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Renault Arkana Hybrid 145: Kleine Brückenlösung

Renault hat sich viel Mühe gegeben mit der Optimierung des Hybridantriebs. Doch lohnt sich der Aufwand? Ein Praxistest sorgt für Ernüchterung.

Einst wurden sie als Brücke ins Zeitalter der Elektromobilität gepriesen: Autos mit Hybridantrieb. Mit ihnen ließ sich ein wenig stromern, ließ sich mit geringen Benzinverbräuchen die private Klimabilanz ein wenig aufbessern. Reichweitenangst brauchte niemand zu haben: Der Akku an Bord ludt sich unterwegs selbst wieder auf, auf Ladestationen war man mit einem Hybridauto nicht angewiesen.

Wer mutiger war – und pfiffiger, weil es dafür eine staatliche Kaufprämie sowie Steuererleichterung gab – wechselte später auf einen Plug-in Hybrid. Dessen Akku konnte extern aufgeladen werden. Er musste es aber nicht, denn auch hier konnte der Verbrenner als Generator genutzt werden. Und weil die Akkus am Anfang auch nur eine geringe Speicherkapazität besaßen, ließen viele Gewerbekunden das Ladekabel meist ungenutzt im Kofferraum liegen. Denn wozu teuren Strom laden, wenn man ihn unterwegs selbst erzeugen kann – und die Benzinrechnung vom Arbeitgeber beglichen wird?

renault arkana hybrid 145: kleine brückenlösung

Großes „Ü-Ei“ Der Renault Arkana E-Tech Hybrid will Sportlichkeit mit Effizienz verbinden. Das gelingt ihm allerdings nur teilweise.

Die Ära der Plug-in Hybride währte nur kurz: Nach dem Streichen der Umweltprämie brachen hierzulande die Verkäufe von Fahrzeugen mit diesem Antriebskonzept ein. Inzwischen heißt es dafür wieder: Elektrisch fahren ohne Kabel. Zumindest für ein paar Minuten oder einige wenige Kilometer. „Full Hybrid-Fahrzeuge“, wirbt beispielsweise Renault, „müssen nicht aufgeladen werden: Die Batterie wird beim Fahren automatisch aufgeladen. So optimiert sie Ihren Kraftstoffverbrauch und macht Ihnen den Alltag leichter.“

Autos mit Hybridantrieb im Aufwind

Die Botschaft verspricht eine Art Schnupperkurs in Elektromobilität und scheint auch bei vielen Menschen hierzulande anzukommen: Während die Neuzulassungen von reinen Batterieautos in Deutschland aufgrund der sinkenden Förderung und anhaltend hohen Strompreise an öffentlichen Ladesäulen seit Monaten sinken, steigt der Absatz der Teilzeitstromer ohne externen Ladeanschluss wieder. Um sieben Prozent allein im September.

Einer der Profiteure ist neben Toyota auch Renault: Der Pionier der Elektromobilität aus Frankreich hat in den zurückliegenden drei Jahren sein Angebot an Modellen mit Hybridantrieb Schritt für Schritt ausgebaut. Mit Clio und Captur, Austral, Arkana und Espace sind derzeit fünf Modelle als E-Tech genannte Vollhybride lieferbar. Und wie die Konzernspitze dieser Tage bekanntgab, soll das Angebot an Teilzeitstromern ohne Stecker im Rahmen des „International Game Plan 2027“ international noch ausgebaut werden.

renault arkana hybrid 145: kleine brückenlösung

Neue Kosmetik Unser Testwagen trägt noch das alte Renault-Logo. Inzwischen gab es im Zuge der Modellpflege einen neuen Kühlergrill, in den den auch das „Nouvelle Vague“ genannte Markenlogo integriert ist. Ein Luftleitblech soll ist von der Formel 1 inspiriert.

Aber was leistet Renaults E-Tech genanntes Vollhybrid-System im Alltagsbetrieb tatsächlich – außer Bequemlichkeit und einem besseren Umweltgewissen? Wir haben es in 14 Tagen mit dem Arkana E-Tech Full Hybrid 145 herauszufinden versucht, einem sportlich daherkommenden Crossover aus SUV und Coupé. Mit einem 69 kW oder 94 PS starken Benziner als Hauptantrieb und zwei 15 bzw. 36 kW starken Elektromotoren als Hilfsantrieb.

Mit einem 50 Liter fassenden Benzintank sowie einer winzig kleinen, nur 1,2 Kilowattstunden fassenden Lithium-Ionen-Batterie sollen damit Fahrstrecken von bis zu 1000 Kilometer ohne Tank- und Ladepause zurückgelegt werden können, wirbt der Hersteller. Das klang für uns nach einer Herausforderung. Auch wenn wir anfangs mit dem Verbrenner ein wenig gefremdelt haben: Über die Phase der automobilen Evolution, dachten wir, sind wir eigentlich schon hinweg.

Elektrisch fährt er nur kurze Strecken

Renault hat sich mit seinem E-Tech-Hybridantrieb viel Mühe gegeben und in fast zehnjähriger Entwicklungszeit Schritt für Schritt optimiert. Die Besonderheit: Der Antrieb ermöglicht sowohl den seriellen als auch den parallelen Hybridbetrieb. Soll heißen: Je nach Anforderung, Fahrsituation und dem Ladestand der Batterie werden die Vorderräder mal direkt vom Verbrenner angetrieben, mal wirkt der Benziner nur als Stromlieferant für die beiden Elektromotoren. die sowie bei den Plug-in-Modellen den rein elektrischen Fahrmodus. Bei ersterem lädt der Verbrennungsmotor während der Fahrt den Akku, während Elektromotoren den eigentlichen Antrieb übernehmen.

renault arkana hybrid 145: kleine brückenlösung

Große Klappe Der Arkana verfügt über eine große Heckklappe, die das Beladen des Kofferraums deutlich erleichtert. Einen Elektroantrieb für die Klappe allerdings gibt es nicht einmal gegen Aufpreis.

Das funktioniert auch ganz ausgezeichnet, wie wir auf den ersten Kilometern mit dem Renault Arkanda schnell merken – und sehen: Ein kleine Grafik in der Cockpit-Anzeige informatiert den Fahrer auf Wunsch anschaulich über die komplexen Energieflüsse. Aber natürlich sind von der Mini-Batterie im Heck (die Akkus mancher E-Bikes haben inzwischen ähnliche Kapazitäten) keine Wunderdinge zu erwarten: Der Energievorrat reicht für das elektrische Anfahren und für ein paar hundert Meter auch fürs elektrische Rolle durch die Wohnsiedlung. Und so sensibel der rechte Fuß auch das Fahrpedal traktiert – schon bald schaltet sich der Benziner zu. Da hilft auch nicht der Druck auf die EV-Teste, um den Elektroantrieb möglichst lange stromern zu lassen.

Hohes Tempo mag er nicht

Was positiv überrascht: Verbrenner und Elektromotoren arbeiten sehr harmonisch zusammen. Die Übergänge vom elektrischen zum teilelektrischen Antrieb erfolgen sehr geschmeidig, ruckfrei und auch ohne akustische Auffälligkeiten. Zudem hält das sogenannte Multimode-Getriebe den 1,6 Liter-Vierzylinder auf niedrigen Drehzahlen. Obendrein ist der Motorraum gut gekapselt – im Fahrgastraum ist von der Arbeit im Maschinenraum kaum etwas zu hören. Zumindest nicht im Stadtverkehr oder bei zurückhaltender Fahrweise auf der Landstraße. Beim vollen Durchtreten des Fahrpedals und Fahrgeschwindigkeiten jenseits von 120 km/h gibt es leider ordentlich was auf die Ohren.

renault arkana hybrid 145: kleine brückenlösung

Praktisch wie sportlich SUV-Coupés erfreuen sich derzeit hoher Popularität – warum auch immer. Mit dem Arkana springt Renault auf den Zug auf.

Insofern erfüllt der Renault Arkana nicht, was seine Karosserieform verspricht: sportliche Fahrerlebnisse. Mehr als 174 km/h sind ohnehin nicht drin. Und um die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen, braucht es einen langen Anlaufweg. Auch beim Ampelstart zeigt ihm fast jeder Vollstromer die Rückleuchten. Wer das Modell unbedingt sportlicher bewegen möchte, kann die Version „R.S. Line“ wählen – und kriegt dann einen 160 PS starken Mildhybrid mit etwas mehr Wummst. Oder er entscheidet sich für die neue Linie „Esprit Alpine“, bleibt beim Vollhybrid-Antrieb – und freut sich allerlei blaue Streifen sowie über Luftleitbleche, die angeblich den Frontflügeln von Formel-1-Rennwagen nachempfunden sind. Der Rest muss sich dann im Kopf abspielen.

Benzinverbrauch um die fünf Liter

Wir hingegen haben die entspanntere Form der Fortbewegung in der Arkana-Version Techno gepflegt, uns am großzügigen Platzangebot und auch der komfortablen Abstimmung des Fahrwerks erfreut. Und natürlich versucht, die angeblich hohe Effizienz des Antriebs zu nutzen, um das knapp 4,60 Meter lange und 1,4 Tonnen schwere „Schiff“ möglichst sparsam durch den Verkehr zu lenken. Renault verspricht einen Kraftstoffverbrauch nach der aktuellen WLTP-Norm von nur 4,2 Litern auf 100 Kilometern. Ähnliche Werte hätte man früher nur mit einem Diesel-Direkteinspritzer erzielt.

renault arkana hybrid 145: kleine brückenlösung

Wo endet das Heck? Die Sicht nach hinten ist aufgrund der abfallenden Dachlinie schlecht, die Kopffreiheit aber ganz ordentlich.

Um es kurz zu machen: Wir sind die Ideal zu keinem Zeitpunkt nahe gekommen. Am Ende des Tests stand vielmehr ein Durchschnittsverbrauch von 5,6 Litern/100 Kilometern. Damit lassen sich immerhin Fahrten über fast 900 Kilometer ohne Tankpause darstellen. Für manche Zielgruppen ist das immer noch eine wichtige Größe.

3000 Euro Aufpreis für den Hybridantrieb

Ebenso wie der Preis: Inklusive der Metallic-Sonderlackierung in Sansibar-Blau und einem schwarzen Dach, allerlei Assistenzsystemen, aber ohne Abstandradar, Sitzungheizung oder Einparkhilfe würde uns der Arkana E-Tech Full Hybrid 145 in Summe 37.540 Euro kosten. Das sind rund 3000 Euro mehr als für das mildhybride Schwestermodell mit einer nur geringfügig geringeren Antriebsleistung (103 kW oder 140 PS) und einem nur um einen Liter höheren Benzinverbrauch.

Ob sich der höhere Anschaffungspreis des Vollhybrid über die Zeit rechnen wird, darf nach dem Praxistest bezweifelt werden. Unsere erste Wahl wären der Arkana ohnehin nicht: Lieber warten wir auf den neuen Renault Scenic E-Tech. Der wird zwar noch einmal um einige Tausender teurer sein. Aber er ist nicht nur eine Brückenlösung, sondern antriebstechnisch bereits in der Zukunft angekommen.

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