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McLaren schnellstes Auto? - Formel 1 - MOTORSPORT

Der beeindruckende letzte Stint von Lando Norris in "free Air" beweist: McLaren hatte in Barcelona das schnellste Auto - und "die beste Strategie"

McLaren schnellstes Auto? - Formel 1 - MOTORSPORT

Christian Horner war sich nach dem Rennen sicher: “Wenn Lando geführt hätte, wäre es sehr schwierig geworden, ihn zu schlagen. Max und er waren am Ende 18 Sekunden vor allen anderen, aber zwischen den beiden war es richtig knapp. Es ist jetzt schon so, dass Lando sich langsam als der konstanteste Herausforderer etabliert.”

Lando Norris hat von den letzten sechs Grand Prix einen (Miami) gewonnen. Viermal (Schanghai, Imola, Montreal und Barcelona) war er am Ende hinter Max Verstappen Zweiter. Beim Grand Prix von Spanien fehlten nach 66 Runden 2,2 Sekunden, und genau wie nach Montreal ärgert er sich auch diesmal: “Das war nicht gut genug. Ich hätte gewinnen müssen, denn ich hatte das beste Auto.”

“In erster Linie”, analysiert Sky-Experte Ralf Schumacher, “hat Norris das Rennen gekostet, dass er den Start verloren hat.” Danach sei es seiner Meinung nach McLarens Strategie gewesen, beim ersten Boxenstopp sechs und beim zweiten drei Runden nach Verstappen Reifen zu wechseln, die den Ausschlag gegeben habe.

Was den Start betrifft, stimmt Norris der Schumacher-Analyse zu: “Ich hab’s am Start vergeigt. Von der Linie weg habe ich es einfach nicht gut genug gemacht. Das hat mich alles gekostet.” Und das, obwohl er sich gegen Verstappen hart zur Wehr setzte. Der Red Bull musste sogar übers Gras fahren, um neben dem McLaren durchziehen zu können.

“Ich kam von der Linie eigentlich gut weg”, sagt Norris, “aber die zweite Phase war nicht so gut. Und wenn dann nicht George in der ersten Kurve da ist, hätte ich die Führung vielleicht verteidigen können. Aber George hatte so starken Windschatten, dass ich gegen ihn keine Chance hatte. Auch nicht, wenn ich um zwei Meter besser weggekommen wäre.”

“So ist das halt in Barcelona, mit dem Windschatten. Ich musste zurückstecken. Wenn ich zwei Meter später gebremst hätte, hätte ich sicher jemanden mitgerissen. Ich glaube, es war die korrekte Entscheidung, an der Stelle aufzugeben und George vorbeizulassen.”

Hinter Russell entscheidende Sekunden verloren

Aber eine schmerzhafte, denn so kam Norris nicht als Führender, sondern als Dritter aus der ersten Runde zurück. Und es war das erste von mehreren kleinen Details, die am Ende womöglich den Sieg gekostet haben.

Als Verstappen in Runde 3 an Russell vorbeiging, hatte Norris 1,5 Sekunden Rückstand auf den Red Bull. Als Russell in Runde 15 zum Boxenstopp kam, waren daraus schon 5,6 Sekunden geworden. “Ich kam im ersten Stint nicht an George vorbei”, ärgert sich der McLaren-Fahrer. “Der Start und dann hinter George zu sein, das hat mich das Rennen gekostet.”

Teamchef Andrea Stella stimmt zu: “Die Zeit, die wir hinter Russell verloren haben, war zu viel. Die Positionen, die wir in Kurve 1 verloren haben, und die Zeit hinter Russell, das waren die zwei entscheidenden Faktoren.” Gleichzeitig gibt er Norris keine Schuld dran: “Sich in der ersten Kurve auf nichts einzulassen, war eine weise Entscheidung.”

“Der Hauptfaktor war, dass wir die Poleposition nicht halten konnten. Das ist in Barcelona aber keine Überraschung, denn der Weg zur ersten Kurve ist so lang. Da werden die Autos so schnell und entwickeln so viel Anpressdruck, dass du einfach schneller wirst als dein Vordermann, sobald du ein bisschen Windschatten abbekommst”, erklärt Stella.

Mittelstint: Sainz, Hamilton, Russell kosten Zeit

Kaum war Russell aus dem Weg, zog Norris das Tempo an. Er blieb dann sechs Runden länger draußen als Verstappen. Was die Frage aufwirft: Warum hat er Russell nicht früher überholt? “Es war zu viel ‘dirty Air'”, winkt Norris ab. “In den ersten drei Runden, wenn die Reifen frisch sind, geht das noch. Das war Max’ Chance. Aber danach hatte ich keine Chance mehr.”

Nach dem ersten Boxenstopp hatte Norris 5,6 Sekunden Rückstand auf Verstappen. Und drei Autos dazwischen: Carlos Sainz im Ferrari, Lewis Hamilton im Mercedes – und, wieder, Russell. Als Norris in Runde 35 endlich vorbei war, hatte er bereits 9,3 Sekunden Rückstand, dafür aber die um sechs Runden frischeren Reifen. Und der Rückstand auf Verstappen begann jetzt sukzessive abzuschmelzen.

Im letzten Stint, nach dem zweiten Boxenstopp, war Norris um durchschnittlich 0,25 Sekunden pro Runde schneller als Verstappen. “Ab der zweiten Kurve war das zehn von zehn möglichen Punkten. Da hätte ich nicht mehr rausholen können”, findet Norris. “Aber das eine Prozent am Start, das war nicht gut genug.”

Norris: “Es war die perfekte Strategie”

Die Kritik von Ralf Schumacher an der Offsetstrategie mit den späteren Boxenstopps lässt er nicht gelten: “Es war die perfekte Strategie”, winkt Norris ab, und Stella erklärt: “Wir waren sehr überrascht, dass die anderen schon in Runde 16/17 reinkamen. Auf dieser Strecke machst du dir mit einem so kurzen ersten Stint nur selbst das Leben schwer.”

“Selbst wenn wir in Führung gelegen wären, hätten wir die Strategie exakt gleich angelegt. Weil wir in Barcelona sind. Zu früh reinzukommen, kann hier eine Menge Zeit kosten. Hier ist der Verschleiß so hoch, und du kannst leicht überholen. Vielleicht haben wir hinter Russell zu viel verloren, sonst wäre das Rennen am Ende der 66 Runden zu uns gekommen. Das war der Plan. Und der hat auch funktioniert.”

Am Ende fehlten 2,2 Sekunden. Norris fuhr im letzten Stint präzise wie ein Uhrwerk. Die schnellste seiner letzten 15 Rundenzeiten war 1:17.522, die langsamste 1:18.063 Minuten. Das war in der allerletzten Runde. Verstappen schaffte in der gleichen Spanne keine einzige Rundenzeit unter 1:18 Minuten.

Umso tiefer sitzt die Enttäuschung danach: “In Montreal”, findet Norris, “waren wir definitiv nicht das schnellste Auto. Das war dort eindeutig der Mercedes. Aber heute waren wir am schnellsten. Wir hatten das beste Auto. Ich hatte das beste Auto, aber ich hab’s nicht genutzt. Der Start ist nur meine Schuld. Wäre der besser gewesen, hätten wir locker gewonnen.”

Es gab aber auch nach dem Start ein paar Situationen, in denen die Kombination Norris-McLaren Zeit verloren hat. Etwa bei den beiden Boxenstopps. Während Red Bull Verstappen beim schnellsten Service in 1,92 Sekunden abfertigte, benötigte McLaren bei Norris mindestens 2,28 Sekunden. Das sind keine dramatischen Unterschiede, aber Nuancen, die entscheidend sein können.

Zweites Duell mit Russell kostet wieder Zeit

Und Russell hat nicht nur von Runde 3 bis Runde 15 wertvolle Sekunden gekostet, sondern auch beim Duell in Runde 35 – so sehenswert es auch gewesen sein mag. In jener Runde fuhr Norris um drei Zehntelsekunden langsamer als Verstappen, obwohl er vom Reifendelta her eigentlich um drei Zehntelsekunden schneller hätte sein sollen.

“Ich war ziemlich überrascht, dass mich George in Kurve 4 auskontern konnte”, analysiert Norris. “Aber ich hatte dort das ganze Rennen ziemlich starkes Untersteuern. Der Mercedes hingegen hat gut gehalten. Er konnte viel mehr Speed mitnehmen, aber ausgangs Kurve 5, rein in Kurve 7, kam ich wieder vor. War ein guter Fight, der leider viel Zeit auf Max gekostet hat.”

Der Start, Russell 1, Sainz und Hamilton, Russell 2, die Boxenstopps: Zählt man alles zusammen, was bei McLaren nicht perfekt gelaufen ist, kommt man auf weit mehr als 2,2 Sekunden. Teamchef Stella ist sich sicher: “Selbst wenn wir am Start hinter Verstappen liegen, aber vor Russell, hätten wir unsere Karten mit sehr guten Siegchancen ausspielen können.”

Norris nickt: “Unsere Strategie war besser als die der anderen. Es war heute die beste Strategie. Und ich hatte im Auto ein sehr gutes Gefühl. Ich wusste genau, wie ich fahren muss, um das Maximum herauszuholen. Das verstehe ich immer besser. In der Phase, in der ich freie Fahrt hatte und dann und wann beim Überrunden ein DRS, lief es richtig gut.”

“Der McLaren”, ist Red-Bull-Teamchef Horner beeindruckt, “sah heute richtig schnell aus. Vor allem am Ende der Stints. Das haben wir jetzt schon in einigen Rennen erlebt, dass ihr Reifenverschleiß sehr gut zu sein scheint. Auch wenn das natürlich durch die Offsetstrategie ein wenig verzerrt wird. Am Ende waren wir dann trotzdem gut genug.”

Sehr zum Missfallen von McLaren-CEO Zak Brown. Der sagt im Interview mit Sky: “Wir hätten das Rennen definitiv gewinnen können. Ich mache Lando wegen des Starts aber keinen Vorwurf. Das Auto war mega schnell, Oscar hat auch ein paar Plätze gewonnen. Am Ende haben wir beide in den Punkten und einen auf dem Podium. Warum sollte ich da enttäuscht sein?”

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