Plus PS, minus Kilo, neue Reifen – spürt man den 7000 Euro teuren Performance-Aufschlag beim Audi RS 7 längs- und querdynamisch?
- Performance-Paket im Detail
- Komfort im Inneren des dicken Sportlers
- Knallharte Fakten: Beschleunigung und Bremsen
- Positiver Eindruck auf der Rundstrecke
Haben Sie schon mal Elefanten tanzen gesehen? Ich auch nicht, außer vielleicht Benjamin Blümchen, Sie wissen schon: “Törööööö”. Die grauen Riesen mit ihrem langen Rüssel sind zum schnellen Fortbewegen einfach viel zu schwer. Genauer? Ich habe mal recherchiert, die Weibchen bis zu 2,7, die Männer bis vier Tonnen. Was das alles mit dem neuen Audi RS 7 Performance zu tun hat? Ganz einfach, dieser Fünftürer gehört in der Sportscars-Szene auch zu den automobilen Elefanten, den Schwergewichten, in der Regel über zwei Tonnen und über 600 PS stark. Die Klasse von M5, Alpina B5 und E63. Bisher konnte der BMW seine Pfunde am besten kaschieren – subjektiv und Rundenzeiten auf dem Niveau eines Kompakten. Der Rest hatte mehr mit Thermik, unlustigen Allradantrieben und qualmenden Bremsen zu kämpfen. Zu letzterer Gattung gehörten bisher auch immer die beiden Brüder RS 6 und RS 7.Das soll sich nun ändern, zumindest wenn man den Entwicklern von Audi Sport glaubt. Klar, auf dem Niveau eines M5, das ist eher illusorisch, das wissen die Jungs aus Neckarsulm auch. Auf den Punkt: Audis dickste RS-Modelle hinken ihren Pendants von Mercedes-AMG und der M GmbH in letzter Zeit etwas hinterher. Und zwar sowohl aufseiten der Performance als auch der Emotionen. Und wie will man das ändern? 200 Kilo raus, 100 PS dazu, dickere Auspuffanlage, Gewindefahrwerk rein, Semislicks drauf? Nein, so radikal ist es nicht geworden, das kommt vielleicht mit einem GT-Modell 2024. Die Kur läuft unter der Ausstattungsvariante “Performance”, glatte 7000 Euro teurer als der Basis RS 7 Sportback. Wobei wir hier ja nicht über etwas bahnbrechend Neues reden. Die extra heiße Variante gibt es schon seit RS 7-Generation eins (C7), 2015, 605 statt 560 PS. Was ist im aktuellen “Tuningpaket” alles dabei? 30 PS, 50 Newtonmeter, RS Dynamikpaket mit Allradlenkung und Sportdiff, Conti-Reifen, weniger Dämmung, neues Mittendifferenzial, schnellere Schaltzeiten und mattgraue Akzente. Gar nicht mal so wenig für die Kohle. Bevor wir einsteigen und checken, ob das nicht nur Blabla ist, dröseln wir die Besonderheiten noch mal genauer auf.
Performance-Paket im Detail
Fangen wir beim anfangs erwähnten Gewicht an. Mit gemessenen 2094 Kilo hat man es zwar nicht unter die Zweitonnenmarke geschafft, dennoch ist “HN-AS 725” 41 Kilo leichter als ein zuletzt 2022 gemessener RS 7 Sportback. Die Richtung stimmt, dennoch ist das zu wenig, um aus so einen Koffer einen Sportwagen zu machen. Die Frage ist aber, wo spart man die Pfunde? Für mehr Sound im Innenraum wurde Dämmmaterial im hinteren Fahrzeugteil sowie an der Schottwand im Motorraum weggelassen. Das bringt schon mal eine Gewichtsreduktion um acht Kilogramm. Dazu kommt ein kleineres und leichteres, mechanisches Mittendifferenzial. Ordert man wie beim Testwagen das 8500 Euro teure RS Dynamikpaket plus, dann bekommt man neben einer von 280 auf 305 km/h erhöhten Vmax auch die Keramikbremsen, die 34 Kilo leichter sind als die Stahlbremsen. Legt man wie in unserem Fall weitere 4400 Euro drauf, dann wechselt man nicht nur von 21 auf 22 Zoll, sondern damit auch auf deutlich leichteres Rund. Pro Rad spart man so weitere fünf Kilo. Die Räder sind geschmiedet und zusätzlich gefräst. Und hier hat man wirklich alles weggefräst, was man nicht braucht. Übrigens: Das neue Rad kommt von Fuchs, genau die Firma, die das legendäre Porsche-911-Rad gebaut hat. Auf die Rundlinge sind die erwähnten neuen Conti SportContact 7- Pneus geschnallt. Ob das wirklich im Vergleich zu den bisherigen Pirellis und Hankooks was ausmacht, gleich mehr, wenn wir fahren. Weiter in Sachen Technik-Tuning.
Komfort im Inneren des dicken Sportlers
Eine gut funktionierende Sprachsteuerung, die üblichen Assistenzsysteme, bequeme, nach wie vor etwas zu hoch geratene Sportsitze, ein ausgeprägt sportliches Fahrwerk mit definitiv ausreichender Spreizung ins Komfortable – auf den ersten Kilometern gibt sich der Audi keinerlei Blöße. Und da ist es wieder, dieses wonnige, ansprechende Gefühl eines RS 7. Die Coupé-Limo ist sehniger Powergleiter, der sich sanft ins Drehzahltal schmiegt, geschmeidig aus der Mitte drückt und selbst dann noch die Contenance wahrt, wenn er wie im Zeitraffer über die linke Spur hagelt. Eine Melange aus Feingeist und Drecksau, wenn man so will. Die Zusatzpower spürt man jetzt nicht wirklich, dennoch ist der RS 7 Performance untenrum wacher. Die Lunte zündet aber wie eh und je erst bei rund 3500 Touren. Die Leistungsentfaltung hat sich auch kaum geändert, Feuerwerk zwischen vier und sieben. Im Getriebemodus S hängt das Auto beim Druck aufs Gas im mittleren Drehzahlbereich deutlich besser an selbigem.
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILD
Knallharte Fakten: Beschleunigung und Bremsen
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILDKommen wir zum Bremsen, in der Vergangenheit immer mal ein Problem. Audis Keramikbremsen überhitzten schnell und die Performance war auch nicht auf dem Niveau der Konkurrenz. Bei den Messungen am RS 7 Performance blieben die Stopper diesmal ohne Fehl und Tadel. Im Gegenteil, es scheint so, als ob die neuen Conti- Gummis viel besser mit der Anlage und dem ABS harmonieren als die bisherigen Pneus. Und einen Rekord gibt’s obendrauf auch noch. 100–0 in unglaublichen 29,2 Metern. Selbst die 125,7 Meter aus Tempo 200 sind rekordverdächtig. Weil wir es gerade von früheren Bremsproblemen hatten, die verhagelten auch regelmäßig die Querdynamik von RS 6 und RS 7. Nach zwei Runden kapitulierten die Stopper, was bei Topspeeds von 230 km/h nun wirklich kein lustiges Gefühl war. Einmal kam sogar ein Feuerlöscher zum Einsatz, um die Flammen an den vorderen Scheiben zu ersticken. In Sachen Sachsenring-Rundenzeiten ging es quasi immer um die erste Runde, die musste sitzen. Und die war eigentlich bisher auch nicht schlecht. Zwar rutschte der RS 7 gern zum Scheitel ins Untersteuern, schmierte jaulend von der Linie und bekam selbst mit Lastwechseln den Hintern einfach nicht mehr herum. Mehr als eine 37er Runde war nie drin, die Konkurrenten waren derweil schon in 32er Regionen vorgestoßen. Das soll diesmal alles anders sein?
Positiver Eindruck auf der Rundstrecke
Scheint so, denn ab der ersten Ecke kurvt der RS 7 Performance deutlich agiler, als was man bisher von ihm und dem RS 6 erlebt hatte. Und hierfür ist wirklich ausnahmslos das neue Performance-Paket verantwortlich, das die einstigen Schwächen, allen voran natürlich die extrem untersteuernde Vorderachse, nun effektiv auf Kurs bringt. Von einem treudoofen Liniendackel, der brav dem Lenkwinkel hinterherhechelt, ist der RS 7 zwar noch immer weit entfernt, doch zumindest lässt sich mit seiner Hinterachse nun effektiv arbeiten, anstatt ständig mit ihr herumzuringen. Vorausgesetzt, man befolgt den Hinweis der Audi-Entwickler, schraubt den Luftdruck an der Hinterachse etwas höher und nutzt anstatt Dynamic das Auto-Programm. Dieses steht übrigens nicht – wie auch wir anfangs dachten – für “Automatik”, sprich eine selbstadaptive Kennlinie in Abhängigkeit vom Fahrzustand, sondern schlicht für ein fix definiertes “Normal”-Set-up. Und in genau diesem Setup harmonieren Federn und Dämpfer schlicht perfekt! Der RS 7 Performance nickt und wankt zwar spürbar weiterhin der Fliehkraft hinterher, bewegt sich dabei aber so gelenk, dass sich wunderbar mit seinen Allradsträngen und seinem neuen Mitteldiff arbeiten lässt. Selbst Kurveneingangs hebelt er sein Heck leicht mit, dreht sauber in den Scheitel hinein und rückt sich schwungvoll aus dem Eck heraus.
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILDKaum zu glauben bei dem Gewicht und vor allem bei dem Reifengrip. Die Contis haben natürlich auch einen gewichtigen Anteil an der subjektiv deutlich schmissigeren Runde als bisher. Spätes, gefühlvolles Ankern, ein nicht störendes ABS, so macht man auch auf der Bremse ein paar Zehntel gut. Das Power-Plus des V8 kommt hier nicht groß zum Tragen, zumindest nicht spürbar. Das Getriebe fetzt dagegen die Gänge deutlich derber durch die Ritzel, zumindest beim Hochschalten. Runter könnte es etwas flotter gehen beziehungsweise die Befehle am Lenkrad eher annehmen. Der RS 7 Performance düpiert seine Vorfahren und den RS 6 kurvenein- wie -ausgangs, bleibt auf der Bremse nun ähnlich standfest wie die Konkurrenz. Jetzt kommt das Aber! Das alles bezog sich nur auf die erste schnelle Runde! Denn direkt in der zweiten ab dem dritten Sektor leuchteten einige Lampen hellrot, das Differenzial schwenkte die weiße Flagge und ergab sich der Tortur. Schade eigentlich, alles wie immer – pardon, fast: Denn die Bremsen brauchten diesmal keinen Feuerlöscher und mit einer 1:34,89-Minuten-Zeit ist man nicht nur zwei Sekunden schneller als bisher, sondern nur noch zwei Sekunden von der Konkurrenz entfernt.