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Ducati Multistrada V4 RS: Ein starkes Stück – nur für wen eigentlich?

Ducati stellt mit der Multistrada V4 RS die stärkste Reiseenduro der Welt vor. Dem teuren Krad fehlt allerdings eine Zielgruppe.

ducati multistrada v4 rs: ein starkes stück – nur für wen eigentlich?

(Bild: Ducati)

Ducati hat die Multistrada V4 RS vorgestellt, eine hochbeinige Reiseenduro mit 180 PS. Ihr Motor stammt aus dem Superbike Panigale V4 und Ducati hat versucht, die Multistrada V4 RS auch für die Rennstrecke zu präparieren. Ein Konzept, das allerlei Fragen offenlässt, vorrangig die nach dem Sinn einer solchen Kombination.

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Die stärkste Reiseenduro der Welt

Die Multistrada ist in Deutschland die meistverkaufte Ducati, dagegen kommt selbst die erheblich günstigere Monster nicht an. Die jüngst vorgestellte V4 RS ist bereits die fünfte Version der Multistrada V4, zudem gibt es noch zwei Multistrada V2-Varianten. Die Italiener reizen damit die Multistrada-Modellfamilie komplett aus. Der V4-Motor von Ducati gehört zu den besten Antrieben auf dem gesamten Motorradmarkt, ungemein kraftvoll, mit angenehmer Laufkultur. Schon die Basis-Version Multistrada V4 bietet aus 1158 cm3 Hubraum 170 PS bei 10.500/min und 125 Nm bei 8750/min.

Damit markierte sie bisher die Leistungsspitze aller Reiseenduros mit Fahrleistungen von 250 km/h. Ihr Monocoque-Rahmen aus Aluminium und der angeschraubte Gitterrohrheckrahmen aus Stahl verleihen ihr unerschütterliche Stabilität, das voll einstellbare Fahrwerk sorgt für angenehmen Reisekomfort. Sie wiegt fahrfertig 243 kg und verzögert dank radial montierter Brembo-Bremszangen und riesiger Scheiben bei Bedarf sehr heftig. Sie bietet bereits alles, was der Fahrer sich für die Reise oder die flotte Hausrunde wünscht. Kostenpunkt: 19.790 Euro.

Ducati Multistrada V4 RS (7 Bilder)

ducati multistrada v4 rs: ein starkes stück – nur für wen eigentlich?

Die Ducati Multistrada V4 RS ist eine Reiseenduro und für den Einsatz auf langen Touren und Alpenpässen gedacht. (Bild: Ducati )

Von 19- auf 17-Zoll-Vorderrad

Die Multistrada V4 rollt auf einem für Reiseenduros typischen 19-Zoll-Vorderrad. Dazu gesellen sich mittlerweile die beiden Modell-Versionen V4 S Grand Tour mit verbesserter Serienausstattung und die V4 Rally mit Drahtspeichenfelgen für die Geländefreunde. Letztes Jahr schob Ducati noch das Modell Pikes Peak hinterher, das vorn ein 17-Zoll-Rad besaß, um mehr Handlichkeit zu bieten, außerdem hatte sie eine Einarmschwinge und ein semi-aktives Fahrwerk mit Komponenten von Öhlins. Der Motor und Rahmen sind bei allen Versionen identisch. Eigentlich sollte man meinen, dass damit alle Variationen ausgeschöpft seien, doch das sah Ducati in Bologna anders.

Wieder ein Desmo-Motor

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Dazu muss man wissen, dass die traditionellen Ducati-Fans eines schmerzlich bei der Mulitstrada V4 vermissen: ihre geliebte, desmodromische Ventilsteuerung. Genau die Lücke nutzt nun die V4 RS aus, mit dem 1103 cm3 großen Desmosedici-Stradale-Motor der Panigale, der allerdings in seiner Spitzenleistung von 215 PS auf 180 PS zurückgenommen wurde. Trotzdem stellt V4 RS damit die neue Rekordhalterin unter den Reiseenduros. Ducati bewirbt sie mit “Ein Motor, der für die Rennstrecke entwickelt wurde”. Das ist richtig, aber wozu soll der in einer Reiseenduro gut sein? Er erreicht seine Höchstleistung bei 12.250/min und damit 1750/min später als die Basis-Multistrada und ist beim Drehmoment mit 118 sogar um 7 Nm schwächer, braucht dafür aber 750 Touren mehr.

Titan und Kohlefaserlaminat

Der Endschalldämpfer von Akrapovic und der Heckrahmen sind aus Titan gefertigt, der Frontschnabel, der vordere Kotflügel, der Hitzeschutz am Auspuff und die Handprotektoren bestehen aus Kohlefaserlaminat, um Gewicht zu sparen. Die Aluminium-Schmiederäder von Marcchesini zwacken noch einmal 2,7 kg ab. Angeblich soll die Multistrada V4 RS mit 90 Prozent gefülltem Tank um 3 kg leichter als die Pikes Peak sein, das entspräche 236 kg. Natürlich hat sie das volle Elektronikpaket mit unter anderem kurvenabhängiger Schlupfregelung und Wheelie-Kontrolle, anders wäre sie bei der geballten Leistung auch gar nicht fahrbar. Eine rasselnde Trockenkupplung und rot lackierte Brembo-Stylema-Bremszangen sollen zusätzlichen Racing-Flair verbreiten.

Ducati Multistrada V4 RS (8 Bilder)

ducati multistrada v4 rs: ein starkes stück – nur für wen eigentlich?

Die Multistrada V4 RS bekommt eine Sonderlackierung und die Magnesium-Felgen rote Striche. (Bild: Ducati )

Eingeschränkt rennstreckentauglich

Ducati hat seine Reiseenduro, so gut es eben geht, für den Rundkurs präpariert. Natürlich lebt die Marke von ihrem sportlichen Image, aber eine Multistrada auf einer Rennstrecke ist genauso sinnlos, wie mit dem Superbike Panigale V4 bei einem Motocrossrennen anzutreten. Reiseenduros sind nicht für asphaltierten Rennstrecken gedacht. Lange Federwege – bei der Multistrada V4 RS sind es vorne und hinten 170 mm – und ein hoher Schwerpunkt sind dort genauso kontraproduktiv wie die schlechte Aerodynamik im Vergleich zu einem vollverkleideten Sportmotorrad, vom üppigen Gewicht ganz zu schweigen. Ihr langer Radstand von 1592 mm trägt auch nicht gerade zur Handlichkeit bei. Natürlich kann eine Multistrada mit viel Einsatz flott über eine Rennstrecke getrieben werden, aber man macht sich das Leben unnötig schwer.

Keine Sonderedition

Ducati verlangt für die Multistrada V4 RS 36.490 Euro. Zum Vergleich: die V4 Pikes Peak gibt es ab 30.290 Euro. Dafür bekommt der Käufer die stärkste Reiseenduro der Welt, was aber mehr das Ego streichelt, als dass sie auf kurvigen Alpenpässen tatsächlich schneller wäre als die Konkurrenz. Ducati lockt dazu mit dem plumpen Verkäufertrick, dass die V4 RS in einer nummerierten Serie hergestellt wird. Das heißt nicht, dass es sich um eine limitierte Sonderedition handelt, wie sie Sammler lieben, sondern die V4 RS hat lediglich auf der Lenkerklemmung eine Plakette mit einer Nummer.

Besser zwei

Ducati-Fans, die sowohl auf der Rennstrecke als auch auf Touren adäquat motorisiert sein wollen, möchte ich folgendes Rechenbeispiel ans Herz legen: Die sauschnelle Panigale V2 mit 155 PS und nur 176 kg Trockengewicht für 20.690 Euro kaufen und dazu noch eine komfortable Multistrada V2 mit 113 PS für 15.290 Euro. Der Fahrer ist in beiden Fällen bestens bedient und kommt dennoch um 510 Euro günstiger weg, als wenn er eine Multistrada V4 RS kaufen würde.

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(mfz)

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