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BMW mit Bebraer Handschrift: Projektleiter beim Prototyp iX5 Hydrogen stammt aus der Region

Porträt

BMW mit Bebraer Handschrift: Projektleiter beim Prototyp iX5 Hydrogen stammt aus der Region

Robert Halas stammt aus Bebra und ist Projektleiter beim Prototyp iX5 Hydrogen. BMW sieht im Brennstoffzellen-Auto einen Antrieb der Zukunft und hat eine Pilotflotte gebaut.

Bebra – Der Projektleiter drückt das Gaspedal durch und sein Fahrzeug schießt nach vorn – nicht mit lautem Brüllen, aber mit mächtig Druck. „Wie Sie hören, hören Sie nichts“, sagt Robert Halas trocken und beschleunigt auf der B 27 von der 1500-Einwohner-Gemeinde Cornberg in Richtung Bebra – vorbei an einem Traktorfahrer, der etwas verdutzt wirkt, dass die Bundesstraße kurzzeitig zur Teststrecke für den auffällig folierten iX5 Hydrogen wird.

BMW beschäftigt sich schon über 40 Jahre lang mit Wasserstoffantrieben. Im Brennstoffzellen-Auto sieht der Konzern einen weiteren alternativen emissionsfreien Antrieb der Zukunft. Zu Demonstrations- und Erprobungszwecken ist dazu eine Pilotflotte des Fahrzeugs gebaut worden. Robert Halas hat den SUV federführend mitgestaltet: „Der iX5 Hydrogen trägt meine Handschrift“, sagt der 60-Jährige.

Bebraner Halas: „Ein Beruf bei der Bahn hat mich nie interessiert“

Wie kommt ein Kind der Eisenbahnerstadt Bebra zum Autobauer BMW in München? Noch dazu mit einem Vater, der Lokführer bei der Bahn gewesen ist und eine Leidenschaft für Modelleisenbahnen entwickelte, die sich über einen großen Teil des Dachbodens des Elternhauses erstreckte. „Ein Beruf bei der Bahn hat mich nie interessiert. Meine Mutter hat gesagt, mein erstes gut verständliches Wort war Auto. Die Leidenschaft war also schon immer da“, sagt Robert Halas mit einem Lachen. Besonders von Prototypen ist er begeistert, er lebe seinen Traumberuf, sagt er schlicht.

bmw mit bebraer handschrift: projektleiter beim prototyp ix5 hydrogen stammt aus der region

Nach Beendigung seiner Projektaufgabe bei BMW widmet er sich seinen privaten beruflichen Tätigkeiten: Robert Halas mit dem Auto, das seine Handschrift trägt, beim Besuch in seiner alten Heimat Bebra am Wassersturm.

Halas ist in Bebras Göttinger Bogen aufgewachsen, Abitur macht er an der Jakob-Grimm-Schule in Rotenburg und studiert nach der Bundeswehr Maschinenbau mit Schwerpunkt Fahrzeugtechnik in Darmstadt. 1990 steigt er ins Berufsleben ein. In der Entwicklung von Audi testet er Prototypen, bevor er zum französischen Autozulieferer Faurecia wechselt. 2001 zieht es ihn zu BMW, wo er für die Entwicklung von Serienfahrzeugen für die 5er-, 6er- und 7er-Reihe zuständig ist. 2011 beginnt er in der Abteilung Forschung, Innovation und Vorentwicklung im Wasserstoffprojekt. 2017 nimmt die Entwicklung des iX5 Hydrogen Fahrt auf, Halas wird Projektleiter.

„Freude am Fahren“ ist die größte Herausforderung

Eine normale Fahrzeugentwicklung dauere vier bis fünf Jahre, erklärt Robert Halas. Doch dieser Wasserstoffantrieb im iX5 Hydrogen wurde von BMW komplett neu entwickelt, trotz Synergien mit Elektrofahrzeugen: „In dieser Kombination haben wir noch nie Autos gebaut. Es ist mit Sicherheit das komplexeste Projekt meiner Laufbahn.“ Was ist die größte Herausforderung? „Freude am Fahren“, sagt der Projektleiter knapp. Es ist der Konzernslogan und der Anspruch in München. Fahrverhalten und Leistung müssen BMW-Standards genügen, auch wenn der Antrieb ein anderer ist. Gebaut habe das Team daher die „aktuell stärkste Brennstoffzelle im Autosektor im Vergleich mit anderen Anbietern am Markt“. Der iX5 Hydrogen könnte Ende der Dekade in Serie gehen, heißt es vom Konzern.

Stichwort: Brennstoffzellen-Auto

Die Elektrofahrzeuge sind mit einer Brennstoffzelle samt Wasserstofftank ausgestattet. Der Strom wird während der Fahrt erzeugt: Wasserstoff und Luftsauerstoff reagieren und werden zu Wasser, dabei entsteht Wärme und elektrische Energie, die den Motor antreibt. Eine kleine Leistungsbatterie dient zur zusätzlichen Beschleunigung und als Puffer für die Energiegewinnung beim Bremsen. Das Auto selbst läuft emissionsfrei. Klimafreundlich ist das aber nur, wenn der Wasserstoff auch so hergestellt wird. Zudem gibt es derzeit nur wenige und teure Modelle am Markt, das Tankstellennetz ist dünn – in Deutschland sollen es laut ADAC rund 100 öffentliche Zapfanlagen sein. Die ersten Serienfahrzeuge produzierten Hyundai (SUV „Nexo“) und Toyota (Limousine „Mirai“). Mercedes hat den in Kleinserie hergestellten GLC F-Cell bereits 2020 wieder vom Markt genommen.

Drei- bis viermal im Jahr verschlägt es den 60-Jährigen zu Besuchen bei der Verwandtschaft und Freunden in die Region. Bei der Fahrt aus dem Süden nach Nordhessen schafft er rund 500 Kilometer, bevor er tanken muss. Sicherheitshalber hat er diesmal in Erfurt noch einen Stopp eingelegt, weil für die Wasserstoff-Tankstelle am Kirchheimer Dreieck „außer Betrieb“ in seiner Zapfsäulen-App stand.

Die Besuche in seiner alten Heimat nutzt Halas auch gleich dazu, um Daten zu sammeln. Sein Fahrzeug ist mit zahlreichen Messgeräten ausgestattet, die in Echtzeit zurück in die Zentrale senden. Auch von unterwegs kann er die Ergebnisse auswerten. Gerade schickt er Datenpakete aus Gilfershausen. Der iX5 Hydrogen gleitet über die Landstraße, mit einem Blick auf den Sportplatz, der gern auch mal von Wildschweinen umgegraben wird, sagt der Fahrer: „Ich glaube, hier habe ich in der Jugend mal Fußball gespielt“. Damals kickt er sich mit dem 1. FV Bebra im offensiven Mittelfeld bis zur Landesliga.

Auch unter Extrembedingungen testet der Projektleiter das Fahrzeug selbst

Getestet wurde das Brennstoffzellen-Auto nicht nur bei nordhessischem Schmuddelwetter, sondern auch bei Schnee und Eis in Schweden, den Alpen und in der Hitze von Dubai und Tokio. Auch unter Extrembedingungen fährt der Projektleiter bei diesen Testfahrten durchaus selbst. „Meine Frau würde sagen: Gut, dass er älter geworden ist“, sagt Robert Halas lachend über seinen Fahrstil. Er könne sich aber anpassen, versichert er.

bmw mit bebraer handschrift: projektleiter beim prototyp ix5 hydrogen stammt aus der region

Projektleiter Robert Halas in seinem iX5-Modell auf den winterlichen Teststrecken im schwedischen Arjeplog.

Durch den Göttinger Bogen geht es zurück in die Bebraer Innenstadt. In der ehemaligen Eisenbahnersiedlung sei es einst lebendig zugegangen: „Das war damals schon multikulti und sehr spannend hier, heute hat sich die Stadt deutlich verändert“, urteilt der 60-Jährige. Für den Fahrzeugbauer stand früh fest, dass ihn sein Weg von Bebra wegführen wird.

Der BMW iX5 Hydrogen in Zahlen

Elektrische Leistung (Brennstoffzelle): 170 PS

Elektrische Leistung (Gesamt): 400 PS

Reichweite: rund 500 Kilometer

Höchstgeschwindigkeit: 185 Stundenkilometer

Beschleunigung (0-100 km/h): unter sechs Sekunden

Leergewicht: 2450 Kilogramm

Kapazität Wasserstofftank: sechs Kilogramm (gasförmig)

Tanken: unter fünf Minuten

Wie seine Autos ist Robert Halas offenbar dafür gemacht, um unterwegs zu sein. Der Job in München im Wasserstoffprojekt ist der erste, bei dem er länger als drei Jahre dabeibleibt. „Es ist meine letzte Aufgabe bei BMW“, sagt er dennoch über die Entwicklung des iX5 Hydrogen. „Wenn meine Projektleitertätigkeit abgeschlossen und alles erlebt ist, wird es Zeit für den neuen Lebensabschnitt.“. Dann will er sich mehr auf seinen Nebenjob als zertifizierter Business-Coach konzentrieren. Bestimmt bleibt auch etwas mehr Zeit für die gemeinsamen Hobbys mit der Ehefrau: Im Sommer sind sie gerne auf dem Motorrad und dem Fahrrad unterwegs, im Winter geht es zum Langlauf. In beiden Fällen sicher stets dabei: die Freude am Fahren. (Clemens Herwig)

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