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Elektroautos aus China: Von Luxus bis bezahlbar

Elektroautos aus China drängen auf den deutschen Markt. Welche Rolle werden sie spielen? Wir stellen die Hersteller mit den besten Erfolgsaussichten vor.

elektroautos aus china: von luxus bis bezahlbar

Der BYD Dolphin während der Central China International Auto Show 2022

Bisher hat sich die chinesische Autoindustrie auf den Heimatmarkt konzentriert. Jetzt aber sind das Selbstbewusstsein und der Expansionsdrang groß genug, um mit eigenen Marken in Europa anzutreten. Die Designs sind eher beliebig, vieles wird den alten Marken nachgeahmt. Dafür sind einige Modelle ein gutes Stück günstiger als die Konkurrenz. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Hersteller.

BYD

Das Kürzel BYD steht für Build Your Dreams. Der Spott darüber – kleiner haben sie es wohl nicht – ist der Konkurrenz längst vergangen. BYD ist ein Mischkonzern, der neben Komponenten für Mobiltelefone sehr erfolgreich Fahrzeuge baut. Die besondere Stärke von BYD ist, dass es die Batteriezellen selbst produziert. Das Ergebnis: BYD ist der nach Tesla zweitgrößte Hersteller von Elektroautos weltweit.

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Der Atto 3 von BYD

2023 kommen das kleine SUV Atto 3 – ungefähr vergleichbar mit einem Hyundai Kona –, das große SUV Tang und die Luxuslimousine Han nach Deutschland. Auf der Website ist noch kein Preis zu sehen, aber die Subventionsliste des Bundesamts für Ausfuhrkontrolle (Bafa) verrät: Der Einstiegspreis für den Atto 3 liegt bei knapp 45.000 Euro.

BYD ist bekannt für die sogenannte Blade-Batterie. Sie ist teils in die Karosserie integriert und beinhaltet LFP-Zellen. Diese chemische Zusammensetzung ist sehr robust. Dadurch ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Brand entsteht. Preisgünstiger sind LFP-Batterien auch, weil sie auf die kostentreibenden Metalle Nickel und Kobalt verzichten. Nur bei der Energiedichte sind LFP-Zellen schlechter als andere Materialmischungen. Die Reichweiten sind also bei gleichem Volumen etwas geringer, was sie insbesondere vor allem für günstigere Autos interessant macht.

Elektroautofans warten vor allem auf den BYD Seal. Die sportliche und elegante Limousine konkurriert mit dem Tesla Model 3. BYD kooperiert mit Toyota, das den technisch baugleichen bZ3 ab 2024 in Deutschland auf den Markt bringen wird. Der Seal hat die Blade-Batterie und ist in China umgerechnet ab rund 32.000 Euro zu haben. Der Wechselkurs ist hier nicht ausschlaggebend, sondern das Marktumfeld: Selbst 40.000 Euro wären hierzulande noch ein Schnäppchen.

SAIC

Unter dem Dach von SAIC (ursprünglich: Shanghai Automotive Industry Corporation) versammelt sich eine Vielzahl von Marken und Joint Ventures. SAIC kooperiert in China unter anderem mit Volkswagen. In Europa sind vor allem MG bei Pkw und Maxus bei Nutzfahrzeugen dabei, sich zu etablieren.

MG war einstmals Morris Garage, ein britischer Roadster-Produzent, der seine beste Ära in den Sechzigerjahren hatte. SAIC hat die Rechte gekauft, und so ziert das alte Logo heute Elektroautos.

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Der MG 4

Der MG4 ist genau das, was die restliche Autoindustrie aus Deutschland, Frankreich oder Südkorea nicht bietet: Ein elektrischer Kompaktwagen für einen niedrigen Preis; die Golf-Klasse unter Strom. Die Basisversion kostet 31.990 Euro, Förderung nicht abgezogen. Für die üppig ausgestattete Topvariante Luxury ruft MG 37.990 Euro auf. Zum Vergleich: Ein konzeptionell sehr ähnlicher Volkswagen ID.3 ist nicht unter 43.995 Euro zu haben – womit der Volkswagen keineswegs teurer ist als Wettbewerber von Renault oder Kia. Es ist umgekehrt: Der MG ist deutlich günstiger.

Für die deutschen Autohändler, die durch die Industrie zunehmend unter Druck gesetzt werden, ist MG ähnlich wie BYD eine Chance: Wenn alteingesessenen und gesunden Betrieben, die im Regelfall eine angeschlossene Werkstatt haben, der Vertrag gekündigt wird, können sie ins Geschäft mit chinesischen Marken einsteigen.

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Der NIO ET7

NIO

Kein chinesischer Hersteller ist so offensiv in der Außendarstellung wie NIO. Der Vergleich mit Tesla drängt sich auf. NIO startet in Deutschland mit der Limousine ET7. Es folgen das SUV EL7 und der ET5, der im Format einem Tesla Model 3 ähnelt. Auffällig ist, dass NIO im Preis immer ein Stück über Tesla rangiert. Es muss sich zeigen, ob die Kundschaft einen Mehrwert bei den Produkten erkennt.

Eine Besonderheit von NIO sind die Stationen für den Batterietausch: In Zusammenarbeit mit EnBW (Energie Baden-Württemberg), einem der größten Betreiber von Ladeinfrastruktur an Autobahnen, errichtet man derzeit 20 Standorte. Der Batterietausch ist in rund fünf Minuten erledigt.

Was vielen wie der größte Clou überhaupt erscheint, hat aber auch Nachteile: NIO baut ein proprietäres System mit Platzbedarf an den Raststätten auf, von dem allein die Autos der eigenen Marke profitieren. Die Batterie, das teuerste und CO₂-intensivste Bauteil, muss vielfach produziert werden, damit immer genügend zum Tauschen vorhanden sind. Übrigens hat ein Mercedes EQE inzwischen Ladezeiten, die bei günstigen Bedingungen durchgehend im einstelligen Minutenbereich liegen – ganz ohne Battery Swap.

Angesichts von nur gut 25.000 produzierten Elektroautos pro Quartal muss NIO noch beweisen, ob die große öffentliche Aufmerksamkeit berechtigt ist. Im Hochpreissegment ist die Konkurrenz hart. Die Käufer sind selten bereit, ein Experiment zu wagen und von BMW, Porsche oder Tesla auf einen Newcomer zu wechseln.

GWM

Great Wall Motors, abgekürzt GWM, startet bald mit den Marken Ora und Wey: Im Januar soll der Ora Funky Cat bestellbar sein. Hierfür hat sich das Unternehmen einen großen Händler in Deutschland gesucht, die Emil Frey Gruppe, die unter anderem der Importeur von Subaru ist.

Ora setzt beim Design auf Retroelemente. Die Funky Cat etwa gehört formal zur Golf-Klasse. Optisch spielt sie an der Front wahlweise auf den VW Käfer oder den Porsche 911 an. Das Ergebnis ist keineswegs beschämend, sondern stimmig. Verkaufspreise gibt es noch nicht. Die Frage ist, ob man sich auf dem gleichen Budgetlevel wie MG sieht oder Ora sofort ins absurde Niveau von Volkswagen, Renault oder Kia aufsteigen will.

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Toby Marshall, britischer Verkaufsdirektor von Ora, neben dem Funky Cat

Die Luxusmarke von GWM heißt Wey. Das erste Modell für den deutschen Markt ist der Coffee 01, ein sehr großes SUV mit Plug-in-Hybridantrieb. Die Batterie im Coffee 01 ist so dimensioniert, dass sie für 146 elektrische Kilometer reichen soll, bevor der Verbrennungsmotor anspringt. Das ist für Plug-in-Hybride sehr viel. Und noch etwas ist für einen Plug-in ungewöhnlich: Der Coffee 01 schnellladefähig. Das gibt es zwar auch bei Mercedes, aber zu einem deutlich höheren Preis als den 55.900 Euro, die Wey mindestens aufruft.

Fazit

In der Zulassungsstatistik des Jahres 2022 spielen chinesische Automarken noch keine Rolle. Das wird sich radikal ändern: Das Elektroauto ist eine riesige Chance für die hier unbekannten Marken. Auch vom ständigen Konflikt der alten Autoindustrie mit den lokalen Händlern könnten die Chinesen profitieren und schnell Vertriebs- und Werkstattpartner finden. Allerdings werden es kleinere Unternehmen schwerer haben als der Branchenriese BYD: Nicht nur E-Autos, sondern auch Batterien selbst herzustellen, ist mittelfristig eine unschlagbare Strategie.

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