Vor 35 Jahren kam die erste Generation des Mazda MX-5 auf den Markt und wurde sofort zur Sensation. Anders als die meisten Mitbewerber wird der kleine Roadster bis heute gebaut. Wir blicken zurück auf seine Anfänge – und schauen auf die Modellpflege, die ihn fit für die nächsten Lebensjahre macht. Es gibt aber auch eine schlechte Nachricht für MX-5-Fans.
Den wollten damals alle haben – unbedingt: Als Mazda auf der Chicago Motor Show des Jahres 1989 mit einem kleinen Roadster überraschte, brach ein regelrechter Hype aus. Händler wurden mit Blindbestellungen überschüttet, Väter bettelten um die Zuteilung eines der raren Exemplare für ihre Töchter. Denn einfach war das offene Spielmobil ganz und gar nicht zu bekommen. Mazda hatte die Nachfrage hoffnungslos unterschätzt und zunächst nur eine Mini-Auflage von 5000 Einheiten geplant, von der Europa gerade einmal 500 Fahrzeuge abbekommen sollte. Doch selbst die schnell aufgestockte Produktion reichte nicht aus: Das Deutschland-Kontingent war schon nach drei Tagen restlos ausverkauft.
Triumph der Unvernunft
Der MX-5 (oder Miata, wie er in den USA heiß) traf einen Nerv – und fuhr geradewegs in ein verwaistes Marktsegment. Roadster galten als Relikte aus vergangenen Zeiten. Zu risikobehaftet erschienen sie den Sicherheitsexperten, zu unpraktisch und viel zu teuer den Autokäufern. Um so wagemutiger war der Vorschlag, den der amerikanische Journalist Bob Hall anno 1979 dem damaligen Mazda-Entwicklungschef Kenichi Yamamoto unterbreitete. Der hatte wissen wollen, welches besondere Auto man denn als nächstes bauen solle in Hiroshima. Und Hall antwortete: “Einen kleinen, leichten, bezahlbaren klassischen-britischen Wind-in-den-Haaren-Roadster”. Als der MX-5 zehn Jahre später tatsächlich Realität wurde, entsprach er erstens den gängigen Sicherheitsstandards und war zweitens so eingepreist, dass sich ein breites Publikum die Unvernunft eines jenseits aller Alltagstauglichkeit angesiedelten Spaßmobils leisten konnte: Zum Marktstart in Deutschland war der charmante Luftikus für rund 35.000 Euro zu haben.
Genial einfach
Mazda hingegen versorgt die Roadster-Fans auch weiterhin. “Wir halten am Mythos MX-5 fest”, stellt Mazda-Sprecher Jochen Münzinger klar. Pünktlich zum 35. Jubiläum bekommt die seit 2015 verkaufte vierte Generation ein Update. Kerntugenden bleiben dabei weise unangetastet. Optisch hält der 3,92 Meter kurze Japaner seiner Linie also die Treue, mit rund 1100 Kilogramm ist er noch immer (oder wieder, denn zwischenzeitlich war er schwerer) ein Federgewicht, das Antriebslayout aus Front-/Mittelmotor und Hinterradantrieb ändert sich ebenso wenig wie die unübertroffen einfache Verdeckkonstruktion, die keine elektrische Hilfe benötigt, denn es erfordert nur eine kurze Armbewegung, um die Stoffkapuze zu entriegeln und nach hinten zu falten, der Rückweg geht genauso sekundenschnell vonstatten.
Sehen wir genauer hin: Der sehr MX-5-Kundige erkennt das 2024er-Modell an dem in die LED-Frontscheinwerfer integrierten Tagfahrlicht und an den neuen LED-Blinkern, außerdem an der modifizierten Heckleuchtengrafik oder den neuen Farben, unter denen die Kombination aus “Aero Grey Metallic” und beigem Stoffverdeck unser Favorit ist. Im Innenraum gibt es zwei USB-C-Anschlüsse sowie die neue Generation des Mazda-Connect-Infotainments, das bei Navigation und Schnelligkeit zwar noch immer nicht der ganz große Wurf ist, aber in einem nun größerem 8,8-Zoll-Bildschirm wohnt und das Smartphone kabellos via Apple CarPlay beziehungsweise Android Auto einbindet. Nur die solcherart gespiegelten Inhalte gehorchen einer Touchfunktion, ansonsten muss ein Dreh-Drück-Steller bemüht werden.
Natürlich bleibt der MX-5 hoffnungslos unpraktisch, hinter die Sitze lässt sich nicht einmal eine Handtasche quetschen, nach größeren Ablagen tastet man vergebens. Es ist uns aber gelungen, zwei Trolleys plus Kleinkram im 130-Liter-Kofferräumchen unterzubringen, das reicht für ein Wochenende, mindestens. Und im Cockpit sehen sich selbst größere Personen erstaunlich unbedrängt untergebracht.
Einer muss gehen
Was die Verkaufszahlen anbelangt, hat die Zweiliter-Motorisierung mit fast 80 Prozent Anteil eindeutig die Übermacht. Schlechte Nachricht für MX-5-Fans: Just diesen beliebten Antrieb nimmt Mazda im Lauf des Jahres EU-weit aus dem Programm. Das klingt widersinnig, muss aber sein, denn im Gegensatz zum kleineren 1,5-Liter-Aggregat erfüllt das große nicht mehr die ab September geltende Schadstoffnorm Euro 6e. Bis Ende 2024, sagt Mazda, reicht das Kontingent an 184-PS-Varianten aber noch aus. Und danach? Eher inoffiziell lassen die Japaner verlauten, dass man problemlösend tätig ist, wir vermuten, dass die Abwesenheit eines stärkeren MX-5 nicht von längerer Dauer ist.
Leichter gefallen ist es Mazda, den Roadster-Klassiker an die verschärften EU-Vorschriften in Sachen Fahrassistenz anzupassen. Das Team der elektronischen Helfer umfasst jetzt unter anderem eine verbesserte Verkehrszeichenerkennung, ferner Spurhalte-, Notbrems- und Rückfahrassistent mit Bremsfunktion, außerdem Totwinkelwarner, Müdigkeitserkennung und einen Geschwindigkeitsassistenten, der pflichtschuldig schon beim leisesten Überschreiten des geltenden Tempolimits Alarm schlägt. Wen das nervt, kann das System sehr einfach über eine Mute-Taste links neben dem Lenkrad zum Schweigen bringen.
In die höheren Ausstattungsvarianten hält außerdem ein Track-Mode Einzug, bei dem das ESP – am besten nur auf der Rennstrecke ausprobieren! – erst sehr viel später eingreift als gewöhnlich. Ausschließlich dem im Abschieds-Modus befindlichen Zweiliter-Modell vorbehalten bleibt das neue asymmetrische Sperrdifferenzial an der Hinterachse, das die Schlupf-Begrenzung in Abhängigkeit von Beschleunigung oder Verzögerung variiert und so das Einlenkverhalten stabilisieren soll. Und das sogenannte KPC-System (Kinematic Posture Control) ist dazu da, gezielt am kurveninneren Rad kleine Bremseingriffe vorzunehmen und so die Fahrfreude in Kurven zu steigern.
Zackig statt zickig
So viel zur Theorie. Letztlich kommt es aber auf die Praxis an. Und da erweist sich der MX-5 als ein wunderbares und authentisches Fahrmaschinchen, begierig greift er Kurven an, um sie dann ebenso leichtfüßig wie agil zu durchtanzen, zackig, aber nicht zickig. In diesem speziellen Roadster-Fall würden wir der kurzwegig knackigen manuellen Schaltung unbedingt den Vorzug vor der Automatik geben, dass sie dem überwiegenden Teil der Modellpalette versagt bleibt, schmerzt nicht. Um entspannt durch einen warmen Sommertag zu cruisen, reicht auch der kleinere 1,5-Liter-Motor aus, wer es aber gern sportlicher angehen lassen will, sollte vielleicht doch versuchen, sich noch einen Zweiliter zu sichern, der spürbar mehr Punch und einen energischeren Drehwillen entwickelt. Gefahren haben wir ihn übrigens mit einem Verbrauch von 6,7 Litern pro 100 km.
In Zukunft elektrisch?
Der 35. Geburtstag dürfte für den Roadster-Klassiker nicht der letzte gewesen sein. Zwar hat Mazda auf der Japan Mobility Show 2023 schon einen Ausblick auf eine alternativ angetriebene Sportwagen-Zukunft gegeben; in Tokio zeigte man das Konzept “Iconic SP” mit Elektroantrieb und einem Zweischeiben-Kreiskolbenmotor als stromproduzierendem Generator. Ob ein solches Modell zum Gefährten für den MX-5 wird oder ihn gar ablöst, steht derzeit aber noch völlig in den Sternen.
Ulla Ellmer
Mazda MX-5 in Kürze:
Wann er kommt: Ist bereits bestellbar
Wen er ins Visier nimmt: Keine unmittelbare Konkurrenz
Was ihn antreibt: 1,5-l-Vierzylinder-Benziner mit 97 kW/132 PS, 2,0-l-Benziner mit 135 kW/184 PS
Was er kostet: Ab 33.190 Euro