf

Zudem überprüften sie anhand einer kleineren Zahl detaillierter Unfalluntersuchungen, wie genau die Karosserieform auf den getroffenen Körper wirkt. Ab 35 Zoll (ca. 89 Zentimeter) Motorhaubenhöhe gab es mehr Kopfverletzungen, unabhängig von der Form. Hohe Fahrzeuge mit vertikaler Front verursachten jedoch häufiger und schwerere Verletzungen von Rumpf und Hüften, weil Fußgänger beim Aufprall eher nach vorn geschleudert wurden. Die hohen Autos mit flacherem Winkel hingegen ließen die Getroffenen üblicherweise über die Motorhaube rollen.

Besonders für Kinder erweist sich das Wachstum der Autos als fataler Trend: Je höher das Fahrzeug im Vergleich zur Körpergröße der Unfallopfer, umso schwerer waren laut Studie die Verletzungen.

»Hersteller können für Fußgänger weniger gefährliche Fahrzeuge bauen«, erklärte IIHS-Verkehrsingenieurin Wen Hu, die Hauptautorin der Studie. Die einfache Regel: niedrig und flach. »Diese massiven, blockartigen Fronten haben keinen funktionalen Nutzen.«

Die Zulassungsbehörden sollten die höher wachsenden und stumpferen Frontpartien in der Autoflotte bei ihrer Regulierung berücksichtigen, so die Autoren der Studie.

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