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Cariad: VW-Softwaresparte will die Turbulenzen hinter sich lassen

cariad: vw-softwaresparte will die turbulenzen hinter sich lassen

Ein Cariad-Vorführfahrzeug steht im Jahr 2021 auf der Automesse IAA in München.

Die CES wird mehr und mehr zu einer Automesse, und auch alle großen deutschen Hersteller sind in Las Vegas vertreten. Volkswagen hat sein kommendes neues Elektroauto ID.7 vorgestellt, wenn auch noch in einer getarnten Version. Daneben hat der Konzern aber noch eine andere Premiere, denn zum ersten Mal hat auch seine Softwaresparte Cariad einen eigenen Stand.

Deren Vorstandschef Dirk Hilgenberg hält es für wichtig, hier Flagge zu zeigen. Einerseits, weil Kerngebiete von Cariad wie autonome Fahrtechnologien und Digitalisierung auch große Messethemen seien, anderseits, um sich in den USA als Arbeitgeber ins Gespräch bringen und „am Talentpool andocken“ zu können, wie er es gegenüber der F.A.Z. formuliert.

Cariad hat derzeit 5500 Beschäftigte und will in diesem Jahr 1700 weitere Mitarbeiter rekrutieren. Für die beiden amerikanischen Standorte in Seattle und im Silicon Valley wurde zunächst noch Personal vom Mutterkonzern abgezogen, aber die Belegschaft soll weiter wachsen. Und dabei will Hilgenberg offenbar auch ausnutzen, dass viele amerikanische Tech-Unternehmen derzeit Stellen streichen. „Das ist natürlich jetzt eine Supergelegenheit, Menschen zu kriegen, die aus dem Softwarekerngeschäft kommen.“

Vorsichtige Töne statt kühner Pläne

So expansionsfreudig Cariad in diesen Tagen ist: Die Sparte hat ein turbulentes Jahr hinter sich. Sie geriet mit der parallelen Arbeit an zwei Softwaregenerationen ins Straucheln, was die Modellplanung im gesamten Konzern durcheinanderbrachte. Diese Schwierigkeiten gelten als maßgeblicher Grund, warum Herbert Diess den Vorstandsvorsitz räumen musste und mit Oliver Blume ersetzt wurde.

Unter Diess hatte Cariad kühne Ziele ausgegeben und sich zum Beispiel vorgenommen, bis zum Jahr 2025 seine Auto-Software zu mehr als 60 Prozent im eigenen Haus zu entwickeln, was einer Vervielfachung entsprochen hätte.

Hilgenberg schlägt heute deutlich vorsichtigere Töne und sagt, eine solche generelle Zielgröße für die Eigenleistung an der Softwareentwicklung gebe es mittlerweile nicht mehr. Er sagt, er selbst habe die 60-Prozent-Marke auch nie als starres Ziel empfunden, sondern eher als Botschaft, um eine Richtung vorzugeben.

VW habe ein Signal für die „Ernsthaftigkeit der Transformation“ geben wollen, weg vom früheren Eigenanteil von 5 bis 15 Prozent, mit dem sich das Unternehmen weitgehend auf eine koordinierende Rolle beschränkt habe. Heute gehe es darum, sich die verschiedenen „Stellhebel“ von Software anzusehen und dann zu entscheiden, wo viel Eigenleistung wichtig sei und wo nicht.

Partnerschaften und Akquisitionen

Landkartenangebote zum Beispiel würden weniger als Differenzierungskriterium eingestuft, weshalb hier Partnerschaften ausreichten. Anders sei es bei Spracherkennung im Auto. Auf diesem Gebiet hat Cariad vor wenigen Wochen die Akquisition des deutschen Unternehmens Paragon Semvox angekündigt.

Cariad hält sich heute nicht nur mit vollmundigen Zielen zurück, sondern hat sich unter Blume als neuem Konzernchef auch davon verabschiedet, die Entwicklung zweier Softwaregenerationen nebeneinander zu forcieren. Nun liegt der Schwerpunkt auf der Version 1.2, die für Premiummodelle des Konzerns entwickelt wird.

Das System 2.0, das einst für das Jahr 2025 als „ultimativer Game-Changer“ angekündigt wurde und autonome Fahrtechnologien integrieren soll, wurde dagegen erst einmal hintangestellt.

Hilgenberg sagt, es gehe nun um eine „evolutionäre“ statt einer parallelen Weiterentwicklung der Software. Er gibt zu, das sei eine Kompromisslösung gewesen, aber letztlich für Cariad eine „sehr, sehr gute Nachricht“, weil die Sparte nun eine eindeutige Marschrichtung habe. Von Blume gebe es klare Ansagen, was in welchem Zeitrahmen von Cariad erwartet werde, was die Zusammenarbeit mit ihm „fantastisch“ mache. Dabei legt Hilgenberg die Messlatte auch für sich selbst hoch: „2023 ist eindeutig das Jahr des Lieferns.“

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