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VW ID.7 im Test: Wie fährt sich das Elektro-Flaggschiff von VW?

Der ID.7 ist die größte Nummer im Elektro-Sortiment von VW. Mit reichlich Platz und hoher Reichweite soll die Fließheck-Limousine Lust auf Langstrecke machen. Ob das gelingt, klärt unser Test.

vw id.7 im test: wie fährt sich das elektro-flaggschiff von vw?

Achtungserfolg:  Der ID.7 hat es im September 2024 auf Platz drei der deutschen Elektroauto-Zulassungen geschafft. Hersteller

Was er ist:

Eine fast fünf Meter lange und in der gehobenen Mittelklasse angesiedelte Elektrolimousine. Gern wird der ID.7 als das vollelektrische Pendant zum VW Passat (unseren Test lesen Sie hier) beschrieben. Der Vergleich hinkt aber aus zweierlei Gründen. Erstens gibt es den Passat nur noch als Kombi, und zweitens ist der ID.7 nicht von ihm abgeleitet, sondern ein technisch ganz anderes Auto. Er basiert auf der Architektur des sogenannten Modularen Elektro-Baukastens (MEB), den auch die anderen Stromer des Volkswagen-Konzerns nutzen, bei der Marke VW sind es ID.3, ID.4, ID.5 und nicht zuletzt der ID.Buzz. Mit exakt 4,96 Metern Länge ist der ID.7 das größte Mitglied der Familie und gleichzeitig deren Oberhaupt, sprich das Flaggschiff. Gebaut wird er im niedersächsischen Emden.

Alternativ zur Limousine gibt es auch einen Kombi, der aber nicht dem üblichen VW-Sprachgebrauch folgt und “Variant” heißt, sondern “Tourer”.

Als Konkurrenten wären Hyundai Ioniq 6, BMW i5 oder Mercedes EQE zu nennen.

Wie er aussieht:

Von designtechnischen Experimenten hat VW noch nie etwas gehalten. Auch der ID.7 pflegt einen eher klassisch-konservativen Auftritt und grenzt sich damit von eigenwilligeren Konkurrenten wie dem Hyundai Ioniq 6 ab. Für eine Limousine fällt der Aufbau vergleichsweise wuchtig aus, der Luftwiderstandsbeiwert von 0,23 ist dennoch eine sehr gute und effizienzverheißende Größe. Und: Der ID.7 hat kein Stufen-, sondern ein coupéhaft abgeschrägtes Fließheck, die Kofferraumklappe schwingt also mitsamt der Heckklappe nach oben.

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Wie er eingerichtet ist:

Mit der Plastikwelt, wie sie der ID.3 vor seinem ersten Facelift offenbarte, hätte der ID.7 elitären Konkurrenten wie Mercedes EQE oder BMW i5 nicht zu kommen brauchen. Doch so, wie er nun ausstaffiert worden ist, kann er dem Vergleich schon deutlich gelassener entgegensehen.

Ganz ohne harten Kunststoff geht es im Innenraum zwar nicht ab. Doch insgesamt wirkt das Ambiente angemessen wertig, auch die sorgsame Verarbeitungsqualität überzeugt, und ein feineres Reisen als auf den “ergoActive-Premiumsitzen” ist kaum vorstellbar. Nicht nur die vielen Massageprogramme erbringen einen überaus wohltuenden Effekt, sondern auch die adaptive Sitzklimatisierung: Unter anderem beschäftigt sie Feuchtigkeitssensoren, die verschwitzte Körperpartien verifizieren und je nach Bedarf eine Heiz-, Kühl- oder Trocknungsfunktion auslösen. Wer sich den überaus wellnessigen Luxus wünscht, muss allerdings das 4475 Euro teure Interieurpaket “Plus” auf die Einkaufsliste setzen.

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Gut gelöst hat VW auch die Sache mit der Bedienbarkeit. Haptische Taster und Knöpfe kennt der ID.7 zwar nicht, so gut wie alle Funktionen sind dem großen, freistehenden 15-Zoll-Zentralbildschirm überantwortet worden, was aber insofern kein Schaden ist, als die Menüführung eine vertracktfreie und rasch zu erlernende ist.

Ziemlich mini und konfigurationsbeschränkt fällt das Fahrerinstrumentarium hinterm Lenkrad aus, aber auch daran gibt es nichts auszusetzen, denn das serienmäßige Head-up-Display mit Augmented-Reality-Bildgebung projiziert die relevanten Infos direkt ins Sichtfeld, Batterieladestand, Verbrauchswerte und Navigationsführung inklusive. Schon rein sicherheitstechnisch macht das eh mehr Sinn, weil sich der Blick so dorthin richtet, wo er hingehört, auf die Straße nämlich.

Nicht wirklich unsere Freunde geworden sind die intelligenten Luftausströmer, auf die VW so stolz ist. Sie öffnen und schließen automatisch und verteilen die Luft über eine sogenannte Wedelfunktion im Innenraum. Zugfrei fühlt sich anders an. Und eine individuelle Einstellung lässt sich nur über den Touchscreen vornehmen. Auch die Sprachsteuerung IDA hat uns etwas enttäuscht, denn sie hilft nur bedingt.

Wie viel Platz er hat:

In Hülle und Fülle. Auch räumlich erweist sich der Passagierbereich als echte Komfortzone, sieht man einmal vom Mittelplatz ab, herrscht selbst im Fond eine beeindruckend unbedrängte Bewegungsfreiheit vor. Die Qualifikation zur “Langstrecken-Limousine” schafft der ID.7 vollumfänglich. Reisegepäck und Shoppingausbeute lädt er mit dem Appetit eines 532 bis 1586 Liter großen Kofferraums ein. Wie allen ID-Modellen geht jedoch auch dem 7er ein “Frunk” unter der Fronthaube ab.

An dieser Stelle sei auch die Anhängelast erwähnt. 1200 Kilogramm sind kein Maximum, das vor Ehrfurcht erstarren lässt, aber andererseits gibt es noch immer viele Elektroautos, denen überhaupt nichts angehängt werden darf.

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Was ihn antreibt:

Ein 210 kW/286 PS starker Elektromotor, der an der Hinterachse sitzt und die Hinterräder antreibt. Den Fahrstrom bunkert eine Lithium-Ionen-Batterie mit 77 kWh Netto-Energiegehalt.

Der von uns gefahrene ID.7 Pro hat noch zwei Brüder, die jeweils einen größeren 86-kWh-Akku nutzen: Den Pro S mit gleichfalls 210 kW/286 PS sowie den sportlichen GTX mit 250 kW/340 PS und Allradantrieb.

Wie er sich fährt:

Ganz hervorragend. Nicht überstürzt, aber mit stetem, diskretem Drang setzt der immerhin 2,2 Tonnen gewichtige ID.7 den Fahrstrom in schnelle Bewegung um, bleibt dabei – auch was die Abrollgeräusche betrifft – flüsterleise. Dazu zeigt er sich mustergültig fahrsicher und egalisiert Unebenheiten mit einem gefühlten Schulterzucken, der adaptiven – allerdings aufpreispflichtigen – Fahrwerksregelung DCC sei Dank. Überrascht hat uns die Handlichkeit der stattlichen Limousine, der kleine Wendekreis von 10,9 Metern ist gerade im Stadtverkehr ein Plus.

Durchaus einen Unterschied machen die Fahrprogramme (Eco, Comfort, Sport, Individual). Und das Assistenzsystem “Travel Assist”, das die Funktion eines Abstandstempomaten unter anderem mit der Fähigkeit zum assistierten Spurwechsel und zum Spurhalten bündelt, ist an sich eine feine Sache. Doch die ebenfalls enthaltene vorausschauende Geschwindigkeitsanpassung und Kurvenassistenz hat unseren Testwagen auf der Autobahn abrupt auf 70 km/h heruntergebremst, “Kurve voraus” rechtfertigte sich das Display, der Hintermann war ersichtlich nicht amüsiert.

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So, wie man es von den anderen MEB-Modellen des Volkswagen-Konzerns schon kennt, bedarf es keines Drucks auf den Startknopf, um den Wagen in Fahrbereitschaft zu versetzen, geregelt wird dies mithilfe einer Sitzbelegungserkennung. Es genügt also, den rechts am Lenkrad installierten Satelliten auf die gewünschte Fahrstufe zu drehen – D, R oder B für verstärkte Rekuperation, die allerdings nicht bis zum sogenannten “One-Pedal-Driving” geht.

Von der Startlinie beschleunigt der ID.7 Pro in 6,5 Sekunden bis auf Tempo 100, die Höchstgeschwindigkeit beträgt abgeregelte 180 km/h.

Wie weit er elektrisch kommt:

Die WLTP-Reichweite von 618 Kilometern hört sich verheißungsvoll an, bleibt aber die übliche Wunschvorstellung. Rund 450 Kilometer hat uns der Bordcomputer jedoch in Aussicht gestellt, lenkt man den ID.7 über die Autobahn und überschreitet dabei schon mal die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h, muss nach etwa 350 Kilometern eine Ladestation aufgesucht werden.

Was er verbraucht:

Angesichts seiner Größe und seines Gewichts geht der ID.7 effizient mit seinen Stromvorräten um. Im Kurzstreckenverkehr hat er es bei 16,7 kWh/100 km belassen, als Schnitt haben wir nach zwei Wochen gemischten Betriebs 19,2 kWh notiert. Das war allerdings im Sommer, wenn der Winter den Akku frösteln lässt, dürfte mit höheren Verbrauchswerten und entsprechend verringerter Reichweite zu rechnen sein.

Dass die Wärmepumpe nicht serienmäßig verbaut wird, sondern 990 Euro extra kostet, ist ein Foul, das sich ein Auto dieser Preisklasse eigentlich nicht leisten sollte.

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Wie er lädt:

An der AC-Wallbox beziehungsweise Standard-Ladesäule dreiphasig und mit maximal 11 kW. Das geht in Ordnung, wenn das Auto über Nacht an der Heimladestation “hängen” kann, wer aber auf öffentliche Lademöglichkeiten in der Stadt angewiesen ist, würde vermutlich gern zumindest optional auf einen 22-kW-Onboardcharger zurückgreifen können.

Am DC-Schnellladepunkt verträgt der ID.7 bis zu 175 kW. Unser Testwagen hat maximal mit 168 kW geladen, das immerhin länger als nur für einen kurzen Moment, danach hat die Ladekurve die übliche Talfahrt begonnen.

Als sehr hilfreich auf Langstreckenfahrten erweist sich der sogenannte e-Routenplaner. Nach Eingabe des Zielorts denkt das Navi kurz nach und empfiehlt dann sinnvolle Ladestopps, dies unter Angabe des Betreibers, der Ladeleistung und der Verfügbarkeit der Ladepunkte. Gleichzeitig wird die Batterie automatisch vorkonditioniert. Alternativ funktioniert das auch manuell.

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Was er bietet:

Serienmäßig beispielsweise Sitz- und Lenkradheizung, Zweizonen-Klimaautomatik, Rückfahrkamera, Head-up-Display, kabellose Smartphone-Anbindung via Apple CarPlay und Android Auto, automatische Distanzregelung, Spurhalte-, Spurwechsel- und Ausparkassistent, Fernlichtassistent sowie 19-Zoll-Leichtmetallräder.

Im Exterieur-Paket “Plus” (3895 Euro) finden unter anderem die adaptive Fahrwerksregelung DCC, der dynamische Fernlichtassistent, die LED-Matrix-Scheinwerfer und die Progressivlenkung zueinander, das Komfortpaket (1800 Euro) beinhaltet beispielsweise das Navi, im Interieur-Paket “Plus” sind die beschriebenen ergo-Active-Sitze mit Massagefunktion und aktiver Klimatisierung sowie ein aufwendiges Harman-Kardon-Soundsystem versammelt. Der Travel Assist gehört zum Assistenzpaket “IQ.Drive” (1455 Euro). Er lässt sich aber auch nachträglich “Over the Air” freischalten, ebenfalls vorbereitet dafür sind der Park Assist Pro und die Umgebungsansicht der Rückfahrkamera.

Was er kostet:

Ab 53.995 Euro. Davon kann eine Kaufprämie in Höhe von 3570 Euro abgezogen werden. Hört sich nicht ganz billig an, und ist es auch nicht. Dennoch: Gerade im Vergleich zur Konkurrenz aus dem BMW- und Mercedes-Sortiment bietet der ID.7 ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis.

Was wir meinen:

Der VW ID.7 ist eine veritable elektrische Langstrecken-Limousine mit fabelhaftem Platzangebot, sehr guten Fahreigenschaften und lobenswerter Effizienz. Hinzulernen muss noch die Sprachassistenz. Gut denkbar, dass der komfortable große Wagen auch Flottenkunden vom elektrischen Fahren überzeugt, zumal nur 0,25 Prozent vom Bruttolistenpreis als geldwerter Vorteil versteuert werden müssen.

Ulla Ellmer

Datenblatt VW ID.7 Pro

Antrieb: Permanent-Synchron-Elektromotor an der Hinterachse, Eingang-Reduktionsgetriebe, Hinterradantrieb

Leistung: 210 kW/286 PS

Max. Drehmoment: 545 Nm

Batterietyp: Lithium-Ionen

Batteriekapazität: 77 kWh netto, 82 kWh brutto

Laden AC: Typ 2, 3-phasig, 11 kW

Laden DC: CCS, 175 kW

Ladedauer AC: 0 – 100 % in 8 h

Ladedauer DC: 10 – 80 % in 00:28 h

Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h (abgeregelt)

Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 6,5 sec

Reichweite WLTP: 618 km

Normverbrauch WLTP: 14,0 kWh/100 km

Testverbrauch: 19,2 kWh/100 km

CO2-Emission: 0 g/km

CO2-Klasse: A

Länge: 4,96 m

Breite: 1,86 m ohne, 2,14 m mit Außenspiegeln

Höhe: 1,54 m

Gepäckraum: 532 – 1047 l

Leergewicht: 2184 kg

Zulässiges Gesamtgewicht: 2640 kg

Zuladung: 456 kg

Anhängelast: ungebremst 750 kg, gebremst 1200 kg (8 % Steigung) bzw 1000 kg (12 % Steigung)

Stützlast: 75 kg

Dachlast: 75 kg

Reifengröße: 255/45R19

Versicherungs-Typklassen: 20 (HP), 23 (TK), 24 (VK)

Preis: Ab 53.995 Euro

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