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Kreditversicherer Atradius warnt vor EU-Zöllen auf chinesische Elektrofahrzeuge

(ots/tk) Die Europäische Union plant, spätestens ab Ende Oktober neue Zölle auf in China hergestellte Elektrofahrzeuge zu erheben. Kreditversicherer Atradius warnt vor möglichen Konsequenzen für die Automobilbranche, vor allem in Deutschland.

kreditversicherer atradius warnt vor eu-zöllen auf chinesische elektrofahrzeuge

Die Strafzölle, die von den EU-Mitgliedstaaten noch bestätigt werden müssen, könnten laut Atradius weitreichende Auswirkungen auf die internationale Handelsdynamik haben. Atradius ist ein globaler Anbieter von Kreditversicherungen, Bürgschaften, Inkassodienstleistungen und Wirtschaftsinformationen mit einer strategischen Präsenz in mehr als 50 Ländern. Als Versicherer von Ausfallrisiken beim Verkauf von Waren und Dienstleistungen beschäftigen sich die Experten intensiv mit möglichen Handelsbeschränkungen im internationalen Warenverkehr.

Zölle von bis zu 36 Prozent geplant

Laut einem Beschlussentwurf will die EU zusätzliche Zölle von bis zu 36 Prozent auf Importe chinesischer Elektrofahrzeuge erheben. Die EU-Mitgliedsstaaten könnten noch diese Woche über den Vorschlag der EU-Kommission abstimmen. Die Maßnahme soll die europäische Produktion schützen und richtet sich gegen Importe, die als unfair subventioniert gelten. Betroffen sind dabei jedoch auch große deutsche Automobilhersteller, die gemeinsam mit ihren chinesischen Partnern ebenfalls Zusatzzölle zahlen müssen.

„Trotz einer leichten Reduzierung der ursprünglich vorgeschlagenen Zollsätze bleiben die Abgaben eine deutliche Reaktion auf die wachsende Angst im Westen vor aggressiven Preisstrategien chinesischer Exporteure”, sagt Frank Liebold, Country Director Deutschland beim internationalen Kreditversicherer Atradius.

Die Atradius-Experten zeigt sich besorgt über die potenziellen Auswirkungen auf die Branche. Die Einführung dieser Zölle könne für die bereits angeschlagene Automobilindustrie verheerend sein, betont Frank Liebold. Besonders in Zeiten, in denen die Hersteller nach einer Phase des rasanten Wachstums mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert seien, könnte ein Zollkrieg das Letzte sein, was der Sektor jetzt gebrauchen könne.

EU weit weniger protektionistisch als die USA

Trotz der versöhnlicheren Haltung der EU im Vergleich zu den USA, die kürzlich ihre Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge auf 100 Prozent erhöht haben, sieht Atradius in den neuen Handelsbarrieren ein erhebliches Risiko für die globale Handelsdynamik. Chinesische Hersteller könnten versuchen, die Zölle zu umgehen, indem sie ihre Produkte in andere Märkte lenken, was wiederum die Verkaufschancen westlicher Hersteller auf diesen Märkten gefährden könnte. Zölle behindern die Wettbewerbsfähigkeit

„Westliche Automobilhersteller können sich einen Zollkrieg nicht leisten”, sagt auch Jens Stobbe, der als Manager Risk Service bei Atradius Deutschland die Automobilbranche mitverantwortet, und fügt hinzu: „Stattdessen müssen sie ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern und ihre Preise schützen, indem sie Mehrwertdienste wie den Kundendienst verbessern, technische Innovationen verstärken und in die Markteinführung neuer Produkte investieren.”

Die neuen Zölle, so Jens Stobbe, könnten zu einer weiteren Marktverzerrung führen. Während die europäischen Hersteller versuchten, ihre Preise stabil zu halten, könnten die steigenden Kosten für chinesische Importe langfristig zu höheren Preisen für Endverbraucher führen und die Bemühungen um Nachhaltigkeit untergraben.

„Letztendlich werden sie in naher Zukunft mehr E-Fahrzeuge im niedrigen und mittleren Preissegment anbieten müssen“ so Jens Stobbe weiter.

Zölle verunsichern den Markt

Erschwerend kommt hinzu, dass die Diskussion um die geplanten Zölle die Unsicherheit in einer Branche erhöht, die ohnehin schon mit Gegenwind zu kämpfen hat. Elektroautos sind für viele westliche Verbraucher nach wie vor unerschwinglich, und die Zölle auf billigere chinesische Importe werden die Preise wahrscheinlich noch länger in die Höhe treiben und den Markt dämpfen. Die europäischen Hersteller lehnen die Zölle deshalb ab, da sie eine Spirale von Handelsbarrieren auf beiden Seiten befürchten. Gegenwärtig sind Gegenzölle auf westliche E-Fahrzeuge seitens der Volksrepublik nicht geplant, obwohl vieles vom Ergebnis der laufenden Verhandlungen abhängen könnte. China hat jedoch Untersuchungen zu einigen europäischen Lebensmittel- und Getränkeimporten eingeleitet, was die Möglichkeit eines umfassenderen Handelskriegs mit der EU aufwirft.

BMW-Chef Zipse richtet Appell an die Bundesregierung

Als die Zölle im Juni angekündigt wurden, bezeichnete BMW-Chef Oliver Zipse die Entscheidung der EU als “den falschen Weg”.

„Der Wohlstand in Deutschland hänge von offenen Märkten und freiem Handel ab“, erklärt Zipse. „Zusätzliche Zölle schadeten global tätigen deutschen Unternehmen und könnten einen Handelskonflikt heraufbeschwören, der am Ende nur Verlierer kennt. Deshalb sollte die Bundesregierung klar Position beziehen und in der EU gegen die Einführung von zusätzlichen Zöllen stimmen.“

Die deutsche Autoindustrie hat laut Branchenverband VDA im vergangenen Jahr Fahrzeuge und Teile für 26,3 Milliarden Euro nach China exportiert. Aus China importiert wurden Autos und Komponenten für 6,8 Milliarden Euro. Der mögliche Schaden von Strafzöllen für die deutsche Autoindustrie sei laut VDA demnach größer als der mögliche Nutzen.

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