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EU plant neue Regeln für E-Autos: Deutschland hat jetzt ein Problem

eu plant neue regeln für e-autos: deutschland hat jetzt ein problem

Batterieproduzenten mit Sitz in Deutschland und Osteuropa kämpfen aktuell mit einem Vorschlag zur neuen EU-Batterieverordnung.

Die Antriebsbatterie ist nach wie vor das teuerste, aber auch das CO₂-intensivste Bauteil in der Elektroautoproduktion. Das führt dazu, dass E-Autos mit einem sogenannten „CO₂-Rucksack“ vom Band rollen, der bei der emissionsintensiven Akkuproduktion entsteht und erst im Laufe des Fahrzeuglebens abgebaut werden kann.

Vor diesem Hintergrund möchte die Europäische Union eine neue Verordnung für Batterien auf den Weg bringen, mit der sichergestellt werden soll, dass Batterien möglichst ressourcenschonend produziert und nach Ende ihrer Lebensdauer zuverlässig recycelt werden können. Ein bestimmter Teil der geplanten Verordnung führt nun jedoch zu Verstimmungen bei deutschen Autobauern und Batterieherstellern am Produktionsstandort Deutschland.

Neue Berechnungsgrundlagen würden deutschen Batterieherstellern das Leben schwer machen

Wie die Wirtschaftswoche berichtet, soll bei der Produktion von Batterien in Zukunft der Strommix des produzierenden Landes als Größe zur Feststellung der CO₂-Emissionen zugrunde gelegt werden. Das hätte besonders für Deutschland und einige osteuropäische Länder negative Auswirkungen.

Zum Hintergrund: Je nachdem, wo und wie eine Batterie produziert wird, gibt es immense Unterschiede bei den CO₂-Emissionen. Je nach verwendeten Vorprodukten, Produktionsverfahren und je nach verwendetem Strom fallen bei der Batterieherstellung zwischen 40 und 120 Kilogramm CO₂ je Kilowattstunde Batteriespeicherkapazität an, rechnet die Wirtschaftswoche vor. Der globale Durchschnitt bei der Batterieproduktion liegt laut dem Argonne Institut in Chicago bei 64 Kilogramm CO₂ pro Kilowattstunde. Batterien aus China, wo sich heute die meisten Batteriefabriken befinden, kommen hingegen auf 120 Kilogramm CO₂ pro Kilowattstunde. Nimmt man noch Faktoren wie den verwendeten Ladestrom hinzu, bedeutet das: Ein E-Auto muss im günstigsten Fall nur rund 15.000 Kilometer fahren, um seinen CO₂-Rucksack abzulegen und mit einem vergleichbar großen Dieselfahrzeug gleichzuziehen. Im schlechtesten Fall muss das gleiche Fahrzeug aber knapp 150.000 Kilometer fahren, um die CO₂-Emissionen aus der Batterieproduktion im Vergleich zum Diesel wieder wettzumachen.

Deshalb will die EU bis August 2026 einen “maximal Carbon Footprint Threshold”, also eine Art CO₂-Grenzwert, für die Batterieproduktion einführen. Ab 2028 dürften in der EU dann keine E-Auto-Batterien mehr verkauft werden, die den Grenzwert überschreiten.

Allerdings hat die EU laut Wirtschaftswoche in diesem Sommer plötzlich ihre Berechnungsgrundlage für den CO₂-Fußabdruck der Batterieherstellung verändert: Bisherige Entwürfe hatten vorgesehen, den tatsächlich in einer Batteriefabrik verwendeten Strom als Berechnungsgrundlage heranzuziehen. Stattdessen soll nun aber der jeweilige Strommix des Landes herangezogen werden.

Viele Batteriehersteller haben Direktabnahmeverträge mit Grünstrom-Erzeugern, also etwa mit Windparks, um die CO₂-Emissionen ihrer Produktion niedrig zu halten. Diese Verträge würden aber hinfällig, wenn der Strommix des jeweiligen Landes zur Berechnung verwendet wird. Im internationalen Vergleich steht Deutschland mit seinem Strommix nicht sonderlich gut da: Im französischen Strommix fallen pro Kilowattstunde erzeugtem Strom rund 65 Gramm CO₂ an, in Schweden sogar nur 41 Gramm. In Deutschland sind es hingegen 380 Gramm CO₂ pro Kilowattstunde Strom. Auch in einigen osteuropäischen Ländern, wo sich bislang die meisten europäischen Batteriefabriken befinden, haben einen vergleichsweise schmutzigen Strommix.

Neue Batterieverordnung: Hersteller und Verbände kritisieren das EU-Vorhaben

Noch steht der Gesetzesentwurf nicht fest, wie die Wirtschaftswoche weiter berichtet: Autohersteller hatten bis Ende Mai Zeit, ihre Kommentare zum betreffenden Artikel 7 der EU-Batterieverordnung abzugeben. Das haben sie getan, aktuell liegen 127 Einwände vor, auf die die EU-Kommission noch antworten muss. Allerdings will die EU die endgültige Regulierung noch im laufenden Jahr verabschieden.

Batteriehersteller wie Northvolt stünden schlecht da, wenn die Regulierung in ihrer aktuellen Form in Kraft treten sollte. Das Unternehmen hat Stromhandelsverträge mit Windstromproduzenten abgeschlossen, um den CO₂-Fußabdruck seiner Batterien möglichst weit unter den Marktdurchschnitt zu drücken. Nach der bisherigen Berechnungsgrundlage würde das auch funktionieren – nach der vorgesehenen Berechnungsgrundlage wären die Bemühungen allerdings hinfällig.

Hildegard Müller, Präsidentin des Herstellerverbands VDA, warnt davor, dass die geplante Regeländerung eine weitere Batteriezellenfertigung in Deutschland unmöglich machen könnte. Das geht aus einem Brief an EU und Ampelregierung hervor, der der Wirtschaftswoche vorliegt. Neben bereits vorhandenen Nachteilen wie den im Vergleich zu den meisten EU-Ländern hohen Energiekosten werfe die EU mit der geplanten Regeländerung demnach den deutschen Herstellern weitere Knüppel zwischen die Beine.

Michael Krausa vom Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien (KLib) meint: „Wir haben durch die sehr guten Bedingungen, die der Inflation Reduction Act der USA Herstellern klimafreundlicher Technologien bietet, ohnehin schon große Abwanderungsgelüste Richtung Nordamerika, wenn nun weitere Wettbewerbsnachteile dazu kommen, wird es schwierig, Investoren vom Standort Deutschland zu überzeugen“.

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