Audi

Finanzen

Wirtschaft

Wirtschafts-nachrichten

Dieses Auto soll Audis Zukunft retten

Die Premium-Marke des Volkswagen-Konzerns gilt als Dauerbaustelle. Unruhe im Management und Probleme mit der Software blockieren Audi seit Jahren. Jetzt sollen endlich neue Modelle auf den Markt kommen. Den Anfang macht ein verheißungsvoller Elektro-SUV.

dieses auto soll audis zukunft retten

Der neue Audi Q6 e-tron AUDI AG

Mit zwei Jahren Verzögerung ist bei Audi endlich der große Moment gekommen: Am Abend präsentierte der Autohersteller in Ingolstadt den neuen Q6 e-tron. Der Wagen soll ein für Audi bahnbrechendes Modell werden, das nicht nur den Start in ein neues Elektrozeitalter markieren soll, sondern auch die Selbstblockade endlich lösen könnte.

Es ist das erste Fahrzeug der Marke auf Basis der neuen Premium Platform Electric (PPE) aus dem VW-Konzern, die zusammen mit Porsche entwickelt wurde. Der elektrische Porsche Macan ist über diese Verbindung mit dem Q6 e-tron verwandt. Bei Audi sind auf der Basis noch eine ganze Reihe weiterer Modelle geplant.

Die sind auch dringend nötig. Denn seit drei Jahren hat Audi keine grundlegend neuen Fahrzeuge mehr auf den Markt gebracht. Während die Konkurrenten BMW und Mercedes-Benz regelmäßig Premieren feierten, wurde die Produktpalette der VW-Tochter aus Ingolstadt im Durchschnitt immer älter.

Zwar konnte Audi seinen Absatz im vergangenen Jahr um 17,4 Prozent auf 1,9 Millionen Fahrzeuge steigern. Der Abstand zur Marke Mercedes-Benz (zwei Millionen) ist nun denkbar gering.

Wenn man aber die Modellpalette und die Gewinne betrachtet, sieht der Vergleich ganz anders aus. Bei Audi heiße es nicht mehr „,Vorsprung durch Technik‘, sondern ,Rückschritt durch Nachteil‘ – und der Nachteil ergibt sich aus der Zugehörigkeit zum VW-Konzern. Volkswagen tut sich schwer mit seiner Premiummarke im Konzern“, meint Stefan Randak, Partner der Managementberatung Atreus. Er hält die Marke für eine „große Baustelle“ für VW-Chef Oliver Blume.

Tatsächlich hat Blume im vergangenen Jahr den Chef bei Audi ausgetauscht. Den selbstbewussten Markus Duesmann, einen ehemaligen BMW-Manager, ersetzte er im September durch seinen Vertrauten Gernot Döllner, bis dahin Strategiechef des VW-Konzerns und zuvor jahrelang Manager bei Porsche.

Döllner ist kein Mann für die große Bühne, wie es sein Vorgänger Duesmann war. Weder kann er sein Publikum mit Anekdoten von Motorrad-Abenteurerreisen unterhalten, wie sie Duesmann unternommen hat, noch sind von Döllner steile Thesen zum Verbrennerausstieg oder zu einem allgemeinen Tempolimit zu erwarten.

An der Strategie seines Vorgängers hält Döllner aber bisher fest. „Klar ist für uns: Anfang der 2030er-Jahre sind unsere Kundinnen und Kunden vorwiegend elektrisch unterwegs. Damit haben wir Klarheit, wo wir hinwollen“, sagte er gerade der „Automobilwoche“. Bis 2026 plane man, „noch mal eine neue Generation an Verbrenner-Modellen vorzustellen. In Europa und Nordamerika lassen wir diese voraussichtlich im Jahr 2033 auslaufen.“

Bis dahin werde Audi neben neuen E-Modellen die Verbrenner und Plug-in-Hybride frisch halten. „Das gibt uns die nötige Flexibilität, um in Märkten, in denen Verbrenner länger nachgefragt werden, bestens vorbereitet zu sein und diese Modelle, wo es nötig ist, länger anbieten zu können.“

Viele Personalentscheidungen bei Audi

Statt mit Interviews und Zeitungsporträts hat Döllner seine ersten Monate auf dem Audi-Chefposten mit teilweise umstrittenen Entscheidungen verbracht. Er hat die Produktpläne etwas entzerrt und wichtige Posten neu besetzt. Chefdesigner Marc Lichte, seit zehn Jahren auf dem Posten, ersetzt er durch Massimo Frascella, der von Jaguar Land Rover kommt.

Entwicklungsvorstand Oliver Hoffmann lobt er weg ins neu gegründete Formel-1-Geschäft von Audi, das er als Generalbevollmächtigter beaufsichtigen soll. Die Position des Entwicklungschefs ist bei Audi seit 2012 ein Schleudersitz. So lange wie Hoffmann konnte sich seitdem keiner seiner Vorgänger halten – es waren drei Jahre. Nun übernimmt Döllner den Posten gleichzeitig neben seinem Job als Vorstandschef. So hatte es auch Duesmann am Anfang gehalten.

Die Aufräumarbeiten hält Frank Schwope, Lehrbeauftragter für Automobilwirtschaft FHM Hannover, für dringend notwendig. Döllner müsse außerdem „Innovationen beziehungsweise neue Modelle fördern, um nicht den Anschluss an Mercedes und BMW und an die neuen chinesischen Konkurrenten zu verlieren“, sagt Schwope. Und der Konzern müsse „das Milliardengrab Cariad dringend in den Griff bekommen“.

Die Ursache für den verspäteten Anlauf von Macan und Q6 e-tron waren die massiven Probleme beim Aufbau dieser VW-Softwaretochter. Die daraus folgenden Modellverschiebungen hält Schwope für inakzeptabel. Sie „zeigen den dramatischen Rückstand zu chinesischen aber auch manch europäischem Hersteller auf“, meint er.

Mit dem Q6 e-tron und den folgenden PPE-Fahrzeugen will man im VW-Konzern nun zeigen, dass die eigenen Premiummarken auch vorne mitfahren können. Batterie, Antrieb, Software sind komplett neu entwickelt und deutlich verbessert im Vergleich zur ersten Elektro-Generation von Audi, die heute Q8 e-tron heißt.

Der neue Elektro-SUV, der im Sommer in den Handel kommen soll, bringt es laut Hersteller auf eine Reichweite von bis zu 625 Kilometern mit einer Ladung. Binnen zehn Minuten soll genug Strom für die nächsten 255 Kilometern in der Batterie sein. Bei 285 Kilowatt Leistung (387 PS) soll der schwere Wagen nur 19,4 bis 17 Kilowattstunden pro 100 Kilometer verbrauchen. Die sportlichere S-Version des Q6 bringt es laut Audi bei 380 Kilowatt (517 PS) auf einen ähnlich geringen Verbrauch von 18,4 bis 17,5 Kilowattstunden. Die Höchstgeschwindigkeiten betragen 210 oder 230 Kilometer pro Stunde. Kosten werden die beiden Varianten mindestens 74.700 Euro, beziehungsweise 93.800 Euro.

Die Software des Fahrzeugs basiert nun auf dem Basissystem Android Automotive OS, fünf zentrale Computer steuern alle wesentlichen Funktionen. Wie von Cariad versprochen kommt ein App-Store an Bord, mit dem zu Beginn unter anderem Programme für Video, Navigation, Musik, Nachrichten und Computerspiele enthalten sind. Die Beifahrer bekommen ein eigenes Display und können während der Fahrt Filme sehen, ohne den Fahrer damit abzulenken.

Der Sprachassistent an Bord soll sich im Laufe der Zeit auf die Vorlieben seines Nutzers einstellen. Auch einen Fahrassistenten hat Audi dank der neuen Technologieplattform an Bord. Komplett das Steuer übernehmen, so wie bei BMW und Mercedes, kann der aber noch nicht.

TOP STORIES

Top List in the World