- Wie Sie den Wettbewerb nutzen
- Fallender Dieselpreis – das steckt dahinter
- Wie die Weltlage den Rohölpreis bestimmt
- Autobahn-Tankstellen und Sprit-Tourismus
- Der Faktor Niedrigwasser
Anders als im Vorjahr liegen die Kosten für Sprit vor dem Sommer auf niedrigem Niveau – und der ADAC rechnet mit weiter sinkenden Literpreisen. Vor allem Diesel wird seit Wochen schon günstiger. Was Autofahrer zur Urlaubssaison beachten – und welche Vorteile sie nutzen sollten.
null pa/dpa Themendienst/Christin Klose
Der Tankrabatt ist Geschichte. Die vorübergehende Senkung der Steuern auf Benzin und Diesel vom vergangenen Sommer hat die Preisstände an den Tankstellen kräftig durcheinander gebracht. Gewohnte Zuordnungen etwa zum Rohölpreis oder dem Dollarkurs galten nicht mehr als verlässliche Indikatoren.
Dies hat sich in den vergangenen Monaten und Wochen wieder geändert. Niedrigpreise beim Rohöl geben wieder die Trends an den Benzinstationen vor.
In der jüngsten Preisbeobachtung hat der Automobilklub ADAC dies ermittelt: Superbenzin der Sorte E10 kostet demnach aktuell 1,77 Euro je Liter, das sind zwei Cent weniger als in der Vorwoche. Dieselkraftstoff ist derzeit für knapp 1,59 Euro je Liter zu haben, das sind fast drei Cent weniger als eine Woche zuvor.
Teurer wurden darin Kraftstoffe mit plus 1,6 Prozent, darunter Superbenzin mit plus knapp drei Prozent. Dagegen sank der Preis für Dieselkraftstoff um gut zwei Prozent. Ebenso war Heizöl um rund drei Prozent günstiger als einen Monat zuvor.
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Trotz der jüngsten Preisentwicklung gilt: Lange Zeit waren Benzin und Diesel an den Tankstellen nach Analyse des ADAC viel zu teuer. Ursachen waren die Folgen des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine und die Sorge vor Versorgungsengpässen. Die Preise gingen in die Höhe, parallel dazu stiegen die Gewinnmargen der Ölkonzerne.
„Erst im Dezember 2022 hat die Relation zwischen dem Tankstellenpreis und den Fundamentaldaten beim Rohölpreis und dem Dollarkurs für Benzin wieder einigermaßen gepasst. Diesel war sogar bis Mitte Februar 2023 trotz seiner um gut 20 Cent je Liter niedrigeren Steuerlast teurer als Benzin“, sagt Jürgen Albrecht, Experte für den Kraftstoffmarkt beim ADAC.
Aktuell beobachtet der Automobilklub, dass die Ölunternehmen immer noch mit „großzügigen Gewinnmargen“ arbeiteten. Dies gelte vor allem für die Raffinerien und den Großhandel mit Ölprodukten. „Vor dem Start in die Sommersaison mit ihren Urlaubsfahrten versuchen die Ölunternehmen, wieder höhere Preise durchzusetzen“, sagt Albrecht. So sei der Benzinpreis im Verhältnis zum Rohöl und dem Dollarkurs „erkennbar und nicht nur um einige wenige Cent“ überhöht.
Wie Sie den Wettbewerb nutzen
Tatsächlich sind in Deutschland erst seit der Einführung der Markttransparenzstelle beim Bundeskartellamt starke Preisschwankungen im Tankstellenmarkt zu beobachten. Sämtliche rund 14.000 Stationen im Land müssen der Behörde im Abstand weniger Minuten ihre Preise und Veränderungen melden.
Auf verschiedenen Internetportalen und Apps können Autofahrer dies jederzeit verfolgen. „Die höhere Volatilität der Verbraucherpreise hängt auch mit der gestiegenen Transparenz im Tankstellenmarkt zusammen“, sagt Marktexperte Albrecht. Generell empfehlen die Verbraucherschützer, erst am Abend zwischen 18 Uhr und 22 Uhr aufzutanken.
Fallender Dieselpreis – das steckt dahinter
Seit einigen Wochen schon hat sich die Reihenfolge an den Preistafeln geändert: Diesel ist wieder günstiger als Benzin. Das liegt an der gesunkenen Nachfrage aus dem gewerblichen Lkw-Verkehr, aus der Industrie oder auch von Heizungskunden.
Heizöl und Diesel sind in der Herstellung in den Raffinerien ähnliche Produkte. Die schleppende Konjunktur sorgt für weniger Dieselverbrauch. Doch der Abstand könnte noch größer sein, schließlich belegt der Staat Diesel gegenüber Benzin mit gut 20 Cent weniger Steuern und Abgaben.
„Derzeit ist Diesel etwa 18 Cent günstiger als Benzin. Wir sehen aber noch Luft nach unten für einen niedrigeren Dieselpreis“, sagt Albrecht.
Wie die Weltlage den Rohölpreis bestimmt
Natürlich sind Vorhersagen bei Tankstellenpreisen mit Unsicherheiten verbunden. Maßgeblich sind die Rohölpreise allen voran der Opec, der Organisation Erdöl exportierender Länder mit ihren 13 Mitgliedsländern.
Zumindest ist die Versorgungslage mit Ölprodukten derzeit in Deutschland wieder so sicher wie vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Die Ölkonzerne haben ihre Beschaffung verändert und russische Lieferungen durch Einfuhren von Ölprodukten wie Benzin, Diesel oder Kerosin etwa aus der Türkei oder Indien ersetzt. Heimische Raffinerien werden zudem mit Rohöl etwa aus Kasachstan versorgt.
Autobahn-Tankstellen und Sprit-Tourismus
Wer mit dem Auto in den Urlaub oder aus anderen Gründen lange Strecken fährt, sollte auf die Preise an den Autobahn-Tankstellen achten. Der Preisabstand zu Benzinstationen abseits dieser Fernstraßen beträgt nach Analyse der Preisportale in der Regel zwischen zehn und 20 Cent je Liter.
Laut dem ADAC ist dieser Abstand zuletzt sogar noch gestiegen. Ein Preisvergleich hilft und spart rasch zehn Euro und mehr je Tankfüllung. Tank-Tourismus an deutschen Grenzen wiederum lohnt sich in diesen Monaten weniger als noch vor einem Jahr.
So sind zum Beispiel in Polen die Steuererleichterungen für Benzin und Diesel weggefallen. Auch Luxemburg gilt nicht mehr als Billigland für das Auftanken.
Der Faktor Niedrigwasser
Regelmäßig in den vergangenen Jahren tauchte zum Sommer ein anderes Argument der Ölunternehmen für steigende Tankstellenpreise auf: das Niedrigwasser etwa auf dem Rhein.
Binnenschiffe versorgen Raffinerien in Nordrhein-Westfalen oder Tanklager in Baden-Württemberg mit Rohöl und Ölprodukten. Fällt der Transport auf dem Fluss in Teilen oder gar vollständig aus, müssen Kesselwagen auf der Schiene oder Tanklastzüge auf der Straße als Ersatz dienen.
Dies wiederum ließ in den vergangenen Jahren stets die Preise an den Stationen in den betroffenen Regionen steigen. „Einige wenige Cent Aufpreis für die Logistik mögen akzeptabel sein, aber keine zehn Cent und mehr, wie es gelegentlich der Fall gewesen ist“, sagt Experte Albrecht.
Sollte der Sommer 2023 erneut trocken werden und der Wasserstand auf dem Rhein stark fallen, könnte es zu diesem Effekt kommen.
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