- Der Elektro-Grecale im Video
- Zwei Motoren, 410 kW
- Sound-Design für Motoren-Fans
- Fahreindruck
- Verbrauch und Reichweite
- Teurer als der Porsche Macan
- Fazit
Neustart für den Dreizack: Der elektrische Maserati Grecale im Fahrbericht mit Video-Review.
Traditionalisten müssen stark sein. Hinter dem Dreizack, Markenzeichen der italienischen Sport- und Luxusmarke Maserati, arbeiten künftig Elektroantriebe, alternativ zu den Verbrennern. Den Anfang macht das Mittelklasse-SUV Grecale Folgore (italienisch für Blitz).
Der Elektro-Grecale im Video
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Das 4,87 Meter lange SUV, nach dem Auslaufen von Ghibli, Quattroporte und Levante der einzige Maserati mit vier Türen, ist auf den ersten Blick kaum von seinen Kollegen mit Vierzylinder- oder V6-Benzinern zu unterscheiden. Die Einlage in der Frontmaske wird vom Kühlergrill zum Designelement, außerdem gibt es spezielle Felgen und Schriftzüge im modischen Kupferton. Am schnellsten erkennt der Laie den Elektro-Grecale hinten. Hier zieren lackierte Kunststoffflächen die Stellen, an denen sonst die Endrohre einer Abgasanlage in die Welt blicken. Der Kofferraum hinter der Klappe bietet unverändert 535 Liter Volumen für das Gepäck.
Die „Giorgio“ genannte Plattform teilt sich der Maserati Grecale mit Alfa Romeo Giulia und Stelvio, hat jedoch einen deutlichen längeren Radstand. Dieses Format lässt Platz für einen 105 kWh großen Akku, der netto nutzbare 96 kWh zur Verfügung stellt. Der Strom fließt an zwei Elektromotoren, die für Allradantrieb sorgen.
Zwei Motoren, 410 kW
Jeweils 205 kW Peak-Leistung vorne und hinten gibt Maserati an, kombiniert das zur Angabe von 410 kW (557 PS). Mit dieser Addition folgen die Italiener u.a. Volvo, geben wie die Schweden keine Systemleistung an.
Die Zahlenspiele sind graue Theorie, wir wollen fahren und den Grecale Folgore erleben. Hinter dem Lenkrad fallen die traditionellen Metallsicheln auf, die den Begriff „Schaltwippen“ kaum verdienen. Anstelle einer Getriebeübersetzung kann man mit ihnen die Energie-Rückgewinnung in mehreren Stufen dirigieren und dabei das satte Klick-Geräusch genießen. Doch davor folgt der Start des Antriebs.
Sound-Design für Motoren-Fans
![Maserati Grecale Folgore Test Fahrbericht Elektro Preis Video 2024](maserati-grecale-folgoremaserati-grecale-folgore-2024-int-cockpit-links1715626827.jpg Je nach Fahrmodus kann man dezente, künstliche Antriebsgeräusche im Innenraum hören.”)
Die Sounddesigner lassen nach dem Druck auf den Startknopf ein kurzes, dezentes Bassdonnern aus dem Heck des Autos ans Ohr des Fahrers. So soll das Erwachen einer kalten Abgasanlage simuliert werden. Auch unterwegs kann man, sofern man den gleichnamigen Fahrmodus gewählt hat, den „Sport Sound“ aktivieren.
Das künstlich erzeugte Geräusch im Innenraum ist hörbar, bleibt aber stets dezent und wirkt nie übertrieben oder nervig. Hier haben die Italiener einen guten Kompromiss gefunden und dürften Fans der Verbrenner-Modelle an die Elektro-Ära heranführen können.
Fahreindruck
Spätestens beim kräftigen Tritt auf das Fahrpedal hat dich der Grecale Folgore auf seiner Seite. 820 Newtonmeter Drehmoment sind eine Ansage. Der Bug des Autos hebt sich leicht an. Kurz suchen die Vorderreifen auch auf trockenem Asphalt nach Grip (ein Zeichen, dass die Elektronik zuerst die hintere E-Maschine drücken lässt?), dann stürmt das SUV voran. In 4,1 Sekunden sind, den Werksangaben zufolge, 100 km/h erreicht. Damit ist der elektrische Grecale nur knapp langsamer als der Trofeo mit V6-Motor, der den Standardsprint in 3,8 Sekunden erledigt.
Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h ist das Elektro-Derivat zwar der in dieser Hinsicht langsamste Grecale, gleichzeitig aber deutlich fixer auf dem Fernschnellweg als viele andere E-Autos. Auch bei höherem Tempo gefällt der ruhige Geradeauslauf des Grecale. Enge Kurven sind mit der direkten Lenkung auch eine Freude, jedoch kann der Italiener sein üppiges Leergewicht von fast 2,5 Tonnen nicht verbergen.
Das serienmäßige Luftfahrwerk mit adaptiver Dämpferregelung legt das Auto beim schnellen Fahren etwas tiefer, trotzdem bleibt auch im Sport-Modus auf Querfugen oder Wellen im Asphalt ausreichender Restkomfort übrig. Wer kam, kann über einen Druck auf der entsprechenden Lenkrad-Taste die Dämpferhärte intensivieren. Das Gegenprogramm im Eco-Fahrmodus limitiert die Höchstgeschwindigkeit auf 130 km/h. Erst nach deutlichem Druck auf das rechte Pedal beschleunigt der Grecale dann weiter. Ein Sicherheitsmerkmal, das in manchen Situationen nicht zu unterschätzen ist. Im Alltag dürfte der GT-Modus die beste Wahl sein.
Der Ladeanschluss liegt hinten links an der Stelle, in der sonst der Benzin-Einfüllstutzen zu finden ist. Wechselstrom zieht der Grecale dreiphasig mit 22 kW und damit deutlich schneller als die meisten Konkurrenten. Die 400-Volt-Technologie limitiert aber die Leistung am Schnelllader auf einem nur durchschnittlichen Niveau. 150 kW sind drin. In 29 Minuten soll der Akku hier von 20 auf 80 Prozent Ladezustand gebracht werden können. Wie realitätsnah diese Aussage ist, kann nur ein späterer Test klären.
Verbrauch und Reichweite
Die digitale Instrumentierung entspricht, bis auf Elektro-spezifische Anzeigen, den bekannten Grecale-Modellen und ist gut ablesbar. Die beiden Touchscreen-Displays für Infotainment und Klimaeinstellungen in der Mittelkonsole reagieren meist (aber nicht immer) fix auf Befehle. Die hochglänzende Oberfläche, die auch die Tasten im Multifunktionslenkrad bedeckt, ist jedoch ein Magnet für Staub und Fingerabdrücke. Zudem ist die Lautstärkeneinstellung rechts vom unteren Display etwas fummelig (wenn man das als Fahrer nicht am Lenkrad regelt) und wird oft aus Versehen mit dem Handballen gedrückt.
Teurer als der Porsche Macan
Maserati ruft selbstbewusste Preise auf. Hier bleibt sich die Marke auch beim Start ins Elektro-Zeitalter treu. Im neuen Modelljahr, das eine Fahrzeuggarantie für den Zeitraum von fünf Jahren mitbringt, ist der Grecale Folgore ab stolzen 124.301 Euro zu haben. Damit ist er sogar teurer als der elektrische Porsche Macan Turbo, der aber eine weniger komplette Serienausstattung mitbringt. Aber auch beim emotional stärker aufgeladenen Italiener geht mehr: 137.284 Euro kostet der hier gezeigte Testwagen mit einigen Optionen, aber ohne die 16.600 Euro (!) teure Speziallackierung mit einer der „Fuoriserie Colors“.
Innerhalb des Grecale-Programms sortiert sich der Folgore mit seinem Grundpreis am oberen Ende knapp unter dem Trofeo mit 530 PS starkem V6-Antrieb für 125.124 Euro ein. Der GT mit 300 PS ist ab 84.624 Euro zu haben, liegt damit also fast 40.000 Euro unter dem stärkeren Elektro-Modell.
Fazit
Der Verbrenner stellten als Vorhut die Maserati-Fans auf die Probe. Das Mittelklasse-SUV kommt verhältnismäßig gut an, selbst als GT mit 300 PS starkem Mildhybrid-Vierzylindermotor. Weiteren Zulauf soll der elektrische Grecale Folgore bringen, mit dem die Marke sich auf den Weg in ein neues Zeitalter macht.
Den Italienern ist es vor allem mit dem Sounddesign gelungen, den sterilen E-Antrieb emotional aufzuladen. Längs- und Querdynamik passen zum Anspruch von Maserati, in der jeweiligen Fahrzeugklasse die sportlichere Alternative zur etablierten Konkurrenz zu stellen. Auch in diesem Fall muss der besondere Geschmack aber teuer bezahlt werden.