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Neuer Dienstwagencheck: Wie klimafreundlich fahren die deutschen Politiker?

neuer dienstwagencheck: wie klimafreundlich fahren die deutschen politiker?

Bundesinnenministerin Nancy Faeser und viele weitere Politiker nutzen ihre Dienstwagen als rollendes Büro und teils auch zur Erholung. Wirklich nachhaltig sind die meisten Fahrzeuge in der deutschen Politik nicht.

Vor knapp drei Jahren ist die Ampelkoalition als Klimaregierung angetreten. Seither versucht sie dieses Versprechen unter anderem mit der Mobilitäts- oder der Energiewende umzusetzen. Eines der Ziele ist, 15 Millionen Elektroautos bis 2030 auf deutsche Straßen zu bringen, Verbrenner sollen wiederum aus dem Verkehr verschwinden.

Aber wie vorbildlich verhält sich die Politik eigentlich selbst bei der Verkehrswende?

Jedes Jahr aufs Neue stellt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ihren Dienstwagencheck vor, bei dem überprüft wird, wie klimafreundlich die deutsche Politik fährt. Der neueste Dienstwagencheck, der insgesamt 18. der DUH, stellt der deutschen Politik ein sehr schlechtes Zeugnis aus. Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH, präsentierte in einer Pressekonferenz am Montagmorgen die Ergebnisse und kritisierte dabei vor allem die Bundesregierung scharf: „Die hat den Namen Klimaregierung nicht verdient.“

Doch nicht nur die Bundesregierung fährt weniger klimafreundlich als von der DUH erhofft. Auch Landespolitiker überzeugen nicht mit ihrer Wahl des Dienstwagens. Was sind die Ergebnisse der Umfrage?

Beim Check wurden den insgesamt 252 befragten Politikern auf Bundes- und Landesebene je nach Art des Dienstwagens, der Antriebsart und des entsprechenden Verbrauchs sowie der Emissionswerte entweder grüne, gelbe oder rote Karten ausgestellt. Grüne Karten gibt es, wenn der Flottengrenzwert der EU von 95 Gramm CO₂ pro Kilometer unterschritten wird, und rote Karten, wenn der Ausstoß höher als 114 g/km ist. 186 der befragten Politiker „liegen deutlich über dem Flottengrenzwert der EU von 95 Gramm CO₂ pro Kilometer“, kritisiert Metz. Insgesamt stellte die DUH 162 rote Karten aus, das entspricht mehr als der Hälfte aller Befragten. „Das ist keine gute Bilanz und da hat sich auch nicht viel verändert im Vergleich zum letzten Jahr.“ Man könne dementsprechend „nicht von einem großen Sprung oder einem Umdenken“ sprechen, sagt die DUH-Chefin.

In den Bundesministerien wurde überprüft, welche Dienstwagen die jeweiligen Staatssekretäre nutzen. Das Ergebnis der Kartenverteilung fällt vernichtend aus: Von den 15 Ministerien – also ohne Bundeskanzleramt und Kanzler Olaf Scholz – haben lediglich fünf eine grüne Karte ausgestellt bekommen. Die restlichen zehn erhielten von der DUH allesamt eine rote Karte. „Das ist leider ein sehr trauriges Ergebnis“, bilanziert Metz enttäuscht.

Am besten schnitt das Entwicklungsministerium von Svenja Schulze (SPD) mit einem durchschnittlichen CO₂-Ausstoß von 78 g/km ab. Schlusslicht ist das Bundesinnenministerium von Nancy Faeser (SPD) mit einem Wert von durchschnittlich 216 g/km. Die Politiker müssten bei der Wahl ihres Dienstwagens eigentlich als Vorbilder vorangehen, meint die DUH. Barbara Metz erklärt allerdings: „Die Politik wird dieser Vorbildfunktion nicht gerecht.“

Bei den Landesregierungen haben alle Bundesländer ausnahmslos eine rote Karte bekommen. Schlusslicht ist Mecklenburg-Vorpommern mit einem durchschnittlichen CO₂-Ausstoß von 204 g/km. Die sparsamsten Dienstwagen im Gesamtranking fahren die sächsische Staatsministerin Katja Meier und die Familien-Staatssekretärin Margit Gottstein. Die letzten Plätze belegen NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, NRW-Innenminister Herbert Reul, die Berliner Innensenatorin Iris Spranger, der Baden-Württembergische Innenminister Thomas Strobl (alle 380 g CO₂/km) sowie der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (375 g CO₂/km). Einige von ihnen fahren jedoch sondergeschützte Fahrzeuge des Bundeskriminalamts (BKA), bei denen sie nur wenig Einfluss auf die Auswahl des Fahrzeugs haben, da in der Regel nur Verbrenner als geschützte Wagen geeignet sind.

Ein weiterer Kritikpunkt der DUH ist, dass viele Politiker auf sogenannte Hybride oder Plug-in-Hybride setzen. Bei diesen werden Verbrenner- und Elektroantrieb miteinander kombiniert. Beim Anfahren kann dann die Energie des Elektromotors verwendet werden und so etwas klimafreundlicheres Fahren ermöglichen. Für große Distanzen reicht der Elektroantrieb allerdings nicht aus, weswegen dann meist der Verbrennungsmotor verwendet wird. Das hätte auch der Check der DUH ergeben, erklärt Metz. Somit sind Hybride auf dem Papier zwar umweltfreundlich, werden jedoch als Mogelpackung gesehen. „Das ist wissentliches Greenwashing“, kritisiert die DUH-Chefin die deutsche Politik.

Auch die einzelnen Bundesminister selbst fahren aus Sicht der DUH nicht klimafreundlich genug. Nur zwei von ihnen erhielten eine grüne Karte: Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze mit einem durchschnittlichen CO₂-Ausstoß von 76 g/km und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) mit 86 g/km, die beide jeweils ein Elektroauto als Dienstwagen haben. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) fahren zwar jeweils ein Elektroauto von Audi, bekamen allerdings trotzdem nur eine gelbe Karte, da ihr Ausstoß etwas höher war.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) sowie Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nutzen allesamt sondergeschützte Fahrzeuge des BKA, zu denen es daher keine Angaben gab.

Der Rest der Bundesminister erhielt jeweils eine rote Karte für ihren Dienstwagen. „Sieben von neun Ministern liegen deutlich über den erlaubten 95 Gramm und fahren somit weiter ungebremst gegen die Wand“, bemängelt Metz. Am schlechtesten schnitten auf Bundesebene Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Bundesjustizminister Marco Buschmann (beide FDP) mit jeweils 205 g CO₂/km ab. „Deren Dienstwagen stoßen auf der Straße mehr als doppelt so viel CO₂ aus, als der EU-Flottengrenzwert erlaubt.“ Die Ergebnisse des Dienstwagenchecks sind aus Sicht der DUH entlarvend. Metz fordert: „Wenn die Bundesregierung ihre Glaubwürdigkeit nicht vollständig verlieren will, muss sie dringend umsteuern.“

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