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Porsche Taycan

Vorstellung Porsche Taycan Facelift: Mit 952 PS gegen US- und China-Konkurrenz

Ortstermin in Friolzheim bei Stuttgart: In einem Fotostudio stehen die drei Karosserievarianten des Porsche Taycan nebeneinander: Taycan Limousine, Taycan Sport Turismo und Taycan Cross Turismo, jeweils als Facelift-Modell des Jahres 2024. Auf den ersten und zweiten Blick fallen eine geänderte Frontschürze, ein neues Leuchtenband am Heck mit modisch leuchtendem Porsche-Schriftzug und neue Felgen auf.

Wer ganz genau hinsieht, der erkennt, dass die Scheinwerfer sich leicht verändert haben. Sie tragen nach wie vor die Porsche-typischen vier Tagfahr-Lichtpunkte, optional gibt es jetzt aber ein Aktivmatrix-Licht mit sage und schreibe 32.000 einzeln ansteuerbaren Lichtpunkten. Die Scheinwerfer sollen damit besonders exakt andere Fahrzeuge ausblenden und Informationen auf die Fahrbahn projizieren können.

Der Taycan Cross Turismo ist ein Turbo-Modell und trägt die Farbe “Turbonit” auf Logos, Fenstereinfassungen und Diffusor-Rahmen. Turbonit ist Porsche-Sprech für Titan-Farbe, was aber nichts daran ändert, dass das gut aussieht.

Die optischen Veränderungen sollen sich auf den Luftwiderstand auswirken – einen neuen cw-Koeffizienten nennt Porsche bei der Präsentation zwar nicht, aber allein die neuen Aero-Räder, die auf den ersten Blick wie gewöhnliche Speichenfelgen aussehen aber nur kleine Öffnungen aufweisen, sollen zusammen mit den neuen Hankook-Evo-Leichtlaufreifen 40 km mehr Reichweite bedeuten.

vorstellung porsche taycan facelift: mit 952 ps gegen us- und china-konkurrenz

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Detailverbesserungen für mehr Effizienz und viel mehr Reichweite

Auf die Reichweite wirken sich auch die Änderungen an der Leistungselektronik und an den Motoren aus: Statt wie bisher ein eigenes DC-DC-Modul für die Wandlung von 400 zu 800 Volt Ladespannung einzusetzen, gibt es jetzt ein hochintegriertes Leistungsmodul, das alle Lade- und Fahrsituationen abdeckt, wesentlich kleiner baut als die bisherige Lösung, und dabei effizienter und leistungsstärker ist.

Als Motoren setzt Porsche weiterhin auf permanenterregte Synchronmaschinen (PSM), die mit neuem Magnetfluss-Design (z.B. Y-förmige Anker), verringerten Abmessungen, geringerem Gewicht und natürlich besserer Effizienz aufwarten. Übertreiben will es Porsche mit der Sparsamkeit freilich nicht: Sowohl das Zweigang-Getriebe an der Hinterachse, das ausschließlich für den Start im Sport- oder Sport+-Modus eingesetzt wird, bleibt dem Taycan erhalten als auch die extreme Boost-Leistung im Turbo S. Aber dazu später mehr.

Das wichtigste Element für die Reichweite des neuen Taycan ist der neue Performance-Akku. Wie bisher sind 396 Pouch-Zellen auf 33 Akkumodule aufgeteilt, der Akku hat die gleichen Abmessungen, wiegt aber neun Kilogramm weniger als im Vorgängermodell und bietet mit 105 kWh (97 kWh netto) um 14 Kilowattstunden mehr nutzbare Kapazität.

In Summe bedeuten diese Änderungen einen ordentlichen Sprung bei der Reichweite: Die Basislimousine fährt nach WLTP 678 Kilometer weit, selbst die krass motorisierten Turbo und Turbo S schaffen 630 km nach der offiziellen Messnorm.

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Neue Zellchemie mit Rekord-Leistung schon bei 15 Grad Celsius

Bleiben wir kurz beim Akku. Die höhere Energiedichte, für die Porsche weiter auf Nickel, Kobalt und Mangan setzt (NMC-Akku), ist nur eine der guten Eigenschaften des neuen Kraftspeichers. Verbessert hat Porsche vor allem die möglichen Ladeleistungen unter verschiedenen Voraussetzungen: Während der Taycan seinen Akku für optimale 270 kW Ladepower bisher auf über 35 Grad vorwärmen musste, reichen dem neuen Akku bereits 15 Grad Starttemperatur für die neue Spitzenleistung von 320 kW. Die Ladeleistungs-Diagramme, die Porsche zeigt, sollen belegen, dass der neue Taycan unter allen Umständen schneller lädt als der alte, unter widrigen Bedingungen soll die Ladezeit sogar halbiert sein (zum Beispiel von 40 auf 20 Minuten für 10 bis 80 Prozent). Die Ladekurven sind dabei wirklich beeindruckend: Zwischen 10 und rund 60 Prozent Ladestand können über 300 kW in den Akku fließen, in zehn Minuten wären das runde 250 Kilometer Reichweite nach WLTP. Porsche gibt die optimale Ladezeit von 10 bis 80 Prozent mit 18 Minuten an. Hyundai-Fans werden anmerken, dass der Ioniq 6 das auch kann. Fahrer des Ioniq 6 wissen allerdings, dass die Bedingungen dafür perfekt sein müssen. Porsche führt uns die Fähigkeiten live vor: Nach rund 30 Kilometern Mitfahrt bei null Grad Außentemperatur und ohne sichtliche Vorkonditionierung stecken wir den Taycan Turbo S im Entwicklungszentrum in Weissach an einen 800-Volt-Lader an, und schon nach 22 Sekunden stehen 310 kW Ladeleistung im Display. Von 33 bis 55 Prozent Ladestand bleibt die Leistung bei unserem kurzen Stopp über 300 kW. Beeindruckend!

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Beschleunigung wird noch rabiater, die Rekuperation auch

Die neue Zellchemie bietet die erhöhte Leistung natürlich nicht nur beim Laden am Schnelllader, sondern auch bei der Rekuperation. Mit bis zu 400 kW verzögert der Taycan jetzt elektrisch. Dieser Kilowatt-Wert ist nur bei Autobahntempo erreichbar, die maximale Rekuperationsverzögerung von 4,5 m/s^2 aber schon bei Stadt-Geschwindigkeiten. Die elektrische Bremswirkung ist so hoch, dass die Scheibenbremsen im Alltagsverkehr nur zum Anhalten gebraucht werden. Porsche sieht deshalb ein regelmäßiges kurzes Anlegen der Bremsbeläge im Fahrbetrieb vor, damit die Bremsscheiben nicht korrodieren.

Trotzdem bietet Porsche weiterhin Keramik-Bremsscheiben an (im Turbo S serienmäßig), die das 2,4-Tonnen-Auto auch auf der Rennstrecke zuverlässig und dauerhaft mit mehr als der doppelten Verzögerung bremsen.

Akkus mit hoher Ladeleistung können ihre Energie auch schnell abgeben. Wie schnell, das zeigt eine Tabelle in der Porsche-Präsentation:  1.100 Ampere kann das neue Akkupaket liefern. Multipliziert mit der Nenn-Spannung von 800 Volt ergibt das 880 kW, also ca. 1.150 PS, die zur Verfügung stehen. Ein sehr theoretischer Wert, aber einer der zeigt, wie viel Luft für ein künftiges Topmodell mit möglicherweise drei Motoren noch bleibt.

Vorerst bescheidet sich Porsche aber noch mit dreistelligen PS-Zahlen. Der Antrieb in Taycan Turbo und Turbo S leistet jetzt dauerhaft 570 kW, also 775 PS. Die Dauerleistung übertrifft damit die kurzfristige Boostleistung des bisherigen Turbo S (560 kW). Damit ist das Ende der Fahnenstange aber nicht erreicht: Per Knopfdruck am Fahrmodus-Wahlschalter aktiviert der Turbo S jetzt 70 zusätzliche Kilowatt für maximal zehn Sekunden. 640 kW im “Push to Pass”-Modus sind schon 870 PS. Die volle Gewalt entfesselt das Topmodell nur im Launch-Control-Modus: 700 kW, also 952 PS schießen den Turbo S nach Werksangabe in 2,4 Sekunden auf 100 km/h. Bisher stimmten die Porsche-Werksangaben immer.

Bei unserer Mitfahrt im Kreis Ludwigsburg sind die 2,4 Sekunden zwar nicht möglich, weil Reifen und Straße zu kalt und nass sind. Was man beim Launchcontrol-Start aber spürt, ist, dass das Auto bis 100 km/h mit Schlupf an allen vier Rädern beschleunigt. Der Taycan Turbo S ist genauso schnell, wie es Reifen und Straße zulassen.

Bei 2,4 Sekunden drängt sich der Vergleich mit dem Tesla Model S Plaid auf, das leichter ist als der Taycan (2,2 zu 2,4 Tonnen) und noch etwas mehr Leistung bietet (1.020 PS). In den USA bewirbt Tesla das Auto mit 1,99 Sekunden für den Sprint von 0 – 60 Meilen pro Stunde, also bis 97 km/h. In den USA werden Beschleunigungen anders gemessen als bei uns (die Uhr startet erst, wenn das Auto einen Fuß, also 30 Zentimeter weit gerollt ist). Wir erwarten ein Patt zwischen dem Tesla- und dem Porsche-Topmodell.

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Komplett neue Fahrwerks-Technik

Porsches wurden noch nie dafür gebaut, Dragster-Rennen geradeaus zu gewinnen. Schon der bisherige Taycan hatte mit Allrad-Lenkung und elektromechanischen Stabilisatoren ausgesprochene Kurventechnik an Bord. Diese Stabilisatoren, die aus den Luxus-SUVs des VW-Konzerns (zum Beispiel Bentley Bentayga) entlehnt waren, sorgten mit 48-Volt-Technik dafür dass der Taycan ohne jede Seitenneigung um jede Kurve fährt und dabei ein Gefühl von Carrera-Rennbahn vermittelt. Der Taycan war dabei schon immer bemerkenswert komfortabel, aber der Stabilisator verhärtet die Federung in Kurven doch ein wenig. Das und die Tatsache, dass Porsche die 48-Volt-Versorgung im Taycan einsparen wollte, waren Grund genug, die Technik nach vier Jahren aus dem Auto zu schmeißen. Stattdessen gibt es jetzt etwas Neues, und das soll noch besser sein.

Alle Taycan-Modelle fahren jetzt serienmäßig auf einer Luftfederung, die schon beim Basismodell als adaptive Zweikammer-Technik aufgebaut ist. Das neue aktive Fahrwerk “Porsche Active Ride” kommt mit einer Luftkammer pro Feder-Dämpfer-Einheit aus. Die Luftkammern sind mit je einer Hochleistungs-Pumpe pro Achse verbunden, die das Federbein mit Druck beaufschlagen können. Das System ist so flexibel ausgelegt, dass es jedes Rad einzeln nicht nur dämpfen, sondern sogar federn kann, indem es Kräfte nach oben oder unten bewirkt. Porsche Active Ride bewirkt zunächst genau das gleiche wie das bisherige aktive Fahrwerk: Der Taycan Turbo S liegt auch bei wirklich schneller Kurvenfahrt wie das sprichwörtliche Brett, es gibt überhaupt keine spürbare Seitenneigung. Der Komfort ist dabei aber nochmals eine Stufe besser als zuvor. Bei unserer Mitfahrt ist der Fahrmodus auf “Sport” gestellt, und entsprechend flott geht es um die Ecken. Das Auto rollt dabei aber sehr geschmeidig auch über Unebenheiten und vermittelt einen unglaublichen Komfort bei diesen Geschwindigkeiten.

Das Fahrwerk kann noch mehr: Per “Curve Tilt” legt sich der Taycan in die Kurve, indem er die natürliche Seitenneigung überkompensiert. Per “Helicopter-Funktion” werden Bremsnicken und das Ansteigen der Front bei Beschleunigung ins Gegenteil überkompensiert. Porsche-Fans, die sich jetzt vielleicht einen albernen Achterbahn-Modus vorstellen, können beruhigt sein: Die Überkompensation ist sehr dezent und dient ausschließlich dem Komfort. Deutlich spürbar ist sie bei der Mitfahrt nicht.

Welche Power in den Pumpen im Aktivfahrwerk steckt, wird bei der Niveauregulierung ersichtlich: Als Komfortfunktion kann das Fahrwerk zum Aussteigen aus der tiefsten Position um 77 Millimeter nach oben gefahren werden – das tut es in dem Augenblick, in dem man den Türöffner betätigt. Der Vorgang dauert deutlich weniger als eine Sekunde, was bedeutet, dass die Pumpen eine Leistung von mindestens vier kW aufbringen. Sie arbeiten dazu mit der 800-Volt-Versorgung des Fahrantriebs.

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Schneller, stärker, weiter – und natürlich teurer

Kommen wir zum unangenehmen Teil. Die Zeiten, in denen der Taycan-Einstieg für unter 90.000 Euro möglich war, sind vorbei. Porsche hat gleich alle fünfstelligen Zahlen gestrichen: Der günstigste Taycan (Heckantrieb, 300 kW / 408 PS, 4,8 Sekunden von 0 bis 100 km/h) kostet 101.500 Euro, der Taycan Turbo S kostet als Cross Turismo mindestens 211.300 Euro. Dazwischen liegen die 4S-Modelle (400 kW / 544 PS) und die Turbo-Varianten (650 kW / 884 PS). Die Auslieferung der neuen Modelle sollte im Spätsommer beginnen.

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