Leben, wo andere in Dresden nur parken
Leben, wo andere in Dresden nur parken
Der Anhänger, den der 35-Jährige mit seiner Kollegin Catrin Weyers vom Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme in seiner Freizeit nicht nur konzipiert, sondern auch selbst gebaut hat, nimmt seit September einen dieser kostbaren Parkplätze weg. Ganz bewusst. Denn was er dafür schenkt, ist ein neuer Ort in der Stadt – zum Ausruhen, für die Mittagspause in der Sonne oder ein Feierabendbier mit Freunden – der sonst von Anwohnern kaum sinnbringend genutzt werden könnte.
“In der Neustadt haben gerade einmal 25 Prozent der Menschen ein Auto”, erklärt Berendes. Der begrenzte Straßenraum sei aber extrem von Fahrzeugen dominiert, hauptsächlich von Anwohnern, die für das Parken dank Anwohnerparkausweis wenig zahlten. “Deshalb spielt sich alles auf dem Fußweg ab, wo auch Restaurantplätze sind. Wenn man mit Freunden entlanggeht, muss man häufig ausweichen.” Von Flächenversiegelung ganz zu schweigen. Dem wollte der Dresdner, der selbst in der Neustadt wohnt, zusammen mit Catrin Weyers aus Plauen etwas entgegensetzen.
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Die reine Bauphase beschränkte sich schließlich auf den August, jede freie Minute ihres Urlaubs und Feierabends verbrachten die beiden in der Holzwerkstatt des Konglomerat e. V., denn Anfang September sollte das Parklet spätestens fertig sein. “Nach 200 Stunden Arbeit habe ich aufgehört, mitzuzählen”, sagt die 30-jährige Weyers. Durch das viele helle Holz – Douglasie – wurde das Parklet lange für eine mobile Sauna gehalten. “Diese Vorstellung wurde erst zerstört, als Pflanzen darauf kamen”, sagt Berendes und lacht.
Statt für ein Parklet an einem festen Ort hatten sich Weyers und Berendes für eine mobile Version auf einem möglichst schmalen, gebrauchten Autoanhänger entschieden, weil sie gehofft hatten, dafür keine Sondergenehmigung beantragen zu müssen. Die war jedoch trotzdem nötig und auch die vier Standorte – der letzte befindet sich aktuell auf der Kreuzstraße vor dem Rathaus – mussten genau festgelegt und mit den letztlich ignorierten Parkverbotsschildern abgegrenzt werden.
Bis Ende Oktober wird der Anhänger nun noch auf der Kreuzstraße stehen, danach wird er den Winter über eingelagert. Dafür, dass er dann rund zwei Monate lang unbeaufsichtigt im öffentlichen Raum stand, ist er noch überraschend gut in Schuss. “Wir hatten Sorgen, dass er gleich am ersten Tag abgefackelt oder anders zerstört wird”, gesteht Berendes. Letztlich wurde er nur etwas besprüht, mit Stickern beklebt und ein paar Pflanzen wurden einmal herausgerissen. Alles halb so wild.
Ohnehin geht es weniger um den konkreten Anhänger, als um die Botschaft an sich: Straßenraum könnte anders genutzt werden, als nur dauerhaft ein vielleicht selten gebrauchtes Fahrzeug darauf abzustellen. Vor allem Autofahrer wollen Berendes und Weyers, die selbst auf Autos verzichten – der Anhänger wurde jeweils mit einem Teilauto umgeparkt – gerne davon überzeugen. Und das, ohne auf Konfrontation zu gehen. Deshalb wurde auch keiner der Falschparker abgeschleppt.