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Herausforderungen bei Unfallerkennung und Notruf - eCall-Systeme für Motorräder

Eine Funktion, die selbst erkennt wenn Motorradfahrende verunfallen und daraufhin automatisch den Rettungsdienst alarmiert – das ist das Grundprinzip des eCalls, egal ob nachgerüstet am Bike, ab Werk oder als App auf dem Smartphone.

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Herausforderungen bei Unfallerkennung und Notruf – eCall-Systeme für Motorräder

Im Autobereich ist das automatische eCall-Notrufsystem für neue Modelle seit April 2018 Pflicht. Das System erkennt einen Unfall und kontaktiert bei einem schweren Unfall die Rettungskräfte eigenständig. Das Ziel: die Rettungskette sicher auslösen und die Reaktionszeit möglichst kurz halten. Das könnte auch uns Motorradfahrern im Ernstfall viel helfen, denn wir sind oft allein unterwegs und bleiben bei einem Unfall teilweise lange unbemerkt.

Unfallerkennung beim Auto einfacher

Vor allem bei modernen Motorrädern, die mit Kurven-ABS und somit einem sechsachsigen Sensor ausgestattet sind, könnte ein darauf abgestimmtes System einen Unfall erkennen und auch von einem Wheelie, Stoppie oder harmlosen Umfaller unterscheiden, denn Alarm wird erst ausgelöst, wenn mehrere Sensoren Auffälliges melden. Bosch ging bereits 2019 davon aus, dass die eCall-Systeme in naher Zukunft an neuen Motorradmodellen vorgeschrieben sind, bisher ist das aber noch nicht der Fall.

Die Sache gestaltet sich auch herausfordernder als bei Autos: Schon das Auslösen des Airbags ist beim Auto ein Indiz für einen Unfall und kann das eCall-System aktivieren. Wenn der Alarm dann ausgelöst wird, soll eine Sprechverbindung zwischen der Rettungsleitstelle und dem Verunglücktem hergestellt werden. Antwortet der Fahrer nicht, ruft die Leitstelle in jedem Fall den Rettungsdienst. Meldet sich der Fahrer, kann die schwere des Unfalls und die Verletzungen eventuell schonmal eingegrenzt werden. Aber nicht jeder Motorradfahrer fährt mit Lautsprecher und Mikrofon im Helm. Und selbst wenn das System über einen Lautsprecher und ein Mikrofon direkt am Motorrad verfügt, gibt es keine Garantie für die Erreichbarkeit: Wenn Motorradfahrer verunfallen, befinden sie sich nach dem Unfall nur noch selten in der Nähe, geschweige denn auf dem Motorrad.

Trotzdem ist es unbestritten, dass vor allem Motorradfahrer, viel zu ihrer Sicherheit beitragen können, wenn sie auf ein System für die automatische Unfallerkennung inklusive Notruf setzen. Wir stellen hier vor, welche Systeme es aktuell gibt und wie sie funktionieren.

eCall-System ab Werk am Motorrad

Das bietet aktuell nur BMW. Erkennt das System einen Notfall, aktiviert es die Rettungskette und versucht zusätzlich Kontakt zum Fahrer herzustellen. Vor und Nachteil: Die Sprechverbindung läuft direkt über einen Lautsprecher und ein Mikro am Motorrad, weshalb kein Kommunikationssystem im Helm benötigt wird. Doch wenn der Fahrer sich nicht in der Nähe des Fahrzeugs befindet, kann das auch ein Nachteil sein.

Nachrüstbare Notrufsysteme fürs Motorrad

Wie die meisten Nachrüstsysteme eignet sich das Dguard-System der deutschen Firma digades für alle gängigen Marken und Typen. Einzelne Komponenten, wie die Elektronikeinheit, eine GPS-Antenne und der Bedienschalter für den Lenker werden am Motorrad installiert. Es kostet um die 450 Euro und kann per Bluetooth auch mit einem Headset im Helm verbunden werden. Tourenaufzeichnungen, Diebstahlschutz und die passende App für Steuerung und Infos sind ebenfalls Funktionen, die von dem System bereitgestellt werden.

Auch das System von RideLink funktioniert ähnlich. Es kostet um die 400 Euro und benötigt ebenfalls kein Smartphone für den Notruf. Zusätzlich sind mit diesem System Live-Tracking möglich sowie digitaler Diebstahlschutz, Gruppen-Navigation, Routenplaner, Fahranalyse, Schräglagenaufzeichnung und Reifendrucküberwachung. Für letzteres müssen zusätzliche Komponenten verbaut werden.

eCall übers Smartphone

Auch Smartphone-Anwendungen bietet der Markt. Einer der in Deutschland bekanntesten Anbieter war BikerSOS. Die Betreiber verkündeten allerdings Anfang April 2022, dass sie ihren BikerSOS-Dienst leider einstellen müssen. Der GPS-Tracker bot Unfallerkennung, Tourenaufzeichnung sowie eine Alarmanlagenfunktion. Erkannte das Smartphone in der Jackentasche einen Unfall und stellte nach dem Alarm keine weitere Bewegung fest, wurde ein Notruf an die Rettungsleitstelle abgesetzt und – wenn so eingestellt – an private Notrufkontakte. Das System bot darüber hinaus auch Funktionen wie automatische Tourenaufzeichnung, Geofence-Diebstahlschutz und die Batteriespannungsüberwachung.

Aktuell bietet Triumph in Deutschland eine solche App an, die über ganz ähnliche Funktionen verfügt. Und aus Frankreich kommt die Liberty Rider App, die gegen eine Gebühr von 3,99 Euro pro Monat auch eine automatische Notruffunktion zur Verfügung stellt. Sie ist aktuell aber nur für den französischen und den italienischen Markt verfügbar. Die Liberty Rider App nutzt die Sensoren des Telefons, um zu erkennen, ob es sich um einen Unfall handelt. Per Smartphone kommt dann die Nachricht, dass die App einen Unfall erkannt hat. Wenn der Fahrer oder die Fahrerin nicht auf die Benachrichtigung reagiert, werden die Behörden automatisch über den letzten Standort informiert. Die App nutzt die Netzinfrastruktur der französischen Versicherungsgesellschaft IMA (Inter Mutuelles Assistance), um im Falle eines Unfalls automatisch den Rettungsdienst zu verständigen.

Calimoto mit Bosch Help Connect

Die Calimoto-App greift für die eCall-Funktion auf das Help Connect-System von Bosch zurück. Es greift auf die Sensoren im Smartphone zu und soll mit einem intelligenten Crash-Algorithmus so Unfälle automatisch erkennen. Im Fall der Fälle wird dann die Notruffunktion und der persönliche Notfalldienst aktiviert. Außerdem steht eine fest verbaute Help-Connect-Lösung kurz vor der Markteinführung, so die Information von Bosch.

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