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BMW M5 (2024) schon im Test: Plug-in-Hybrid als Spielverderber?

Der M5-Prototyp hat einen Antrieb der Bock macht, kann sein Gewicht aber nicht verhehlen

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Mei, sie tun sich halt doch ein bissl schwer damit. Also im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn man sie fragt, die Ingenieure der M GmbH, dann schwingt da bei allem Optimismus schon ein wenig „es ging halt nicht anders“ mit. Die Rede ist natürlich vom Gewicht. Der neue BMW M5 ist der stärkste BMW M5, den es je gab. Mit Abstand. Also wir reden hier von 92 PS und 250 Nm stärker als bisher.

Aber worüber alle sich das Maul zerreißen, ist fast ausschließlich, dass er sich im Übergang von Generation 6 zu Generation 7 eine beispiellose Wampe angefressen hat.
Und es stimmt natürlich. Ich hatte es ja bereits in der Vorstellung des Neuen adressiert: 500 Kilo mehr zeigt die Waage jetzt an. Das mag man auf den ersten Blick gar nicht so recht glauben, aber es ist halt der neue Plug-in-Hybrid-Antrieb mitsamt E-Motor und 22,1 kWh großer Batterie, der da seine Wurstfinger im Spiel hat.

Warum man sich das antut? Weil der Neue dank immer rigoroserer Vorgaben aus Brüssel die 625 PS des Alten nicht mehr erreicht hätte. Also zumindest nicht rein mit Verbrenner. Und auch wenn die Verfechter der reinen Lehre sagen „Ja und, ist doch egal, dann macht ihn leichter und noch agiler“, dann klingt das vernünftig, aber es ist leider einfach überhaupt nicht, wie der Markt funktioniert. Denn einen Sportwagen, der weniger Leistung hat als sein Vorgänger, denn will in aller Regel keiner haben. Zumindest keiner, der ihn sich auch wirklich leisten kann.

Jetzt war der M5 ja immer sowas wie die feine Klinge unter den Performance-Limousinen. Der mit dem ausgeprägtesten Fahrdynamik-Talent, der mit dem geilsten und spielerischsten Handling. Es fällt schwer, zu glauben, dass sowas mit einem Leergewicht von 2.435 Kilogramm noch möglich ist. Also wenn, dann schaffen es am ehesten noch die Damen und Herren Entwickler aus Garching, aber wie gesagt, Zweifel sind vorhanden.

Um der schreibenden und filmenden Zunft selbige zu nehmen, lud BMW vor der Premiere zum Prototypen-Test auf den Salzburgring. Das ist durchaus bemerkenswert, denn der Ösi-Kurs, der gefühlt aus drei Kurven besteht, hat neben sehr viel Gerade, wo das Auto seine 727 PS und 1.000 Nm mit Nachdruck in die Köpfe und Mägen der Journalisten pressen kann, eben auch zwei sehr langgezogene Kurven, die Gewicht grausamer aufdecken als ein quergestreifter Badeanzug.

Bildergalerie: BMW M5 (2024) PreDrive

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M-Entwicklungschef Dirk Häcker gesteht dann auch, dass wir es hier weniger mit einem ausgewiesenen Tracktool als viel mehr mit einem sehr souveränen und extrem leistungsstarken Reiseauto zu tun haben.

Sekunden später rolle ich flüsterleise, weil rein elektrisch aus der Boxengasse und Häcker im M3 CS vor mir geht gleich in die Vollen. Also ratzfatz über die berühmten roten Lenkrad-Tasten in den neuen Dynamic-Modus geklickt, damit der Boss nicht gleich auf und davon ist mit seinem CS. Und in Sekundenbruchteilen wird die heilige Ruhe zum absolut unheiligen Sturm.

Dabei schaltet sich der 4,4-Liter-V8 tatsächlich in einem Geschwindigkeits-Geschmeidigkeits-Mix zu, der schwer beeindruckt. Häcker betont, das Ziel sei gewesen, die beiden Motoren im dynamischen Betrieb als absolute Einheit wahrzunehmen. Das ist in diesem abgeklebten Testträger auf jeden Fall geglückt.

So ansatzlos der 585-PS-Verbrenner ins elektrische Vorspiel reingrätscht, so wild schiebt die neue Zweier-Kombo den ersten elektrisierten M5 nach vorne. Kurz zur Erläuterung: Der optionale Dynamic-Mode schärft Kühlung und Antriebskomponenten so, dass sie konstant für einen längeren Zeitraum – etwa auf einer Passstraße – hohe Leistungen abrufen. Dynamic Plus setzt dann noch einen drauf und quetscht für ein, zwei schnelle Runden alles aus dem Auto heraus, was es nur irgendwo finden kann.

Bereits in Dynamic sind Gasannahme und Vortrieb mächtig. Gleichzeitig können meine Sinne mich nicht komplett täuschen, denn ich merke schon, dass hier sehr viel Bumms noch viel mehr Auto beschleunigt. Gefühlt bewegt man eine deutlich monumentalere Version des Vorgängers. Ein riesiges Fahrzeug, das der M5 mit 5,09 Meter Länge und 1,97 Meter Breite ja einfach auch ist.

Eine Maßnahme zur virtuellen Verkleinerung des PHEV-Schlachtschiffs ist die erstmals in einem M5 verbaute Hinterradlenkung. Sie hat sicher ihren Anteil daran, dass der Einlenkimpuls durch die sehr leichte und schnelle Lenkung immens direkt, aber auch ein wenig abgekoppelt und künstlich vonstatten geht. Wie sich der G90 da so durch die enge Schikane nach Start-Ziel wedelt, das würde man ihm in dieser Hibbeligkeit gar nicht zutrauen. Da ist er dann plötzlich schon kleiner als er ist.

In langen Kurven ist er das dann leider nicht mehr. Ich gebe den Befürchtungen nur ungern Futter, aber hier lässt sich nicht wegdiskutieren, was die Waage spricht. Trotz günstiger Lage des Akkus im Unterboden, Sie kennen ja das Argument.

Das Auto fängt also irgendwann an, über die Vorderräder zu schieben, Reifen quietschen, es stemmt sich mit allem, was es hat dagegen, aber schafft es nicht ganz. Auch die irrwitzig großen Bremsen gehen immer wieder an ihre Grenzen. Willkommen in der neuen Performance-Welt? Man wird sich wohl dran gewöhnen müssen.

Dazu gehört dann immerhin auch, dass der M5 mit einer Durchschlagskraft aus der Kurve beschleunigt, die völlig Banane ist. Die Leichtigkeit (wenn man diesen Begriff hier verwenden kann) mit der er das tut, ist schlicht beeindruckend.

Inzwischen habe ich mich in Dynamic Plus geschaltet, was zur Folge hat, dass die V8-Elektro-Getriebe-Kombo jegliche übergebliebene Bescheidenheit hemmungslos über Bord wirft. Der Sound strafft sich (das is jetzt einfach nur geil und rechtfertigt schon allein das Festhalten am großen Aggregat) und die Gasannahme ist ultra aggressiv. In einer Art und Weise, wie es – so fair muss man sein – ohne elektrische Unterstützung nicht möglich wäre. 

Klanglich wird ins Cockpit hinein ein wenig nachgeholfen, aber es fühlt sich 2024 einfach richtig gut an, einen wütenden V8 zu hören, der wie zuletzt 7.200 Touren dreht.

Sonstige Erkenntnisse? Man sitzt ein wenig hoch. Das Ganze allerdings in großartigem Gestühl. Carbon-Schalensitze wie bei M2/M3/M4 wird es hier nicht geben, der M5-Kunde legt auf solchen Racing-Firlefanz offenbar keinen Wert. Muss er auch nicht, denn die mit dem neuen Metallic-Leder samt scharfem Schimmer-Effekt bezogenen Stühle sehen feudal aus, sind saubequem und halten trotzdem sehr gut fest. 

Inzwischen dürfen wir ja zeigen, wie das Cockpit unverkleidet aussieht

Das neue, unten abgeflachte Lenkrad des M5

Viel mehr vom Innenraum gab es in meinem Testträger noch nicht zu sehen, da waren noch zu viele Tücher und Abdeckungen über den entscheidenden Stellen. Aber inzwischen ist die Katze ja aus dem Sack und wir wissen, wie das Cockpit des G90 aussieht. Einen richtigen Gangwahlhebel gibt es nicht mehr. Dafür können Sie sich nun in unzähligen Menü-Punkten zusammenklamüsern, wie Ihr M5 Sie gerade durch die Gegend fahren soll.

Noch nie war ein M-Setup-Bildschirm mit all den Fahrdynamik-Einstellungen umfangreicher. Und dann kommt ja auch noch die Betriebsstrategie dazu. Rein elektrisch (bis 140 km/h)? Hybrid? Oder Akku halten? Es ist inzwischen hochkomplex ein Performance-Auto zu fahren. Einfach reinsetzen und los ballern ist nicht mehr. 

Und das passt dann vielleicht auch ein bisschen als erstes, sehr frühes Fazit zum neuen M5. Um die immer abstruseren Anforderungen der Behörden zu erfüllen, musste er ein hochkomplexes Fahrzeug werden, dem das Natürliche, das querdynamische Selbstverständnis der Vorgänger so ein bisschen abgeht. Aber nochmal, das waren jetzt drei Runden auf einer Rennstrecke. Ein Gesamturteil erlauben wir uns später im Jahr, wenn wir den neuen M5 länger und auf der Straße gefahren sind. 

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