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Der Renault 5-Cup wird 50: Drunter und Drüber

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Das erste April-Wochenende 1974 gilt als eines der Denkwürdigsten in der Historie des Motodroms von Hockenheim. Was vor einem halben Jahrhundert am 6. und 7. April vor prall gefüllten Zuschauerrängen mit einem eher unglücklichen Premiere-Rennen begann, entwickelte sich in kürzester Zeit zum attraktiven Publikums-Hit.

Gleich reihenweise kippten damals die schwachbrüstigen Fünfer um oder produzierten haarsträubende Überschläge. Bis zur Modellablösung 1991 durch den Clio lagen die Renault 5-Cup-Rennen in der Gunst der Zuschauer ganz weit vorne. Ein Zeitzeuge erinnert an die Anfänge und die ersten wilden Jahre.

Dabei gestaltete sich die Premiere am ersten April-Wochenende 1974 ziemlich desaströs. Überliefert ist die flehentliche Bitte des sonst so gelassenen und sportbegeisterten Renault PR-Direktors Georg Heinz Hommen an seinen Sportchef Rolf Schmidt: «Aufhören, sofort aufhören! So lassen Sie doch endlich abwinken!» soll der PR-Mann schon nach wenigen Runden entnervt gefordert haben.

Denn vor aller Augen und einer johlenden Zuschauerkulisse kullerten die ansonsten braven Autos vom Typ Renault 5 TL im Infield des Motodroms gleich reihenweise aufs Dach. Verletzte gab es glücklicherweise nicht. Das Szenario ließ Hommen um das Marken-Image des deutschen Renault-Ablegers fürchten.

Als das denkwürdige Spektakel nach der vollen 10-Runden-Distanz endlich abgewinkt wurde, zählte man ein rundes Dutzend Totalschäden und ehrte einen Sieger namens Harald Grohs (27) aus Essen. Seine Freude wurde aber gleich getrübt, denn statt einer Gratulation verabreichte ihm der knapp besiegte Schwaben Wolfgang Schütz zur Begrüßung erst mal eine Ohrfeige. Denn Kollege Schütz sah sich durch die rüde Fahrweise seines Konkurrenten um den Sieg betrogen.

Nachdem Hommen das Desaster auch noch vor laufenden TV-Kameras erklären musste, verließ er verstört und schnellen Schrittes den Ort der Schmach. Sein Sportchef Rolf Schmidt begab sich noch am selben Abend sicherheitshalber erst mal außer Landes in einen Kurzurlaub.

Das alles spielte sich vor geschätzten 80.000 Zuschauern im Vorprogramm eines Formel 2-EM-Laufs ab. Kein Mensch hätte geglaubt, dass dem misslungenen Einstand eine so wundersame Erfolgsgeschichte folgen sollte. Innerhalb kürzester Zeit avancierten die Cup-Rennen der schwachbrüstigen Fünfer mit ihren anfangs knapp 55 PS zur Tages-Attraktion jener Veranstaltungen, bei denen sie im Rahmenprogramm starteten.

Schnell war die Hockenheim-Blamage vergessen und eine Nachbesserung in Sachen Reifen und Fahrwerk behob auch rasch die anfangs fatale Kippneigung.

Harald Grohs, seinerzeit der einzige Mann mit etwas Rennerfahrung im großen Anfängerfeld, hatte für die Vielzahl der umgekippten Fünfer eine ebenso einfache wie plausible Erklärung parat: «Die Jungs haben sich alle an mir orientiert und dabei nicht gemerkt, wo die normale Seitenneigung aufhört und die Kippgrenze beginnt.»

Die ängstlichen Reaktionen der verschreckten Ziehväter und Paten (Hommen: «Das war ein furchtbarer Schock für uns, und keiner hat geglaubt, dass es ein zweites Rennen geben würde») waren freilich völlig unbegründet. Denn statt der erwarteten Negativ-Abstrahlung fürs Produkt entpuppte sich das Chaos-Rennen von Hockenheim als Sternstunde für eine der weltweit erfolgreichsten Markenpokal-Rennserien.

Obwohl Auftaktsieger Harald Grohs von den insgesamt zehn Rennen deren sechs im Laufe des Jahres gewann, aber auch ein paarmal ausfiel, reichte es nicht zum ersten Titel. Den holte sich mit nur einem Saison-Sieg Wolfgang Schütz, der regelmäßig punktete und ohne Ausfälle blieb.

Eben jener schlitzohrige Schwabe, der gegenüber seinem Widerpart Grohs gleich zu Beginn handgreiflich wurde. Überhaupt Schütz, ein an Cleverness kaum zu überbietender Bursche. «Der fuhr doch tatsächlich ein Modell mit einem Faltschiebedach aus Stoff», so Cup-Techniker Wolfgang Weißhaupt. «Wir haben das anfangs gar nicht gemerkt, weil uns sowas völlig ausgeschlossen erschien.»

Immerhin kassierte Schütz, der sich seinen Fünfer vom Schrottplatz («es stand ja nirgends, dass man das Auto neu kaufen musste») für ein paar hundert D-Mark gekauft und selbst nach Regelwerk aufgebaut hatte, am Saisonende als Cup-Sieger runde 15.000 Mark. Dem stand ein vergleichsweise geringer Kostenaufwand gegenüber und das Sieger-Auto verscherbelte er obendrein auch nochmal mit kräftigem Gewinn.

Schon zwei Jahre später vergab die deutsche Sporthoheit ONS unter dem Namen «ONS Renault 5 elf Pokal» ein offizielles Meisterschafts-Prädikat. Der Zusatz «elf» stand für den gleichnamigen französischen Mineralölkonzern, der als Generalsponsor eingebunden war.

In sechs weiteren europäischen Ländern gab es nun ebenfalls Renault 5-Cups, 1976 waren es bereits neun Nationen, in denen mit einem Gesamtfahrzeugbestand von rund 700 Renault 5 eigene Landesmeisterschaften ausgetragen wurden. Dazu kam eine hochdotierte Europa-Serie, deren Wertungsläufe von den stärksten Cup-Nationen ausgerichtet wurden.

Startberechtigt waren die jeweils Besten der laufenden Landes-Championate. Gerade bei den Europa Cup-Rennen im Rahmen der Formel 1-Rennen ging es zwischen den Piloten der rivalisierenden Nationen Italien, Frankreich und Deutschland oft ziemlich wüst zu.

Derweil ging der Renault 5-Boom ungebrochen weiter, allein in Deutschland gab es bis zu 100 Teilnehmer pro Jahr. Mehrmals mussten die Startfelder in zwei Hälften (Regionen Nord und Süd) zu je 50 Autos geteilt werden. Nach je acht Vorläufen pro Region wurden die 25 Punktbesten aus beiden Vorlaufgruppen zu vier Finalrennen mit 50 Startern um die Titelentscheidung zusammengeführt.

Von der Anfangs-Idee der Cup-Ziehväter Hommen und Schmidt, beide sind inzwischen leider verstorben, fiel im Lauf der Jahre zumindest ein Aspekt der schleichenden Inflation zum Opfer. «Wir wollten damals beweisen», so Schmidt, «dass man auch mit einem Einsatz von knapp unter 10.000 Mark durchaus guten Rennsport betreiben kann.»

Dar erste komplett rennfertige R5 TL mit 55 PS, Schiebestockschaltung im Armaturenbrett, Überrollbügel und Schalensitz kostete seinerzeit rennfertig ganze 9.950 D-Mark ab Werk in Köln-Brühl, das sind nach heutiger Währung etwas mehr als 5.000 Euro.

Doch schon bald war es vorbei mit dem Preisknüller von 10.000 D-Mark. Die Cup-Fünfer wurden stärker, schneller und teurer. Weitere Modelwechsel sorgten auch danach für immer neue Preissprünge und nach rund zehn Jahren musste man schon das Doppelte hinblättern. Und für den «dicken» R5 Turbo 2 im Europacup (1981–1984) waren dann schon an die 40.000 D-Mark fällig.

Dafür stieg im Gleichschritt auch das Preisgeld schrittweise bis auf rund 300.000 D-Mark Gesamtdotierung pro Jahr. Und die EM-Läufe im Rahmen der Formel 1-WM waren überdies nochmals mit extra hohen Prämien ausgestattet, wahrscheinlich waren die EM-Rennen auch deshalb von gnadenlosen Prestigeduellen der stärksten Nationen gekennzeichnet.

Um die Popularität speziell der deutschen R5-Cupserie über so lange Zeit zu konservieren, bedurfte es freilich auch einer strammen Führung des Renault-Sportmanagements. Dazu gehörte neben professioneller Organisation vor allem die Wahrung der technischen Chancengleichheit. Die wollte Renault von Anfang sichergestellt wissen, denn schließlich war das einer der Hauptgründe für viele Einstiegs-Entscheidungen junger und noch unbedarfter Rennfahrer.

Diesbezüglich war der deutsche Renault-Sportchef Rolf Schmidt mit seinem Assistenten-Trio Wolfgang Weishaupt (heute 79), Gerd Gentsch (88) und Ersatzteilemann Horst Tönges (2003 verstorben) ebenso berühmt wie berüchtigt. Es galt die Regel «Erlaubt ist nur, was nicht verboten ist.» Und genau bei diesem Passus begann das Unheil …

«Wir mussten ständig nachbessern und neue Dinge verbieten, es war ein permanenter Kampf mit den findigsten R5-Köpfen», so erinnert sich Techniker Weishaupt. «Mal haben wir sie erwischt, mal haben sie uns geleimt.» Noch schwieriger wurde das Überführen der versiertesten Trickser im Europa-Cup.

Vor allem Italienern, Holländern und Franzosen auf die Schliche zu kommen, erforderten manchmal schon kriminalistische Fähigkeiten. «Die ließen rein gar nichts anbrennen», so der einst dafür zuständige oberste Regelwächter Daniel Charles vom Stammhaus in Paris. Und doch gab es wohl immer noch genügend Möglichkeiten, die Renault-Techniker dauerhaft zu überlisten und nicht geschnappt zu werden.

Das zumindest erzählen sich die alten Cup-Fahrensmänner noch heute feixend, wenn sie sich gelegentlich treffen und ihre Schandtaten von damals genüsslich ausbreiten. Wie übrigens jetzt gerade am 6. April bei der Techno Classica in Essen, wo es große Wiedersehensfreude vor allem jener Teilnehmer aus dem ersten Cup-Jahr 1974 gab.

Eingeladen zu diesem Klassentreffen hatte mit dem heute 74 Jahre alten Duisburger Robert Lünsmann übrigens jener R5-Pilot, der auch auf spezielle Art Cup-Geschichte geschrieben hat. Er vergaß an der Schikane vor Start und Ziel das Bremsen und flog mit seinem Fünfer im Mai 1983 in hohem Bogen bis ins Industrie-Fahrerlager …

Die Grauzone zwischen gerade noch regelkonform und verlassenem Pfad des offiziell Erlaubten umfasste alles, was Vorteile in einem Feld theoretisch gleichstarker (oder schwacher) Autos brachte.

Zu den beliebtesten Übungen zählten bis zum jeweiligen Verbot: Stillgelegte Lichtmaschinen, geschickt manipulierte Zündspulen, ausgehängte Tachowellen, Tricksereien mit Benzin und Bodenfreiheit, abgedrehtes und chemisch bearbeitetes Reifenprofil, überlackierte Fremd-Stoßdämpfer und vieles mehr.

Um den ganzen Beschiss zu kaschieren, wurde nach Abwinken in der jeweiligen Auslaufrunde mal eben kurz angehalten und mit schnellen Handgriffen alles in Ordnung gebracht, was vorher manipuliert wurde.

Weniger technisch begabte Herrschaften platzierten sogar ihre Mechaniker an gewissen Punkten der Strecke, damit sie Hand anlegten. Irgendwann wurde auch das Anhalten in der Auslaufrunde bei Androhung der Disqualifikation verboten.

Und dann war da noch das ebenso ergebnisverzerrende wie brandgefährliche «Schieben». Wenn sich zwei und mehr Autos Stoßstange an Stoßstange bei Vollgas auf den Geraden zu einem «Schiebezug» formierten und den so entstandenen Super-Windschatten in mehr Drehzahl und Topspeed nutzten, war jeder Einzelfahrer chancenlos.

So ein optimal formierter Schiebezug war mal locker um 10 km/h und mehr schneller als jeder Einzelfahrer. Zwar wurde auch diese Praxis bald verboten, aber keiner hielt sich dran. Zumindest wo keine Kamera stand und kein Sportkommissar Einblick hatte, wurde munter weiter geschoben was das Zeug hielt.

Mit dem Einzug der Turbo-Technik im R5 Cup (national ab 1982, im Europa-Cup schon ein Jahr früher) waren die versteckten Tricks noch schwerer zu enttarnen. Als die wohl frechste Betrugsmasche ist das Aushebeln der Ladedruckbegrenzung in die Cup-Geschichte eingegangen.

Über einen mit dem seitlichen Rad der Sitzverstellung und dem Turbolader verbundenen dünnen Draht konnte je nach Bedarf der Ladedruck erhöht und mehr Leistung abgerufen werden.

Es dauerte ziemlich lange, bis der Schwindel nur durch einen dummen Zufall aufflog. Ein Holländer war beim Aussteigen über seine eigene Drahtkonstruktion gestolpert und hatte dabei die ganze Konstruktion herausgerissen. Leider stand ein technischer Kommissar direkt daneben …

Eine der Hauptrollen beim Tricksen spielte übrigens Hans Heyer, der in seiner einzigen EM-Saison als mehrfacher Gaststarter trotz mehrfacher Kontrollen nicht erwischt wurde und am Ende den Technischen Kommissaren selbst zeigte, wo und mit was er alle eine ganze Saison lang an der Nase herumgeführt hatte.

Von 1974 bis Ende 1990 war der Renault 5 das kultige Cup-Auto hierzulande, Danach betrat der Clio die nationale Bühne, zwischendurch auch mal für ein paar Jahre der Megane. Das waren dann aber schon die Zeiten nach dem Fünfer, in denen es weit weniger zum Wundern und Schmunzeln gab. Weshalb hier auch der Rückblick enden soll.

Denn die mit Abstand schönsten und ereignisreichsten Jahre erlebte der Cup national wie international mit dem Renault 5 und seinen schillernden Typen als Hauptdarsteller.

Aus dieser Zeit stammen auch die besten Geschichten und Anekdoten. Von eben diesen soll in einer speziellen Serie von bebilderten Kurz-Episoden die Rede sein, die SPEEDWEEK.com-Autor Rainer Braun über das laufende Jahr 2024 verteilt in unregelmäßigen Abständen an dieser Stelle veröffentlichen wird. Geplant sind zehn Folgen, beginnend im Mai.

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