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Gipfel der Genüsse - Tour zu den höchsten Gipfeln der 7 Alpenländer

Großes Motorradkino zwischen Drei- und Viertausendern: auf zu den “Seven Summits”, den jeweils höchsten Bergen der sieben Alpenländer! Und weil auch die Nebenrollen mit klasse Pässen hochkarätig besetzt sind, wird diese Tour zum Gipfel der Genüsse.

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Gipfel der Genüsse – Tour zu den höchsten Gipfeln der 7 Alpenländer

Rainer ist ein Zweitausender, zählt mit stolzen 2.000 Millimetern zu den Hochgewachsenen. Ein adäquates Reiseziel wären da natürlich die höchsten Gipfel der sieben Alpenländer. Muss ja nicht gleich mit kompletter Bergsteigerausrüstung sein, eine Yamaha Tracer 900 tut’s auch. Sogar ganz hervorragend.

Mont Blanc (4.810 m) in Frankreich

Eine lange Weile Autobahn durch die Schweiz, und dann Feuer frei auf der phänomenalen Passstraße über den Col de la Forclaz, denn “dank ihres übersichtlichen Verlaufes erlaubt sie ein rasches Vorwärtskommen”, wie es im Alpenführer Denzel so hübsch heißt. Durch Chamonix und Les Houches bis zum Abzweig hoch nach Merlet, einem Tierpark mit Blick auf den Mont Blanc. Was wegen sich vordrängelnder Flora und wahrer Wolkengebirge keineswegs selbstverständlich ist. Denn der mit 4.810 Metern höchste Berg Frankreichs gibt sich doch oft recht medienscheu. Noch spärlicher ist die Aussicht im Tunnel unter dem Weißen Berg, den wir nach einer kommoden Nacht im Chalet-Hôtel Les Campanules nutzen, um möglichst zeitsparend via Aosta zum nächsten Ziel zu kommen.

Gran Paradiso (4.061 m) in Italien

Ja, time is money, und so fühlen wir uns auch fast wie Japaner, die “the Alps in four days” machen. Also: next Summit. In Italien ist es der 4.061 Meter hohe Gran Paradiso. Zur Annäherung aus dem stauträchtigen Aostatal auf asphaltierter Achterbahn hinauf ins Hochtal Valsavarenche. Kein Durchgangsverkehr, allenfalls der Tracer gehen die Gäule durch, wenn sie in den Serpentinen bei Imrod zeigt, dass sie zwar untertourig treckern kann, liebend gerne jedoch auch auf Racer macht. Was macht es da schon, dass wir den Gran Paradiso wohl nur auf einer Ansichtskarte erblicken, erstanden an einem Kiosk am Endpunkt dieses Stichtals. Zurück nach Aosta, flüssig über den grandiosen Col du Grand-Saint-Bernard, Durststrecke zwischen Martigny und Visp bis zum nächsten Top-Gipfel in der Schweiz.

Dufourspitze (4.634) in der Schweiz

4.634 Meter misst die Dufourspitze, 156 mehr als das Matterhorn. Zur Übernachtung sozusagen auf dem Bettvorleger des Spitzenberges landen wir in Saas-Grund, bei Mira und ihrer Pension “Schönblick”. Urlaub wie vor 30 Jahren. Der Speisesaal eine ehemalige Disco, die Zimmer ohne Schnick und Schnack. Aber direkt vorm Fenster die Mischabel, ein Bergmassiv, dessen Hauptgipfel, der Dom, mit 4.545 Metern der höchste Berg ist, dessen Basis vollständig in der Schweiz steht. Die Dufourspitze hingegen mit einem Bein schon in Italien.

Donnerstagmorgen, bereits um sechs Uhr leuchtet unter azurblauem Himmel rötlichbraun der Dom. Was jucken da noch nationale oder lokale Spitzfindigkeiten so nach dem Motto: Ätsch, der Berg gehört uns ganz allein. Was zählt, ist der Weg nach oben. Und der ist vom “Schönblick” bis zum Talende am Stausee Mattmark zugleich entspannt und spitzenkehrenmäßig, ganz egal, ob du irgendwo die Dufourspitze identifizieren kannst. Statt Ansichtskarten vom Schweizer Summit gibt es in Saas-Grund übrigens nur welche vom Dom. Aber wer würde schließlich in Dortmund nach Souvenirs von Schalke 04 fragen?

Pässe-Team mit Spitzkehren satt

Apropos Fußballweisheit: Die Mannschaft ist der Star. Analog dazu ist es bei der folgenden Etappe das Pässe-Team, nicht nur ein einzelner herausragender Spieler, welches den Erfolg garantiert. Zum Warmlaufen durchs breite Tal der Rhone, vorbei an uralten Holzhäusern, die wie Zuschauer am grünen Spielfeldrand stehen, bevor sich in Gletsch die Serpentinen des Grimselpasses auftürmen, als sei es eine Monster-Lasagne – die wir heute aber nicht verputzen, da wir rechts zum Furka schwenken, auch eine Erstliga-Passstraße. Spitzkehren satt dort, was, logo, die 28 Kilometer zu einem Magneten für Motorradfahrer jedweder Couleur macht, vom Routinier bis zum Greenhorn. “Manche fallen beim Grüßen fast vom Mopped”, kommentiert Rainer. Und gesteht nach dem nächsten Klassiker, dem Klausenpass: “Im ersten Abschnitt bin ich mehr links an der Felswand als rechts am Abgrund langgefahren, die dünnen Stangen zur Randsicherung sehen ja aus wie Zahnstocher.”

Vordere Grauspitze (2.599 m) Liechtenstein

Wo hat sich denn nur die Vordere Grauspitze versteckt, dieser mit 2599 Metern höchste Berg Liechtensteins? Immerhin ist im winzigen Fürstentum neben Burgen und Finanzkonstrukten auch Platz für ein Kurvengewürm, die Strecke von Triesen nach Malbun. Und auf der halten wir nun Ausschau nach der gesuchten Spitze. Vergeblich. Aber noch mal eine ordentliche Adrenalinspritze, woran ein forsch fahrender Subaru Impreza nicht ganz unbeteiligt ist. Bei der Abfahrt ins wuselige Rheintal doch noch, inzwischen gut informiert, ein flüchtiger Blick auf die Grauspitze. Vaduz, Feldkirch, Bludenz: Augen zu und durch. Ein Spiel dauert 90 Minuten, da musst du auf den nächsten Treffer manchmal geduldig warten.

Weiter bis Stuben, wo wir auf den 3. Arlberg Automobil Renn Slalom treffen, im Starterfeld krasse Kisten aus der Stummfilmzeit. Rasten raspeln am Flexenpass, Urlauberschwemme in Zürs und Lech, Schlängelsträßchen bis Warth, durchs Lechtal bis zum Abzweig ins Namloser Tal – was sich als ein endlos geiles Band kunstvoll verknüpfter Krümmungen präsentiert. Und schließlich Boxenstopp in Berwang auf der Terrasse des Restaurant-Cafés “Mirabell” mit Apfelstrudel-Kick und Zugspitzblick.

Zugspitze (2.962 m) in Deutschland

Sollen wir auf Deutschlands größten, 2962 Meter hohen Gipfel gondeln? Vom Eibsee bei Garmisch-Partenkirchen oder alternativ mit der Tiroler Zugspitzbahn ab Ehrwald? Jeweils 46,50 Euro für Berg- und Talfahrt wären zu berappen. Nein, doch lieber gleich weiterzappen. Sorry, Top of Germany, aber es sind noch gut 220 Kilometer bis zum Großglockner. Via Vorderriß, Achensee und Gerlospass – dessen Kehrenkarussell ist stets ein großer Spaß – schaffen wir es zumindest bis Mittersill im Oberpinzgau.

Großglockner (3.798 m) in Österreich

Und was hat die Großglockner Hochalpenstraße für 26 Euro Maut in petto? Nun, eine ingenieurstechnische Meisterleistung, von Malochern materialisiert zum Gesamtkunstwerk aus 48 Kilometern und 36 Kehren. Kulminationspunkt: die Edelweißspitze mit ihrer legendären Kopfsteinpflasterpassage, einem Aussichtsturm sowie der fast überirdischen Übernachtungsmöglichkeit in der Edelweißhütte auf 2.572 Metern. Im Vergleich dazu entpuppt sich dann die Kaiser-Franz-Josefs-Höhe als Rummelplatz mit riesigem Parkhaus wie an einem Einkaufszentrum. Die Ware: Blick auf den 3.798 Meter hohen Großglockner, Österreichs Summit. Und auf die Pasterze, ehemals ewiges Eis, wo du dem Gletscher beim langsamen Sterben zusehen kannst. Was beweist: Der Klimawandel macht keine Scherze. Fünf vor zwölf?

Triglav (2.864 m) in Slowenien

Viereinhalb Stunden später der siebte Summit, der 2.864 Meter hohe Triglav in Slowenien. Längst hinter uns liegt der verkehrsarme Nassfeldpass mit seinen zwei “Gesichtern”: auf der Nordrampe astreiner Asphalt zum Kurvenwedeln, auf der Südseite zernarbtes Geläuf und Schlaglochslalom sowie ein Tunnel mit enger, abschüssiger Kehre. Jetzt also ein letztes Mal die Landschaft abscannen, auf der Suche nach dem Gipfel. Tja, für Bergbanausen not so easy, den “Dreikopf” zu orten. Aber egal, die steile Škrlatica-Wand und andere zackige Zungenbrecher entlang des mit 49 haarnadeligen, teils kopfsteinigen Kurven gepflasterten Vršič-Passes durch den Triglav-Nationalpark sind durchaus attraktive Alternativen. Und so komplettieren wir unsere Gipfelsammlung eben einfach mit noch einer Ansichtskarte.

Reisezeit: Wegen schneebedingter Wintersperren sind etliche Alpenpässe oft nur von Juni bis Oktober befahrbar.

Unterkünfte

  • Mont Blanc/Frankreich: Unweit von Chamonix liegt das ruhige Chalet-Hôtel Les Campanules
  • Gran Paradiso/Italien: Hütten und Apartments auf dem Campingplatz Pont Breuil
  • Dufourspitze/Schweiz: Pension Schönblick in Saas-Grund
  • Vordere Grauspitze/Liechtenstein: Auf kurviger Bergstrecke zu erreichen ist das familiäre Hotel Turna Malbun in Triesenberg
  • Zugspitze/Deutschland: Am Fuß des Bergs liegt das Eibsee-Hotel, alternativ dazu – auch wenn deutlich näher am Namloser Tal als an der Zugspitze – liegt in Österreich das Gästehaus Zugspitzblick in Berwang
  • Großglockner/Österreich: Umgeben von 37 Dreitausendern nächtigt man höchst exklusiv in der Edelweißhütte in Fusch an der Großglocknerstraße
  • Triglav/Slowenien: an der Nordzufahrt zum Vršič-Pass die Pension and Restaurant Milka in Kranjska Gora

Mit Zelt unterwegs: Direkt an der in dieser Reisegeschichte beschriebenen Strecke liegen einige empfehlenswerte Campingplätze: Hobo Camping im Val Veny, Camping Schönblick in Saas-Grund, Camping Pont Breuil im Valsavarenche, Zugspitz Resort auf der österreichischen Seite von Deutschlands höchstem Berg, Nationalpark Camping Großglockner an der Hochalpenstraße, Camping Trenta Sergej Bolčina, südlich des Vršič-Passes und direkt am Gebirgsfluss Isonzo.

Gipfelausflüge: Unter den Viertausendern der Seven Alpen-Summits gilt der Gran Paradiso in Italien als der wahrscheinlich am einfachsten aus eigener Muskelkraft zu bezwingende Berg. Aufstieg ab der Schutzhütte Rifugio Vittorio Emanuele II, zu erreichen über Pont am Ende des Valsavarenche.

Für die bequemeren unter den Bergtouristen: Hinauf in die weiße Welt des Mont Blanc schwebt von Chamonix aus die Seilbahn zur 3.842 Meter hohen Aiguille du Midi; für die Zugspitze gibt es gleich drei komfortable Alternativen, vom Eibsee bei Garmisch-Partenkirchen sowohl Seil- als auch Zahnradbahn, ab Ehrwald die Tiroler Zugspitzbahn.

Literatur und Karten: Das Taschenbuch “Die Seven Summits der Alpen” aus dem Bruckmann Verlag für 26,99 Euro beschreibt 42 Traumtouren auf und um die höchsten Gipfel der sieben Alpenländer. Für gute Übersicht: reiß- und wasserfeste Straßenkarte “Alpen”, 1:550.000, Reise Know-How Verlag, 9,95 Euro; dazu gegebenenfalls detailliertere Länderkarten, von Michelins Regionalkarte 523 “Rhône-Alpes ” 1:200.000 für 10,95 Euro bis zu “Slowenien” 1:150.000 von freytag & berndt für 10,90 Euro.

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