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Toyota GR Yaris (2024): Facelift mit 8-Gang-Automatik im Test

Mehr Leistung, Paddles, komplett neues Interieur (aus dem man endlich raus sieht) - aber wirklich das bessere Auto?

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Während der Großteil der Hersteller längst sein letztes Bisschen Hot Hatch-Sportsgeist und Gänsehaut-Potenzial an der Ladesäule abgegeben hat, hört Toyota einfach nicht auf, die geschundenen Seelen der Enthusiasten mit wohlig-hemdsärmeliger Performance zu balsamieren. Jawohl, liebe Freunde des großartigsten Kleinwagens seit Menschengedenken – Little Daddy Bum Bum is back.

Und weil der Aufwand beim bisherigen GR Yaris noch nicht irrsinnig genug war (niemand kann mir erzählen, dass die Japaner mit diesem Auto einen Cent Geld verdienen), bringt man jetzt ein Facelift. Ein großes Facelift. Das noch viel stärker vom normalen Yaris abweicht. Wenn das Internet noch nicht gebrochen ist, dann dürfte das spätestens heute der Fall sein, denn soeben hat Toyota das neue Auto auf dem Tokyo Auto Salon 2024 ins Leben entsendet. Inklusive mehr Leistung, komplett neuem Cockpit und … Automatikgetriebe!!! Um Gottes Willen. Forums-Troll-Apokalypse in 3,2,1 …

Bildergalerie: Toyota GR Yaris 2024

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In der Galerie über diesem Absatz sehen Sie übrigens den fertigen 2024er GR Yaris ohne Tarnung. Freundlicherweise lud man mich bereits vor ein paar Wochen nach Madrid ein, um die neu gewonnenen Fähigkeiten zweier Vorserien-Prototypen auf dem wundervollen Jarama Circuit zu evaluieren. Und weil Toyotas Presse-Mannschaft weiß, wie der Hase läuft, wurde zu Vergleichszwecken auch noch ein „alter“ GR Yaris ran gekarrt. Paradiesische Test-Zustände also.

Bevor man mich nun sozialmedial in den Schlund des Vulkans wirft – ja Freunde, ich hab sie alle drei direkt nacheinander gefahren. Schalter alt, Schalter neu, Automatik neu. Und dann nach bestem Wissen und Gewissen aufgeschrieben, was mir dabei so alles aufgefallen ist. Auf dass es bei der Kaufentscheidung helfe …

Was ist denn überhaupt alles neu?

Erstaunlich viel für ein Auto, das im Prinzip ein absolutes Einhorn innerhalb der eigenen Modellpalette ist. Aber Toyota ist stolz wie Bolle auf sein Pocket-Supercar und das völlig zurecht. Die 25.000 für die Rallye-Homologation nötigen Einheiten waren ratz-fatz verkauft. Allein in Europa gingen seit dem Start Ende 2020 18.000 Exemplare über den Ladentisch. In Deutschland warten Kunden teils seit über zwei Jahren auf ihren Über-Yaris.

Völlig ungläubig erzählt mir ein Toyota-Sprecher, dass sich diverse Menschen mit illustren Supercar-Sammlungen neben all den Ferraris, Lambos und McLarens einen GR Yaris in die Garage gestellt haben. Der Kleine ist klassenlos. Und Oberboss Akio Toyoda liebt ihn auch, setzt ihn ständig bei Rennen ein. Sprich: Der GR Yaris genießt im Unternehmen Narrenfreiheit. Und das haben Chef-Entwickler Naohiko Saito und sein Team auch gnadenlos ausgenutzt. Wir haben es hier in großen Teilen mit einem neuen Auto zu tun. So richtig wirtschaftlich kann das nicht sein.

Uns ist das natürlich herzlich egal. Wir freuen uns zuerst einmal über mehr Leistung: Der stärkste Dreizylinder der Welt ist gerade noch ein bisschen stärker geworden. Na gut, im großen Bruder GR Corolla darf er mit 300 PS noch etwas dicker auftragen, aber hier sind es nun 280 PS und 390 Nm – 20 PS und 30 Nm mehr als bisher.

In einer beispiellosen Aktion, die PR-Hengste deutscher Autohersteller dazu bringen würde, instant von einer sehr hohen Brücke zu springen, legte Toyota den anwesenden Journalisten ein paar völlig zerstörte Kolben auf den Tisch. Wäre halt schon mal passiert im harten Renneinsatz, heißt es da unverblümt. Deswegen habe man jetzt bessere gebaut. Einen optimierten Kühler gibt’s auch noch dazu. Außerdem einen NACA-Einlass im Unterboden, einen extra Lufteinlass sowie eine Wassereinspritzung zur Kühlung des Ladeluftkühlers. Grüße an den Subaru Impreza WRX STi an dieser Stelle.

Generell haben Toyotas verschiedene Master Driver, wie sie dort ehrfurchtsvoll genannt werden, im harten Rallye- und Langstreckeneinsatz ziemlich viel kaputt gemacht. Das Gute ist, dass wir nun alle davon profitieren. Unter anderem in Form besserer Bremsleitungen, eines stabileren Metall- statt Plastik-Gitters für den Kühlergrill oder einer Frontstoßstange mit herausnehmbaren seitlichen Lufteinlässen, die nicht so leicht bricht. 

Wie war das nochmal mit der Automatik? Das passiert wirklich? 

Absolut wirklich. Das ist ja im Prinzip die Neuheit auf die die Sportwagen-Welt gewartet hat. Das World Wide Web war ja jetzt drei Jahre lang eine einzige, gewaltige Gerüchteküche. Und nun ist es amtlich: Der GR Yaris kriegt eine 8-Gang-Wandler-Automatik. Keine Sorge, der Schalter bleibt im Programm. Aber wer Paddles will, kann jetzt eben auch Paddles haben.

Die extrem kompakte 8-Gang-Box stammt von Aisin und funktioniert alles in allem auch nicht viel anders als – sagen wir – das hoch angesehene 8HP-Getriebe von ZF. Nur eben gefühlt 80 Prozent kleiner. Außerdem wiegt sie gerade mal 20 Kilo mehr als das 6-Gang-Schaltgetriebe. Warum kein Doppelkuppler: Erfahrungswerte, sagt Naohiko-san. Diese Art Getriebe kenne man eben deutlich besser. Als fleischigen Brocken wirft man uns dann noch hin, dass die neue Box beim Runterschalten schneller sei, als das DKG im 911 Carrera. GR-undgütiger …

Und trotzdem wirkt es einfach so vollkommen irre, für einen (immerhin sehr begehrten) Exoten wie den GR Yaris ein komplett neues Automatikgetriebe zu entwickeln.

Immerhin hat man außen nicht all zu viel geändert, oder?

Sagen wir mal so: Nicht-Experten werden mit großer Wahrscheinlichkeit nicht erkennen, ob Sie alt oder neu unterwegs sind. Aber das, was passiert ist, ist so nerdig und cool, dass man den Entwicklern am liebsten um den Hals fallen würde. 

Vorne gibt es neue seitliche Lufteinlässe, die den Luftstrom um die Räder optimieren sollen. Hinten hat man die dritte Bremsleuchte vom Dachspoiler nach unten in die Rückleuchten verfrachtet. Begründung: Ziemlich viele Menschen tauschen besagten Spoiler gegen amtliche Dachflügel-Apparrillos und wissen dann nicht mehr, wohin mit dem dritten Bremsbalken. Diese Sorge hat sich nun erledigt. Jubel in der Tuningszene. Toyota ganz nah dran am Volk.

Die Nebel- und Rückfahrscheinwerfer wurden ebenfalls neu positioniert. Statt im unteren Stoßfänger sind sie jetzt in die Heckleuchten integriert und gehen deshalb nicht mehr so schnell kaputt.

So sieht wahre Kundenliebe aus. Aber war das Problem des GR Yaris nicht eher innen?

Nicht “eher”, sondern “zu 100 Prozent”. Wer größer ist als ein Viertklässler, sitzt wie der berühmte Affe auf dem Schleifstein. Mit Helm wird’s da schnell grotesk. Außerdem sieht man nicht, wo man hinfährt, weil: Windschutzscheibe sehr schmal, Armaturenbrett sehr hoch, Rückspiegel sehr im Weg. 

Sie können sich wahrscheinlich schon denken, was jetzt kommt. Genau – die GR Yaris-Empathie-Squad hat auch hier genau hingehört und einfach alles geändert. Die Sitze wandern 2,5 Zentimeter nach unten, die Oberkante des Armaturenbretts wurde um ganze 5 Zentimeter tiefer gelegt und den Innenspiegel hat man so positioniert, dass er einem nicht mehr direkt im Gesicht hängt. 

Achso ja, das Cockpit hat man dann auch gleich neu gemacht. Komplett neu. Warum auch nicht? Es ist jetzt mehr zum Fahrer geneigt, ziemlich kantig, deutlich aufgeräumter und ungefähr 10x so schön. Es gibt 12,3-Zoll-Digital-Instrumentemit den Anzeigen-Modi “Normal” und “Sport”. Sie sind extrem rational gestaltet und fantastisch ablesbar. Außerdem können Sie nun ein Navi haben, wenn Sie wollen.

Das klingt alles ziemlich großartig. Fährt er jetzt wirklich noch besser?

Zuerst einmal sei hier erwähnt: Ich hatte den GR Yaris seit fast drei Jahren nicht mehr bewegt und peinlicherweise ein bisschen vergessen, wie unglaublich gut er ist. Die Lenkung schwer und voller Feedback und Großartigkeit. Das Getriebe ein bisschen grob und bockig, aber auf die genau richtige Art. Der Motor eine kleine, ungezogene Wildsau, die erschreckend gut im Futter steht. Der Sound: Herrlich gierig und schön rattig (durch die Lautsprecher wohlgemerkt, aber das in Perfektion). Das ganze Auto schreit förmlich danach, permanent richtig getreten zu werden. Und bleibt dabei so freundlich wie es nur geht. 

Selbst die maximale Folter-Behandlung in Jarama bringt das Auto nicht aus der Ruhe. Gar nicht. Den Yaris weglegen? Fast ein Ding der Unmöglichkeit. Man sieht halt nur verdammt beschissen raus. 

Und das ist – bei allem Hype um das neue Automatik-Getriebe – für mich auch der größte Pluspunkt am generalüberholten Facelift-Modell: Ich steige vom roten “alten” Yaris in den wild abgeklebten “neuen” Yaris (mit der neuen Sitzposition fühlt es sich eher an wie ein Fallen) und fühle mich trotz unverändertem Gestühl wie in einem komplett neuen, wertigeren, einladenderen Auto. 

Die Ergonomie, das Wie-man-drin-sitzt, das Wie-viel-man-plötzlich-sieht – das ist auf einem völlig neuen Level. Und es erhöht die Kontrolle über das Auto, das Wohlfühlen beim Schnellfahren in immensem Umfang. Der größte (und so ziemlich einzige) Kritikpunkt an diesem wunderbaren Auto wurde damit höchst erfolgreich eliminiert.

Das Schnellfahren selbst, oder das Fahren ganz generell, das hat sich gefühlt durch die Überarbeitung nicht sonderlich geändert. Im Handschalter schon gleich zweimal nicht. Dass der fuchsteufelswilde Einssecher-Dreizylinder jetzt 280 statt 260 PS hat, das geben Magen und Popometer nicht so wirklich ans Gefühlszentrum weiter.

Obenraus dreht’s vielleicht ein bissel freier, eher im Micrometer-Bereich. Aber zum Glück waren wir ja auf der Rennstrecke und da gibt’s eine Start-Ziel-Gerade und da standen ganz am Ende beim bisherigen GR Yaris so 207 bis 209 km/h und beim kommenden GR Yaris eher so 217 bis 220 Sachen auf der Uhr. Sie sehen also: Man merkt wenig, aber bringen tun sie viel die 20 PS. 

Können wir jetzt ENDLICH zur Automatik kommen?

Das können wir und ich starte gleich mit einer schockierenden These: Ich bin mir nicht so sicher, ob sie für dieses Auto die bessere Wahl ist. Ganz nüchtern betrachtet muss man sagen: Durch die kürzere Übersetzung wird der Yaris ein wenig spritziger. Das Hochschalten passiert schnell und zuverlässig, die Downshifts sind wie versprochen ein Ausbund an Geschwindigkeit und Explosivität. Selbst unter Volllast auf dem Track gab es keine Gedenksekunden oder nerviges Verheddern. 

Im Fahrmodus “Sport” (es gibt daneben “Normal” und “Eco”) werden die Gänge ein bisschen direkter und handfester gewechselt, aber erwarten Sie keine Lambo-mäßigen Schläge ins Kreuz. Es geht gesittet zu. Das Getriebe ist sauschnell und zuverlässig, aber in puncto Feeling natürlich keine Doppelkupplung. 

Die Schaltpaddles liegen griffgünstig, sind für ein Auto, das so speziell ist, aber ein bisschen arg fad gestaltet, fassen sich ziemlich gewöhnlich an und haben ein eher unemotionales Klickgefühl. Wer lieber unten am Schalthebel rumfuhrwerkt, erhält authentisches Rennfeeling, zieht fürs Hochschalten nach unten und drückt fürs Runterschalten nach oben. Ein Wunsch vom Boss Akio Toyoda persönlich. Für vernünftige Temperaturen sorgt der serienmäßige Getriebeölkühler.

Fahrwerte hat uns Toyota noch nicht mitgeteilt, es ist aber davon auszugehen, dass die Automatik-Version ein wenig schneller beschleunigen wird. Bisher waren es ja 5,5 Sekunden von 0-100 km/h. Mit dem leichten Leistungsplus und der Autobox sollte es wohl in Richtung glatte 5 gehen. 

Wo ist nun also das Problem? Problem würde ich es nicht unbedingt nennen. Das Automatikgetriebe machte einen sehr guten ersten Eindruck. Auf der Rennstrecke zumindest, woanders fuhr ich es ja nicht. Und dort bringt es natürlich auch herausragende Vorteile, einfach weil man mehr Kapazität hat, sich auf die Linie und das fantastische Handling des Autos zu konzentrieren. 

Aber es macht diesen kernigen, derben, unverfälschten Kompaktsportler eben auch glatter, androgyner, etwas gewöhnlicher, wenn man so will. Die Schaltarbeit mit dem knackfrischen, aber schwergängigen und handfesten Schaltgetriebe macht schon viel vom Charme des kleinen Rabauken aus. 

Sonst noch irgendetwas, das ich wissen muss?

Nun, nicht, dass es das zwingend gebraucht hätte, aber auch Chassis und Fahrwerk mussten nochmal zum Nachsitzen reinkommen. Der GR Yaris war schon vorher ein reichlich steifer Hund, jetzt hält er noch bombenfester zusammen. Kurz in den alten Test vom Februar 2021 gelurt und gecheckt: Bisher verfügte er über 4.175 Schweißpunkte (259 mehr als bei allen anderen Yaris) und wurde von 35,4 Metern strukturellem Klebstoff zusammengehalten. Jetzt sind es nochmal jeweils 15 Prozent mehr.

Des weiteren hat man die vorderen Dämpfer mit mehr Schrauben an den Domen befestigt, damit die Spureinstellungen auch bei Extrembelastung beständiger bleiben. Und man hat die Federraten um ein paar Prozentpunkte erhöht. 

Außerdem ging es den Einstellungen des Allradantriebs an den Kragen. Bisher verteilte man in den drei Verhältnissen 60:40 (Normal), 30:70 (Sport) und 50:50 (Track). Wer künftig am Rädchen links neben dem Schaltstock zupft, aktiviert die Modi Normal (60:40), Gravel (53:47) und Track (variabel zwischen 60:40 und 30:70). In Track erhofft sich das Team um Chef-Entwickler Saito eine gripstarke Vorderachse im Kurveneingang und mehr Push vom Heck beim Kurvenausgang. 

Wenn, dann sind die Unterschiede im Fahrverhalten marginal. Im Handling fühlt sich das Auto nicht wirklich anders an als bisher. Das sind hervorragende Nachrichten. Der Fokus liegt weiterhin eindeutig auf massivem Grip in allen Lagen. Den GR Yaris auf trockener Straße zum Ausbrechen zu bringen, ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Dem Fahrspaß tut das keinen Abbruch. Dieses Auto ist und bleibt ein Ereignis. Mit unglaublich vielen Facetten, großartiger Gefühlsechtheit und verschwenderischen Mengen an Talent. 

Lohnt es sich auf das Facelift zu warten?

Wir kennen die Preise noch nicht, aber ich gehe mal davon aus, dass der GR Yaris durch die massive Umgestaltung hier ordentlich zulegen wird. Gerade mit Automatikgetriebe dürfte das eine deutlich teurere Angelegenheit werden. Obendrein hat man das Basismodell gestrichen, da ohnehin so gut wie jeder das “Circuit-Paket” bestellt hat.

Rein vom Fahrverhalten her hat sich ja nicht wirklich viel geändert. Allerdings ist das neue Cockpit mit der stark verbesserten Ergonomie, der optimierten Sitzposition und der wesentlich besseren Sicht bereits ein sehr starkes Argument für den neuen GR Yaris. 

Die Automatik macht sicher Sinn, wenn man viel Rennstrecke fährt, sonst würde ich wohl beim Handschalter bleiben. Insgesamt ist der beste Hot Hatch seit Ewigkeiten gerade nochmal ein bisschen besser geworden. Für mich eine 9,5 oder sogar eine 10/10. Das Facelift startet im Sommer 2024. 

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