Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen Group, kritisiert die strengeren CO₂-Vorgaben der EU ab dem kommenden Jahr.
Allerdings: Seit Wochen regt sich Widerstand aus der Industrie. In einem Brandbrief fordert die europäische Autolobby (ACEA) die EU-Kommission dazu auf, die für 2025 geplanten strengeren CO₂-Werte zu senken oder um zwei Jahre zu verschieben. Auch Volkswagen-Chef Oliver Blume unterstützt diese Forderungen. Dafür kassiert VW nun große Kritik vom zweitgrößten europäischen Autobauer Stellantis aus Frankreich. „Wenn andere nicht bereit sind, sollte man sie fragen, wie das kommt, obwohl sie die Vorschriften schon seit vielen Jahren kennen. Was haben sie in den vergangenen fünf Jahren getan?“, sagte Stellantis-Chef Carlos Tavares in Richtung VW. Wir haben den deutschen Hersteller damit konfrontiert.
2025 sinkt der Schwellenwert für die CO₂-Flottenziele der Autohersteller durch neue Vorgaben der EU von derzeit 116 g/km auf 93,6 g/km. Aus Expertenkreisen ist derzeit allerdings zu hören, dass nur zwei Hersteller unter diesem Flottenwert liegen. Renault-Chef Luca de Meo warnte die EU davor, dass die europäische Industrie daher möglicherweise 15 Milliarden Euro an Strafen zahlen oder die Produktion von mehr als 2,5 Millionen Fahrzeugen aufgeben müsse, wenn die Elektrofahrzeuge auf dem heutigen Stand blieben. Stellantis-CEO Tavares kritisiert die Forderung, dass der Konkurrenz 2025 mögliche Strafen erlassen werden sollen.„ Die anderen sagen, sie seien noch nicht so weit und wollen die Ziele verschieben. Was für eine Art von Wettbewerb ist das?“, fragte er.
Der Umstieg auf Elektromobilität müsse für die gesamte Industrie gut geplant und umgesetzt werden. „Es geht dabei auch um Rahmenbedingungen, die wir nicht oder nur begrenzt in den eigenen Händen haben“, sagt der Sprecher. Aus Sicht von VW brauche es weitere Anstrengungen, um die Verunsicherung der Kunden und die daraus resultierende Kaufzurückhaltung für Elektroautos aufzulösen, die die Bundesregierung durch den kurzfristigen Entfall des Umweltbonus verursacht habe. „Der Hochlauf der Elektromobilität bleibt eine Gemeinschaftsaufgabe von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.“
Frank Schwope, Dozent für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) Hannover, hält die Kritik an VW teilweise für gerechtfertigt. „Jeder ist für die Einhaltung rechtlicher Vorgaben selbst verantwortlich“, sagt der Autoexperte auf Anfrage. Allerdings dürfe man nicht vergessen, dass Stellantis überproportional viele Kleinwagen im Portfolio habe. 2025 werde sich zeigen, wie sich die E-Autos von VW hinsichtlich der strengeren CO₂-Vorgaben der EU verkaufen.
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht die Sache auf Anfrage ähnlich. Die Kritik von Stellantis-Chef Tavares kann er nachvollziehen. „Man kann nicht zehn Jahre vorher ankündigen, dass man etwas macht, nur um dann eine halbe Stunde vorher abzusagen, weil die Großmutter krank geworden ist. Das geht nicht“, so der Gründer des privatwirtschaftlichen Forschungsinstituts Center Automotive Research (CAR). Aus seiner Sicht würde sich die EU-Kommission damit unglaubwürdig machen, etwas an ihrem Kurs zu ändern. Im Klartext: „Man darf die Entschuldigung von VW nicht annehmen.“
Eine Lösung könnte aus seiner Sicht sein, dass man die Strafzahlungen über zehn Jahre stundet und Gutschriften bekommt, wenn man unterhalb der Vorschriften liegt – sogenannte CO₂-Zertifikate. „Wir brauchen diplomatische Lösungen für dieses Problem“, sagt er. Aber: „Die Buße und die Regulierung muss bleiben.“ VW sei aber nicht allein für diese missliche Lage verantwortlich, betont der Autoexperte. „Dadurch, dass Habeck die Prämie kaputt gemacht hat, ist der Markt für Elektroautos zusammengebrochen.“ Zwar habe VW auch hausgemachte Probleme, weil die Modelle nicht attraktiv genug seien, beispielsweise durch Softwareprobleme und hohe Preise. „Aber man ist auch von der Politik reingelegt worden.“
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