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24h Spa 2024: Rennbericht - MOTORSPORT

AF Corse verliert den Spa-Sieg auf unfassbare Art und Weise durch einen Lamborghini - Aston Martin feiert ersten Sieg des Evo-Modells des Vantage AMR GT3

24h Spa 2024: Rennbericht - MOTORSPORT

Unfassbare Szenen bei der Jubiläumsausgabe der 24 Stunden von Spa: Der führende AF-Corse-Ferrari #51 (Pier Guidi/Rigon/Rovera; 2.) wird bei der Anfahrt zum letzten Boxenstopp vom liegengebliebenen Grasser-Lamborghini #19 (Llarena/Cook/Qarajouli/Moulin; DNF) blockiert und verliert das Rennen ohne eigenes Verschulden!

Alessandro Pier Guidi, der bis dahin alles richtig gemacht hatte, musste aufgrund des Stintlängenlimits von 61 Minuten die Boxengasse ansteuern, als der Lamborghini Huracan GT3 Evo2 bereits zum zweiten Mal in der Boxeneinfahrt stehen blieb und damit den ersten Sieg von AF Corse in Eigenregie beim Ardennenklassiker verhinderte.

“Ein bisschen Glück war dabei, aber das ist Motorsport”, sagen die Sieger unisono. Sörensen: “Alles kann passieren und du bist nur der Sieger, wenn du die Linie überquerst.” Für alle drei Fahrer ist es der erste Sieg beim 24-Stunden-Rennen von Spa. Nicki Thiim sagte bereits während des Rennens, dass es ihm für den Ferrari sehr leid tat.

Während der Fluch für das Team von Amato Ferrari mit dieser unglaublichen Episode also bestehen bleibt, beendete Aston Martin eine ewige Durststrecke von 78 Jahren. Mattia Drudi, Nicki Thiim und Marco Sörensen holten den ersten Sieg für Aston Martin bei den 24 Stunden von Spa seit Jock Horsfall und Leslie Johnson im Jahr 1948. Der letzte Sieg eines britischen Herstellers war 1984 durch Jaguar.

Das größte GT3-Rennen der Welt wurde bei seiner 76. Auflage in einem Sprint über etwas mehr als vier Stunden entschieden. Auslöser der letzten FCY-to-SC-Phase, die das Rennen prägten, war ausgerechnet Motorrad-Legende Valentino Rossi im WRT-BMW #46 (Marciello/Martin/Rossi; 24.).

Im Endspurt war der Ferrari 296 GT3 eigentlich eine Klasse für sich: Alessandro Pier Guidi übernahm knapp vier Stunden vor Schluss beim drittletzten Boxenstopp die Führung und fuhr einen Vorsprung von über zehn Sekunden heraus, bis er beim letzten Boxenstopp vom Lambo blockiert wurde.

Das neue Aston-Martin-Team Comtoyou Racing erbte die Führung und gab sie bis ins Ziel nicht mehr ab. Es ist der erste Sieg für den Aston Martin Vantage AMR Evo. Die Evo-Version hatte sich bisher schwer getan, war aber auf dem Circuit de Spa-Francorchamps stärker als je zuvor. Vor allem die #007 stach heraus und führte das Rennen mehrmals an. Letztlich hatte sie das nötige Quäntchen Glück.

Der Walkenhorst-Aston-Martin #34 (Pittard/Chaves/Gunn) unterstrich mit Platz vier die Leistungssteigerung des noch jungen Autos. Es war die mit Abstand beste Leistung der Evo-Version und wurde sofort belohnt.

Reifenpech kostet Rowe Podestplatz

Der zweite Platz wäre an den Rowe-BMW #998 (Farfus/Harper/Hesse; 5.) gegangen, wenn nicht ein schleichender Plattfuß das Fahrzeug vorzeitig zum letzten Boxenstopp gezwungen hätte. Max Hesse musste zwei Runden vor Schluss noch einmal durch die Box fahren, um seine Stintlängenzeit zu reseten und fiel dadurch auf Platz sechs zurück.

Das Schwesterauto #98 (Eng/Wittmann/Yelloly) war bereits in der Anfangsphase nach einer undurchsichtigen Kollision ausgeschieden.

Die BMW-Ehre rettete der WRT-BMW #32 (S. van der Linde/D. Vanthoor/Weerts; 3.), der von einer Strafe gegen den Walkenhorst-Aston-Martin profitierte und das Podium komplettierte. Ein versöhnliches Ergebnis für WRT, für die im Rennen einiges daneben ging.

Das gilt insbesondere für die Punktevergabe in der GT-World-Challenge (GTWC) Europe nach zwölf Stunden. WRT sah sich um 4:30 Uhr in Führung, doch das Rennen war erst um 16:31 Uhr gestartet worden. Dementsprechend wurde erst eine Runde später gewertet, als der BMW M4 GT3 bereits in der Box war.

Die bereits erwähnte Kollision von Valentino Rossi, bereits seine zweite in diesem Rennen, brachte die #46 um ein gutes Ergebnis, da der BMW im vorderen Bereich repariert werden musste und anschließend eine Strafe erhielt. Das kostete zwei Runden.

Platz fünf ging an den Grasser-Lamborghini #163 (Pepper/Perera/Mapelli), der von der Poleposition gestartet war. Der Lamborghini fuhr die schnellste Rennrunde, war aber seit Sonntagmorgen auf einer ungünstigen Strategie unterwegs, die GRT-Grasser zu einem späten Boxenstopp zwang.

Dennoch rettete die #163 für Lamborghini ein Rennen, in dem alles schiefzulaufen schien. Der Iron-Lynx-Lamborghini #63 (Bortolotti/Cairoli/Caldarelli; DNF) schied früh aus, der Barwell-Lamborghini #72 (Rindone/Stevenson/Kujala/Michelotto; 14.) verlor den Sieg im Bronze-Cup durch einen Reifenschaden 90 Minuten vor Schluss und wurde nur Dritter in seiner Klasse, die Blockade des Ferraris durch die #19 komplettierte ein gebrauchtes Rennen für den Stier.

Alle Pro-Mercedes ausgeschieden

Auf Platz sieben kam bereits der Sieger des Gold-Cups ins Ziel, der GetSpeed-Mercedes #777 (Al Zubair/Baumann/Grenier/Ellis). Mercedes-AMG feierte zwei weitere Klassensiege, denn der GetSpeed-Mercedes #3 (Bartone/Kell/Mettler/Walker; 25.) holte sich den Sieg im Silver-Cup und der Riley-Mercedes #4 (Kurtz/Braun/James/Catsburg; 29.) gewann den Pro-Am-Cup.

Ein Desaster war das Rennen hingegen für die gesamtsiegfähigen Mercedes-AMG aus dem Pro-Cup. Alles begann gut, als Lucas Auer im Winward-Mercedes #48 (Auer/Engel/Morad) in der Anfangsphase die Führung übernahm, doch bereits nach 90 Minuten warf ein Reifenschaden die “Mamba” zurück.

Winward hielt sich in der Führungsrunde und war weiterhin ein möglicher Siegkandidat, bis kurz nach Halbzeit David Vidales im AF-Corse-Ferrari #71 (Neubauer/Abril/Vidalis; DNF) sich und den AMG im Regen aus dem Rennen warf. Das dritte in die Kollision verwickelte Fahrzeug, der Tempesta-Ferrari #93 (Froggatt/Hui/Cheever/Wadoux; 16.), konnte weiterfahren.

Dies war der Auftakt zum kompletten Zusammenbruch der Gesamtsiegambitionen von Mercedes-AMG, die bis zum Morgen auch die weiteren Pro-Autos aus dem Kampf um den Sieg abschreiben mussten.

Der Gruppe-M-Mercedes #130 (Juncadella/Vesti/Aron; DNF), von Startplatz 52 ins Rennen gegangen, arbeitete sich in der Nacht unauffällig nach vorne. Doch ein eher harmloser Ausritt beendete das Rennen der Hommage an den 130. Geburtstag von Mercedes-AMG, da diverse Teile beschädigt wurden.

Wenig später erwischte es den GetSpeed-Mercedes #2 (Gounon/Schiller/Stolz; DNF), der mit einem Frontschaden in die Garage geschoben und ebenfalls zurückgezogen wurde. Im Rennen blieb der Boutsen-VDS-Mercedes #9 (Götz/Drouet/de Pauw; 18.), der allerdings nie realistische Siegchancen hatte.

Porsche eliminiert sich selbst

Der achte Platz für den SSR-Porsche #92 (Jaminet/Campbell/Makowiecki) war das Höchste der Gefühle in einem für Porsche unbefriedigenden Rennen. SSR Performance leistete sich am Sonntagmittag einen schweren Fehler, als Mathieu Jaminet die maximale Fahrzeit für einen Stint überschritt. Die folgende Strafe brachte das aus der DTM bekannte Team um alle Siegchancen, da es keine FCY-to-SC mehr gab.

Ebenfalls in die Top 10 fuhr der Rutronik-Porsche #96 (Niederhauser/Müller/Andlauer; 9.). Rutronik Racing hatte bereits in den Abendstunden die Führungsrunde verloren, die bei den 24 Stunden von Spa aufgrund des FCY-to-SC-Verfahrens nur sehr schwer zurückzugewinnen ist. Zwischenzeitlich lag der Porsche dank cleverer Strategie wieder in der Führungsrunde, kam aber letztlich doch mit Rundenrückstand ins Ziel.

Auslöser für den Zeitverlust war eine Porsche-interne Kollision in La Source mit dem Schumacher-CLRT-Porsche #22 (Boccolacci/Güven/Heinrich; DNF), die diesen das Rennen kostete. Zuvor musste bereits der HubAuto-Porsche #992 (Estre/Pilet/L. Vanthoor DNF) mit einem Aufhängungsschaden die Segel streichen.

Der Phantom-Global-Porsche #23 (Evans/Eriksson/Preining; 26.) sah die Zielflagge, hatte aber zuvor fünf Runden verloren. Grund waren zunächst Bremsprobleme, dann ein schleichender Plattfuß. In der Nacht kämpfte der in Kooperation mit dem Team 75 Bernhard eingesetzte Porsche 911 GT3 R um die Top 10.

Den spektakulärsten Abflug legte jedoch der Pure-Rxcing-Porsche #911 (Malykhin/Bachler/Sturm; DNF) hin. Der Porsche gehörte zu den schnellsten Fahrzeugen im Feld und führte das Rennen lange an. Doch am Sonntagmorgen hatte Joel Sturm in Blanchimont einen schweren Unfall, bei dem er sich sogar überschlug. Der Deutsche blieb unverletzt.

Klaus Bachler erklärt gegenüber Motorsport-Total.com: “Es hat wieder leicht zu regnen begonnen und Joel hat leider das Auto verloren. Er bekam Übersteuern und hat versucht, das Auto noch abzufangen. Das ist ihm auch gelungen, aber dann ist er auf den nassen Teil der Strecke gekommen und mit hoher Geschwindigkeit in den Reifenstapel eingeschlagen.”

“Es war ein ziemlich heftiger Einschlag und Gott sei Dank ist ihm nichts passiert – das ist das Wichtigste. Es ist natürlich sehr schade, denn wir hatten wie schon in Le Mans einen Megapace. Dort sind wir an der Technik gescheitert und hier ist jetzt ein Fehler passiert.”

Ford bei Premiere im Ziel, Audi noch einmal mit Klassensieg

Die Top 10 komplettierte der Attempto-Audi #66 (Mukowos/Hofer/Pereira/Nesow; 10.), der damit nach dem Barwell-Drama den Bronze-Cup gewann. Es könnte für sehr lange Zeit der letzte Audi-Sieg bei den 24 Stunden von Spa gewesen sein – abhängig davon, ob sich im nächsten Jahr noch Einsatzteams finden, nachdem die Marke ihre Unterstützung für den Kundensport deutlich zurückgefahren hat.

Der Attempto-Audi #99 (Feller/Haase/Aka; 12.) aus dem Pro-Cup und der Sainteloc-Audi #25 (Evrard/Magnus/Pla/de Wilde; 15.) mit Platz zwei im Gold-Cup bewiesen, dass der R8 LMS GT3 Evo II nach wie vor wettbewerbsfähig ist.

Der Garage59-McLaren #159 (Goethe/Gamble/Macdonald; 11.) belegte als bester McLaren 720S GT3 Evo den elften Platz. McLaren war mit einem Großaufgebot von sechs Fahrzeugen vertreten, wenn auch nur mit einem Pro-Auto, konnte aber nur einen dritten Platz im Pro-Am Cup mit nach Hause nehmen.

Der Proton-Ford #64 (Vervisch/Mies/Olsen; 19.) fuhr bei seinem Debüt bei den 24 Stunden von Spa durch, was die gute Nachricht für das Projekt ist. Die schlechte: Trotz hochkarätiger Besetzung konnte sich der Ford Mustang GT3 nie wirklich in Szene setzen, verlor drei Runden und hatte auf die schnellste Runde 1,3 Sekunden Rückstand.

Drittes 24h-Rennen mit Wetterkapriolen

Das Rennen war von zahlreichen Neutralisationen geprägt, darunter eine lange, fast dreistündige FCY-to-SC-Phase um Mitternacht herum. Nach dem Nebel-Abbruch am Nürburgring und dem dauerhaften Safety-Car-Einsatz in Le Mans war damit auch das dritte große europäische 24-Stunden-Rennen vom Wetter beeinträchtigt.

Allerdings war im Vorfeld weitaus Schlimmeres befürchtet worden. Der Gewittercluster, der in Frankreich und der Schweiz sogar Todesopfer forderte, traf die Ardennen nicht so hart wie befürchtet. Eine Rennunterbrechung mit der Roten Flagge konnte die Rennleitung vermeiden.

Auch in der Schlussphase hielt sich der in kleinen Mengen angekündigte Regen zurück. Ab Sonntagmorgen waren wieder Slicks angesagt. Lediglich das traditionelle Feuerwerk am Samstagabend wurde aufgrund der Wettervorhersage vorgezogen.

Wie immer bei den 24 Stunden von Spa gab es auch diesmal wieder Unfälle, die jedoch glimpflich ausgingen. Der schlimmste Crash ereignete sich bereits am Samstagabend, als es vor der Eau Rouge zu einem schweren Auffahrunfall kam, bei dem alle Beteiligten mit dem Schrecken davonkamen. Die Szene wird für Diskussionen sorgen, da mehrere Fahrzeuge bei doppelt gelb geschwenkter Flagge fast mit Vollgas an der Unfallstelle vorbeirasten.

Der berüchtigte Komplex Eau Rouge/Raidillon war in diesem Jahr nur einmal Schauplatz eines heftigen Unfalls. Mex Jansen konnte sich aus eigener Kraft aus dem völlig zerstörten Walkenhorst-Aston-Martin #36 (Creswick/Jansen/Green/Garg; DNF) befreien, mit dem er auf nasser Strecke abgeflogen war.

Ein kurioser Unfall ereignete sich in einer FCY-to-SC-Phase kurz vor dem Regen, als Martin Konrad unter Safety-Car-Bedingungen den australischen Triple-Eight-Mercedes #888 (Sims/Ibrahim/Love/Konrad; DNF) aufs Dach legte.

Bis auf den bereits erwähnten Unfall von Joel Sturm gab es im Rennen keine weiteren schweren Unfälle. Es war eine der disziplinierteren Ausgaben des Rennens, das in der Vergangenheit schon oft für ganz andere Schlagzeilen gesorgt hatte.

Die GT-World-Challenge Europe wird im Juli mit dem Deutschland-Doppel fortgesetzt. Vom 19. bis 21. Juli gastiert der Sprint-Cup in Hockenheim, vom 26. bis 28. Juli steht das Endurance-Rennen auf dem Nürburgring auf dem Programm. Die Interkontinentale GT-Challenge (IGTC), zu der die 24 Stunden von Spa ebenfalls zählen, wird nur noch ein Rennen austragen. Das Finale findet vom 4. bis 6. Oktober in Indianapolis statt.

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