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Preisbeben auf chinesischem Automarkt: So billig gibt es in China E-Autos

Marktanteile schwinden

Preisbeben auf chinesischem Automarkt: So billig gibt es in China E-Autos

preisbeben auf chinesischem automarkt: so billig gibt es in china e-autos

Auf der Shanghai Motor Show präsentiert Toyota dieses neue E-Auto-Modell.

Mit riesigen Rabatten buhlen Autohersteller auf dem chinesischen Markt um Kunden. Europäische Marken halten sich noch zurück, werden aber zunehmend nervös. Es geht um Marktanteile.

Diese Analyse liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem China.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn China.Table am 13. April 2023.

Peking – So etwas wie Alltag scheint es auf Chinas Automarkt nicht zu geben. Auf Rekordjahre für Verbrenner folgte der Elektroautoboom. Der geriet mit der Pandemie und der Lieferkettenproblematik ins Straucheln. Kaum scheint diese wilde Zeit überwunden, versuchen sich die Hersteller jedweder Antriebsart mit Rabatten zu übertrumpfen. Chang‘an Automobile gibt rund 5.800 Dollar Nachlass auf jedes Modell. Chery Automobile präsentierte ein Budget für Preisnachlässe von insgesamt 1,4 Milliarden Dollar. Und Dongfeng Motor bot seinen Citroën C6 mit 40 Prozent Nachlass (13.000 Dollar) an. Sie alle eint der Wunsch, auf einem umkämpften Markt Marktanteile zu gewinnen.

Die Konsumenten sind die Rabatte vom E-Auto-Markt gewohnt. Ein harter Konkurrenzkampf und großzügige Subventionen haben hier für lebendige Preisgestaltungen gesorgt. Noch bevor die Subventionen Anfang 2023 ausliefen, warben die Hersteller mit üppigen Preisnachlässen. Ein Trend, der jetzt auch bei den traditionellen Autos angekommen ist.

„Die OEMs, die aus dem Verbrennerbereich kommen, wollen ihre Fahrzeuge weiter- und abverkaufen, bis sie die Produktion komplett umgestellt haben, soweit die Verbrenner-Linie nicht weiterläuft. Und das dauert noch einige Jahre“, erklärt Beatrix Frisch. Sie hat lange Jahre bei unterschiedlichen Autofirmen in China gearbeitet und ist jetzt Expertin für den Markt bei Car Future, der Beratungs- und Analysefirma von Ferdinand Dudenhöffer. Mit OEMs sind Autohersteller gemeint.

Autoabsatz in China brach Anfang 2023 ein

„Abverkaufen“ auch deswegen, weil ab 1. Juli 2023 in China strengere Abgasnormen gelten. Bis dahin müssen viele bereits gebaute Modelle vom Hof sein. Auch, wenn die China Passenger Car Association (CPCA) bei der Kommunistischen Partei bereits beantragt hat, diese Regelung auf das Ende des Jahres zu verschieben.

Doch das Jahr 2023 begann statt mit üppigen Verkäufen mit einem Absatzschock. Im Januar und Februar sank der Verkauf um 19,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wobei es die Verbrenner (minus 29 Prozent) deutlich härter erwischte.

Auch der März begann mit einem Abschwung um acht Prozent in den ersten zwei Wochen nicht vielversprechend. „Es gibt sehr viele Einflüsse, die eine umfangreiche Preisreduktion auslösen und dann kommt es zu einem Kreislauf. Als Tesla angefangen hat, zogen andere nach“, so Marktexpertin Frisch. Das US-Unternehmen hatte allerdings auch allen guten Grund für die Rabatte. „Beim chinesischen Kunden spielt das Mandat der Regierung ‚buy Chinese‘ eine große Rolle, was ein zusätzlicher Faktor in der Kaufentscheidung ist.“

In China existieren zwei parallele Automärkte

Nicht jede Marke reagiert auf den Preisdruck. Europäische Hersteller halten sich aus den Preiskämpfen eher heraus, glaubt Frisch. „Sie wollen mit Qualität, Leistung und Beständigkeit überzeugen. Aber die Nervosität ist da, schließlich geht es um Marktanteile.“

Genau das könnte zu einem Problem werden. Aktuell gibt es in China genau genommen zwei Automärkte: den der Verbrenner, der noch etwa 70 Prozent des Absatzes ausmacht. Und den der New Energy Vehicle (NEV), der 30 Prozent ausmacht. Doch die Anteile verschieben sich aktuell massiv zugunsten der NEV. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass der NEV-Markt im Jahr 2023 um rund 30 Prozent wachsen wird, während die Verbrenner bestenfalls auf eine Stagnation hoffen können. Die europäischen Hersteller sind also auf einem Markt stark, der mittel- und langfristig an Bedeutung verlieren wird.

Verbrenner-Aus in China ist auch politisch gewollt

Der Verbrenner verschwindet auf Wunsch der Kommunistischen Partei, wie Frisch betont. Sollten die Rabatte bei den Verbrennern dazu führen, dass diese in China eine Renaissance erleben, könnte die Politik schnell eingreifen. „In China ist es beinahe üblich, dass die Regierung über Nacht Gesetze oder Subventionen verabschiedet, wenn sich der Markt nicht planmäßig entwickelt. Sollte es zu einem Einbruch auf dem E-Automarkt kommen, könnte das wieder passieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Regierung dabei zuschaut, wie Verbrenner Marktanteile zurückgewinnen.“

Anders verhalten sich die Rabatte auf dem E-Auto-Markt. Hier verzichten die Hersteller für wachsende Marktanteile auf höhere Margen. Oder gleich ganz auf Gewinne. Weder Nio noch Xpeng konnten beispielsweise Gewinne erwirtschaften. Die aktuellen Rabatte seien deswegen für diese Firmen kein Problem. Sie würden die Quartalsberichte nicht in einer Höhe belasten, die relevant für Stake- und Sharholder sei. „Die Rabatte sind bei den NEV-Marken eingepreist. Es geht aktuell weniger darum, Gewinne zu schreiben als vielmehr darum zu zeigen, dass man Fahrzeuge bauen kann, die in den Export können und technisch auf höchstem Niveau sind.“

Rabatte leiten Marktbereinigung ein

E-Auto-Angebote auf höchstem technischen Niveau sind die deutschen Hersteller auf dem chinesischen Automarkt bislang aber schuldig geblieben. Zwar können die Autos fahrtechnisch mithalten, technologisch aber nicht. Entsprechend werden die Marken aus dem VW-Konzern, von BMW und Mercedes nicht als Hersteller von NEV wahrgenommen. Diese Positionierung müssten die Marken dringend nachholen, betont Frisch. „Bei den vielen Start-ups in China geht es darum, als NEV-Anbieter etabliert und anerkannt zu sein. Da gibt es noch viel aufzuholen. In westlichen Märkten ist das einfacher, weil die OEMs dort einen anderen Status haben und wir mit weniger Start-ups zu tun haben, da die etablierten OEMs NEV auf den Markt bringen.“

Die aktuellen Nachlässe könnten auch eine Marktbereinigung einleiten, glaubt Xiao Yong, Geschäftsführer bei Aion. Das ist eine E-Auto-Marke von GAC. Gegenüber Caixin Global verstieg er sich gar zu der Aussage, dass Unternehmen, die jetzt keine Rabatte geben würden, vom Markt verschwinden. Dem stimmt Zhu Huarong, Geschäftsführer von Chang’an Auto, zu. In den kommenden drei bis fünf Jahren würden 80 Prozent der Hersteller, die Verbrenner produzieren, vom Markt verschwinden.

Horrorszenarien, mit denen Frisch wenig anfangen kann. „Eine Marktbereinigung wünscht sich der Staat schon seit der ersten Automotive Policy von 1997. Auch 2009, 2012 und 2015 propagandierte die Regierung in den entsprechenden Policies immer wieder, wer die führenden OEMs sind – das wurde somit beinahe vordefiniert. Wirklich eingestellt hat sich davon nichts.“

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