Audi

Audi TT

Klassiker der Zukunft: Unterwegs im Audi TT (8N) von 1999

Das Designerstück wird 25 Jahre alt. Wie fährt sich das Coupé heute?

klassiker der zukunft: unterwegs im audi tt (8n) von 1999

Es hat ein wenig von einer Abschiedstournee: Nach 25 Jahren fährt der Audi TT in Rente. Zeit für uns, auf Spurensuche in der ersten Generation zu gehen. Zu diesem Zweck hat uns Audi Tradition ein blaues TT 1.8 T Coupé mit Frontantrieb an die Hand gegeben.

Mein erster Eindruck: Ein absolut zeitloses Design. Schon ein Vierteljahrhundert alt? Nie im Leben. Spontan teile ich meinem Fotografen mit, dass wir für den passenden Hintergrund moderne Architektur brauchen. Der zuständige Audi-Mechaniker gibt sich entspannt: Da liegt der Schlüssel. Viel Spaß. Etwaige Einweisungen braucht man im modernen TT nicht. Schließlich ist er (etwas gemein formuliert) auch nur ein VW Golf IV im Frack. (Oder wie der Fotograf sagt: Ein flacherer New Beetle.)

Wie kam es überhaupt zum TT?  Im Zuge der Emotionalisierung der Marke Audi Mitte der 1990er-Jahre durch ein frisches, progressives Design entwarf der amerikanische Designer Freeman Thomas unter der Leitung des damaligen Designchefs Peter Schreyer (heute Kia/Hyundai) einen puristischen Sportwagen.

Bildergalerie: Audi TT Coupé Showcar (1995)

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Audi präsentierte die erste TT-Studie (siehe oben) im September 1995 auf der IAA in Frankfurt am Main einem begeisterten Messepublikum. Die Modellbezeichnung “TT” ist eine Reminiszenz an die legendäre Tourist Trophy auf der Isle of Man, eine der ältesten Motorsportveranstaltungen der Welt, bei der NSU und DKW mit ihren Motorrädern große Erfolge feierten; gleichzeitig erinnert der Name an den sportlichen NSU TT aus den 1960er-Jahren. Die bewusste Abweichung von der üblichen Audi-Nomenklatur sollte unterstreichen: Hier kommt etwas völlig Neues.

Im Dezember 1995 fiel die Entscheidung, das Audi TT Coupé in Serie zu produzieren. Torsten Wenzel, Exterieur-Designer bei Audi, war an der Umsetzung der Studie in die Serie beteiligt und erinnert sich: “Für uns war es das größte Lob, als die Fachpresse anerkennend feststellte, dass sich von der Studie zur Serie nicht viel verändert hatte, obwohl wir aufgrund der technischen Vorgaben für die Serienversion natürlich vieles im Detail anpassen mussten – auch in den Proportionen.”

Audi TT Coupé (1999)

Audi TT Coupé Showcar (1995)

Am auffälligsten ist die Integration eines hinteren Seitenfensters, das die Seitenlinie des Autos streckt und dem Sportwagen mehr Dynamik verleiht. Für Wenzel ist der Audi TT auch heute noch “eine fahrende Skulptur, höchste Qualität in Flächen und Linien”. Die Karosserie des Audi TT wirkt wie aus einem Guss, die Front ohne klassische Stoßfängerüberhänge betont die klare Form.

Ein weiteres Gestaltungselement trägt zur unverwechselbaren Silhouette des Audi TT Coupé bei: der Kreis – “die perfekte grafische Form”, so Wenzel. Sowohl im Exterieur als auch im Interieur zieren zahlreiche Elemente, die auf den Kreis zurückgehen, den Sportwagen. Inspiriert vom Bauhaus-Design hat beim Audi TT jede Linie einen Zweck, jede Form eine Funktion.

Dem ist von meiner Seite aus kaum etwas hinzuzufügen. Dank der sauberen Linienführung und etwa der elegant integrierten Blinker vorne wirkt das erste TT Coupé noch immer modern. Generell entwarf der Volkswagen-Konzern in jener Zeit viele Autos, die kaum altern: VW Golf IV, erster Skoda Fabia und auch der lange umstrittene Audi A2.

1998 geht das Audi TT Coupé in Serie. Ein Jahr später bringt Audi den TT Roadster auf den Markt. Wie das Showcar und der 1996 vorgestellte Audi A3 basiert der Sportwagen auf der Quermotor-Plattform des VW Golf IV. Produziert wird der TT von Anfang an bei Audi Hungaria Motor Kft. in Ungarn: Die lackierten TT-Karosserien werden über Nacht per Bahn von Ingolstadt nach Győr transportiert, wo die Endmontage stattfindet.

Apropos saubere Linienführung: Ende 1999 verpasst Audi dem TT einen Heckspoiler und ESP. Nicht ganz freiwillig, aber der TT hatte sich im Grenzbereich als giftig erwiesen. In einem Prospektbeileger von damals heißt es dazu:

“Audi hat mit dem TT einen Sportwagen entwickelt, der sich durch ein besonders aglies Fahrverhalten auszeichnet. […] Aufgrund dieser Charakteristik weist der TT bei extremen Fahrmanövern mit hohen Geschwindigkeiten einen relativ schmalen Grenzbereich auf. Wir haben Maßnahmen entwickelt, die das Fahrwerk und die Aerodynamik des TT in diesen Situationen besser anpassen.”

Zusätzlich zum Heckspoiler und dem ESP gibt es geänderte Stabilisatoren an der Vorderachse bei den Versionen mit Frontantrieb, beim Quattro an beiden Achsen. Hinzu kommen ein modifizierter Querlenker an der Vorderachse soweie straffere Dämpfer vorn und hinten.

Ansonsten schwelgen die TT-Prospekte wie gehabt im Design. Und das mit Recht, nachdem ich im Auto (Baujahr 1999) sitze. Alles ist hochwertig gemacht und verarbeitet, Metalleinlagen schmeicheln Augen und Fingern. Besonders hübsch: Die Klappe über dem Radio. Probleme mit dem Softlack wie andere Konzernprodukte scheint der TT nicht so krass zu haben. Die Bedienung des Cockpits stellt mich nicht vor Probleme.

Was ich aber als hochgewachsener Mensch im Coupé merke: Der Innenraum ist auf Taille geschnitten, wenngleich kein superenger Handschuh wie ein Mazda MX-5. Aber durch die TT-Form mit den schmalen Fenstern bekommt der dunkle Innenraum eine leicht klaustrophobische Note. Hinzu kommt eine geringe Sicht nach hinten. Die Rückbank sollte man eher als erweiterte Ablage betrachten, wie ich im Selbsttest feststelle. Bei geöffneter Heckklappe. In der ein Aufkleber warnt, sie nicht zu schließen, wenn ein Kopf zu weit von der Rückbank ragt.

Die Motorenpalette war breit gefächert: So war der TT der ersten Generation mit Vierzylinder-Turbomotoren von 150 bis 225 PS sowie einem V6-Aggregat mit 250 PS erhältlich. Ein Highlight der Motorenpalette: der auf 240 PS gesteigerte Vierzylinder im Audi TT quattro Sport, von dem nur 1.168 Exemplare ausgeliefert wurden. In meinem Auto geht es ziviler zu: 1,8-Liter-Turbo, 180 PS, Frontantrieb, 1.280 kg.

Los gehts: Akustisch hebt sich der Motor nicht besonders hervor, auf Dauer störend ist eine bassige Note. Verstärkt wird das durch den hier fehlenden sechsten Gang des präzisen Getriebes mit kurzen Wegen. Etwa 3.800 U/min liegen bei Tempo 140 an, was jedoch für die Ohren aushaltbar ist. Was mir gut gefällt, ist die Elastizität des Aggregats. Die technischen Daten bestätigen, dass der TT auf einer großen Drehmomentwelle surft: 235 Nm von 1.950 bis 5.000 U/min.

Die typischen Eigenschaften des Frontantriebs kann der TT nicht kaschieren, bei starkem Druck aufs Gaspedal zerrt es an der Vorderachse und in der Lenkung. Typisch für die Golf-Plattform ist sie um die Mittellage etwas indifferent. Schön: Das Serienfahrwerk lässt genügend Restkomfort übrig.

Die Sonderausstattungslisten boten den Kunden der ersten TT-Generation reichlich Auswahl: Neben exklusiven Farben wie Papaya-Orange oder Nogaro-Blau konnten die Kunden ihren TT ab Werk mit speziellen Accessoires ausstatten. Die Ledersitze des Audi TT Roadster im Baseballhandschuh-Design beispielsweise schafften es vom Showcar zum Serienauto.

In acht Produktionsjahren rollten bis Mitte 2006 insgesamt 178.765 Audi TT Coupé der ersten Generation (Typ 8N) vom Band, vom Audi TT Roadster wurden zwischen 1999 und 2006 exakt 90.733 Exemplare gebaut.

56.300 DM kostete einst das 1.8 T Coupé neu. Heute sind die Preise für den ersten TT in der Talsohle angekommen. Jetzt gilt es zuzuschlagen. So ein TT Roadster in “Steppengras Perleffekt” mit Mokassin-Ledersitzen im Baesballhandschuh-Design könnte mir schon gefallen. Wollen doch mal sehen …

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