Technisch baugleich mit dem Opel Rocks Electric und dem Citroën Ami, versprüht der Fiat Topolino viel Charme, kostet aber auch am meisten.
- Sitzbezüge taugen als Strandtücher
- Schneller als 45 km/h geht nicht
- Alle 75 Kilometer an die Steckdose
- 9.890 Euro für die italienische Lebensart
Da steht er also. Der mintgrüne Würfel. Im Grunde lediglich in anders lackierter Citroën Ami beziehungsweise Opel Rocks Electric. Das bedeutet eine Batterie mit einer Netto-Kapazität von 5,4 Kilowattstunden (brutto 7 kWh), eine Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h, keine Klimaanlage und keinen Komfort. Schluss. Aus. Ende. Wir könnten hier aufhören. Das Schlüsselwort lautet „könnten“. Schließlich handelt es sich hier um keinen üblichen Stellantis Elektro-Kubus, sondern um einen ein Fiat Topolino. Mit Namen und Tradition haben sie es ja die Italiener. Der Fiat 500 „Topolino“ (deutsch: „Mäuschen“), der zwischen 1936 und 1955 gebaut wurde, war ein kleiner Stadtflitzer. Nichts anderes soll die vollelektrische Neuauflage sein. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h ist auch nichts anderes möglich.
Verde Menta Speziale In Mintgrün ist der Topolino besonders „amabile“ und eine wunderbare Ergänzung zu einem Vespa-Roller. Über die geringe Fahrgeschwindigkeit und Reichweite des Zweisitzers können Besitzer nur müde lächeln – mehr braucht es in der Stadt nicht.
Sitzbezüge taugen als Strandtücher
Der Vergleich mit den legendären italienischen Rollern kommt nicht von ungefähr. Denn die Italo-Designer spielen die Vespa-Karte ganz bewusst. Sei es mit dem Chrom-Gepäckträger am Heck – auf Wunsch mit passender Tasche – oder den Lederriemen für die Ablage über dem Armaturenbrett. Bei den Accessoires geht es mit der verspielten Leichtigkeit weiter. Sei es beim Ventilator, dem Bluetooth-Lautsprecher oder den Sitzbezügen, die man auch als Strandtücher verwenden kann. Die Frage, ob da der Sand nicht stören kann, entlarvt uns als typischen Tedesco und wir streichen sie. Tun Sie bitte so, als ob Sie den letzten Satz nicht gelesen hätten.
Strandtuch an Bord Der Innenraum des Fiat Topolino ist wie der seiner Schwestermodelle Opel Rocks und Cirtroen Ami spartanisch ausgestattet. Dafür finden sich in der italienischen Version aber einige witzige Details.
Schneller als 45 km/h geht nicht
Die Sonne strahlt mit dem Italo-Gefährt um die Wette und auch wir kriegen das Lächeln nicht aus dem Gesicht. Schon seltsam. Die harten Sitze sind die gleichen wie bei den Opel- und Citroën Brüdern, doch fühlt sich beim Topolino alles irgendwie lässiger an. Das merkt man auch bei der Fahrt durch und rings um Rüsselsheim. Die Leute lächeln und selbst die ungeduldigen Hessen, die gerne mit der Hupe ihres Autos Brüderschaft trinken, bleiben entspannt und genießen die Heckansicht des kleinen Vehikels. Der geht aber auch bei allem Charme nicht schneller als 45 km/h, da beißt das Mäuschen keinen Faden ab.
Schwiegermutter-Tür für den Fahrer Die Tür des Fahrers öffnet sich beim Topolino nach vorn, beim Beifahrer konventionell nach hinten. Die Türmodule sind die gleichen – nur unterschiedlich aufgehängt. Auch das spart Kosten.
Alle 75 Kilometer an die Steckdose
Man muss es positiv sehen: Angesichts dieser Höchstgeschwindigkeit braucht man bei den innerstädtischen Radarkontrollen, die das Tempo 50 überwachen, keine Sorgen um das Punktkonto in Flensburg zu haben. Die Stadt ist ohnehin das natürliche Habitat des Topolinos. Mit einem Wendekreis von 7,20 Metern, einer Breite von 1,40 Metern und einer Länge von 2,53 Metern wieselt der Italo-Würfel um fast jede Ecke und findet auch in zugeparkten Innenstädten eine Bucht.
So lange man sich nicht auf eine Weltreise geht, kommt man auch mit dem Inhalt des Stromspeichers aus, der in weniger als vier Stunden an einer herkömmlichen 220-Volt-Steckdose wieder gefüllt sind. Nach 75 Kilometern muss man den Klein-Stromer wieder einstöpseln.
Staubsauger-Prinzip Geladen werden kann der Akku des Fiat Topolino mit 2,3 kW an jeder Haushaltssteckdose. Das drei Meter lange Ladekabel wird dazu wie bei einem Staubsauger aus dem einem Schacht an der rechten Seitentür gezogen.
Bei unserem Trip durch das Rüsselsheimer Umland meldete der Bordcomputer exakt diese Reichweite. Der Verbrauch liegt laut Datenblatt bei 8,0 kWh/100 km. Wie seine beiden Brüder läuft der Topolino in der Kategorie der elektrischen vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuge (L6e) und kann bereits von 15-jährigen bewegt werden, die über einen Führerschein der Klasse AM verfügen. Auch reicht zur Zulassung ein Versicherungskennzeichen. Für unter 100 Euro ist man da schon dabei.
9.890 Euro für die italienische Lebensart
Wer einen Topolino bestellen will, kann das nur online tun und bekommt bis zu einer Entfernung von 50 Kilometern zum nächsten Fiat-Händler das Autochen kostenlos vor die Türe gestellt. Kommen wir zum Preis. Mit mindestens 9.890 Euro ist der Standard-Topolino hierzulande um 1.900 Euro teurer als sein (aktuell nicht mehr lieferbarer) Bruder Opel Rocks Electric (ab 7.990 Euro). In Italien kann der Fiat übrigens – dank Umweltbonus – schon für 7.543 Euro erworben werden: Italienische Lebensart diesseits der Alpen war schon immer etwas teurer. Und eine staatliche Förderung der Elektromobilität mag sich bei uns selbst ein grüner Wirtschaftsminister nicht mehr leisten.
