- 30 Jahre nach der Katastrophe
- “Als ob Jesus live im TV gekreuzigt worden wäre”
- McLaren MP 4/8 aus Vettels Privatgarage
Zwei tote Piloten an nur einem Wochenende im April/Mai 1994, das Flutdrama im Vorjahr: Nun gibt die Formel 1 ihr Comeback.
Dass es eine Mammutsaison mit insgesamt 24 Formel-1-Rennen auf sechs Kontinenten erst jetzt mit einem Jahr Verspätung gibt, hat mit den dramatischen Überflutungen im vergangenen Mai zu tun. Der Große Preis der Emilia Romagna (Sonntag, 15 Uhr, LIVE! bei kicker) wurde im Vorjahr kurz vor knapp an einem Mittwochnachmittag abgesagt. Nicht bloß, weil das halbe Fahrerlager überflutet war, sondern weil in der ganzen Region der Notstand ausgerufen worden war.
30 Jahre nach der Katastrophe
Innerhalb von zwei Tagen war die Regenmenge eines ganzen Jahres über die norditalienische Provinz hereingebrochen. Die Teammitglieder von Alpha Tauri, das im nahen Faenza seine Rennfabrik beherbergt, halfen bei den Aufräumarbeiten, der Formel-1-Zirkus startete einen Spendenaufruf, die Bosse verlängerten den Vertrag mit den Ausrichtern von Imola um ein Jahr bis 2025. Entsprechend groß ist jetzt die Vorfreude auf die Rückkehr ins Autodromo Enzo e Dino Ferrari. Aber da schwingt auch Trauer mit. Für die Opfer der Naturkatastrophe, aber natürlich auch für Ayrton Senna und Roland Ratzenberger, die vor 30 Jahren ihr Leben auf der Rennstrecke verloren hatten. Schicksal Imola.
“Als ob Jesus live im TV gekreuzigt worden wäre”
Bevor sich der Grand-Prix-Tross Anfang Mai auf den Weg zum Rennen nach Miami machte, hatte Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali zusammen mit hohen Würdenträgern aus Brasilien, Österreich und Italien an einer Gedenkfeier in Imola teilgenommen. Am Turm der Rennleitung prangte ein riesiges Banner mit dem Konterfei des dreimaligen Weltmeisters Senna, brasilianische Flaggen wurden geschwenkt. Am Mahnmal in der Tamburello-Kurve häuften sich, wie eigentlich das ganze Jahr über, Blumen und Talismane. Rund um Rennen und Todestag finden Ausstellungen und Dokumentationen statt, der Streamingdienst Netflix hat eine Dokumentation in Auftrag gegeben.
Sein Vermächtnis wird immer weiterleben, er wird nie vergessen werden.
Valtteri Bottas
Beim Grand Prix in Miami schuf ein brasilianischer Künstler ein Wandgemälde am Eingang zum Fahrerlager. Auch für die Piloten lebte die Erinnerung wieder auf. “Sein Vermächtnis wird immer weiterleben, er wird nie vergessen werden”, prophezeit Valtteri Bottas. Oscar Piastri war noch gar nicht auf der Welt, als die Tragödie ihren Lauf nahm. Der McLaren-Pilot versichert aber: “Wenn ich mir Videos von seinen Qualifikationsrunden anschaue, ist das sehr inspirierend.” Sergio Perez pflichtet bei: “Für uns alle ist es etwas ganz Besonderes, eine Figur wie Ayrton gehabt zu haben. Einen großen, mutigen Rennfahrer. Aber was ich am meisten bewundere, ist, wie er sich außerhalb des Autos verhalten hat, was er für sein Land, die Kinder, die jungen Generationen getan hat.”
Zu den großen Senna-Verehrern zählt auch Sebastian Vettel, obwohl sein eigentliches Vorbild immer Michael Schumacher war. “Ich war noch keine sieben Jahre alt, als der Unfall passierte. Doch durch meinen Vater erfuhr ich, was für ein großartiger Fahrer Ayrton Senna war. Er schenkte mir ein Senna-Spielzeugauto. Am nächsten kam ich ihm jedoch, als ich ein Freitagstraining beim Großen Preis von Hockenheim von der Tribüne aus beobachtete. Leider hatte ich nie die Gelegenheit, ihn persönlich zu treffen”, sagt der viermalige Weltmeister.
McLaren MP 4/8 aus Vettels Privatgarage
Vettel, momentan Rennfahrer im Unruhestand, holt für eine Hommage an Senna den McLaren MP 4/8 aus seiner Privatgarage. Der weiß-rote Rennwagen ist aus doppeltem Grund besonders: Zum einen handelt es sich um Sennas letztes Siegerauto aus der Saison 1993, zum anderen wird es bei den Demonstrationsrunden in Imola mit CO2-neutralem Biokraftstoff betankt sein. Vettel hat auch T-Shirts im gelb-grün-blauen Helmdesign entwerfen lassen, und die Aufschrift sagt alles: Senna forever. Der Schicksalstag Primo Maggio, der 1. Mai, den sie in Imola jedes Jahr um 14.17 Uhr begehen, markiert für immer das Ende eines großen Rennfahrerlebens. Aber auch den Beginn einer Legende.