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Erste Frau schließt Ausbildung in Motorrad-Werkstatt erfolgreich ab

Frau in Männerdomäne

Erste Frau schließt Ausbildung in Motorrad-Werkstatt erfolgreich ab

erste frau schließt ausbildung in motorrad-werkstatt erfolgreich ab

Catrin Vieregge stand als erste weibliche Auszubildende zur Zweiradmechatronikerin in der Werkstatt von Schomaker. Jetzt besucht sie die Meisterschule und will sich beruflich sich dem Motorsport widmen.

Statt Studium wählte Catrin Vieregge die Werkstatt: Die Entscheidung bereut die 21-Jährige nicht. Ihre Botschaft: Mehr Mut zum Handwerk – auch für junge Frauen.

Schwefe/Werl – Bei Honda Schomaker in Werl stand erstmals eine junge Frau in der Werkstatt: Catrin Vieregge aus Schwefe hat dort den Beruf der Zweiradmechatronikerin in der Fachrichtung Motorrad gelernt und hat als eine der Prüfungsbesten ihre Ausbildung abgeschlossen.

Die 21-Jährige fährt selbst Motorrad – eine KTM 690 – und ist mit Feuereifer dabei, hat ehrgeizige Zukunftspläne und will junge Frauen dazu ermutigen, ebenfalls den Schritt ins Handwerk zu wagen. „In der Werkstatt gibt es ganz viele Arbeiten, die funktionieren nicht alleine und nur im Team“, sagt Vieregge und nennt Beispiele. „Der Ausbau des Motors oder andere größere Arbeiten am Fahrzeug sind Dinge, die funktionieren nicht alleine.“

Als Frau in der Motorrad-Werkstatt: Das Team in der Werkstatt braucht jede Hand

Das Zusammenspiel untereinander mache letztlich so ein Werkstattteam, in das jeder seine Schwächen und Stärken einbringt. „Ich als Auszubildende bin eine wichtige Person, aber genauso mein Meister oder der Altgeselle, der seine Erfahrung mit in den Betrieb bringt“, sagt die 21-Jährige. „Das ist keine One-Man-Show. Es müssen alle an einem Strang ziehen“, so die Gesellin, die dazu ermutigt, auch mal Mut zur Lücke zu haben und jemanden aus dem Team zurate zu ziehen. Nur so sei es letztlich möglich, auch zierlichere Personen wie Frauen, die nun mal einen anderen Körperbau haben als Männer, mitzuziehen. Vieregge: „So kann jeder seinen Bereich in der Werkstatt einnehmen, besonders bei so einem großen Betrieb wie Schomaker.“

An Japanern schraubt es sich am besten.“

Catrin Vieregge Zweiradmechatronikerin

Nach dem Abitur wollte die Schweferin eigentlich studieren. Aber während des Praktikums in Werl bot ihr der damalige Altmeister einen Ausbildungsplatz an. „Dann hat es mir da so gut gefallen, dass ich mich doch lieber für die Werkstatt statt für den Hörsaal entschieden habe“, erzählt die 21-Jährige von der Entscheidung, die sie zu keiner Sekunde bereut hat.

Als Frau in Motorrad-Werkstatt: Das Hobby zum Beruf gemacht

„Man hat schnell gemerkt, dass Catrin Vieregge da richtig für brennt“, erinnert sich Marco Schmidt, Ausbildungsleiter bei Schomaker an die erste Frau, die in der Geschichte der Firma ihre Ausbildung zur Zweiradmechatronikerin absolviert hat. „Ehrgeiz schlägt jedes Talent. Wenn man etwas wirklich will, dann kriegt man es auch hin.“ Zuvor hatten ein Berufsfelderkundungstag sowie Praktika in der Motorradwerkstatt die Begeisterung der jungen Frau für das Handwerk entfacht. „Zu der Zeit bin ich schon mit dem Motorrad unterwegs gewesen. Später kam dann noch das Motocross-Fahren dazu“, berichtet Vieregge, von ihrer nach und nach gewachsenen Liebe zu den „heißen Eisen“ auf zwei Rädern, die sie, nun auch selbst reparieren kann.

Frauen im Handwerk: Zahlen, Daten, Fakten

Insgesamt befanden sich am 31. Dezember 2023 in Kammerbezirk Dortmund 1460 Frauen (15 Prozent) und 8246 Männer (85 Prozent) in einer Ausbildung. Der Anteil an weiblichen Auszubildenden im Kammerbezirk ist gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen (+0,3 Prozent). Um noch mehr junge Frauen fürs Handwerk zu begeistern und Betriebe dafür zu sensibilisieren, bei der Suche nach Fachkräften verstärkt auf Frauen zu setzen, hat die Handwerkskammer (HWK) Dortmund die Kampagne „Starke Frauen. Starkes Handwerk.“ gestartet. Ende 2023 wurde die Kampagne durch Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus ausgezeichnet. Unter dem Motto „Meine Zukunft: Chefin im Handwerk“ würdigte Paus die HWK Dortmund für ihren Ansatz zur Förderung von Frauen und Betriebsnachfolgerinnen im Handwerk.

Dank Abitur konnte sie die Ausbildung auf 2,5 Jahre verkürzen. Ein Freifahrtschein war das aber nicht. Theorie und Praxis mussten schließlich in einer kürzeren Zeit drauf geschaffen werden, weil ihr eben ein Jahr der regulären Ausbildungszeit fehlte. Die Verknüpfung sei dabei durchaus herausfordernd gewesen. „Das Motorrad ist nicht immer genau nach Lehrbuch gebaut und auch die Fehlersuche muss man selbst erleben und erfahren, um sie später gut bewerkstelligen zu können“, erklärt sie, warum hierbei „Learning by Doing“ gefragt ist.

Als Frau in der Motorrad-Werkstatt: „Fehlersuche ist Detektivarbeit“

Wenn ein Kunde mit einem Motorschaden in die Werkstatt kommt, fühle sie sich manchmal wie ein „kleiner Detektiv“, der solange alles zerlegen muss, bis er den Fehler gefunden hat. „Das ist wie eine kleine Schnitzeljagd und diese Abwechslung macht den Beruf aus.“

Bei alten Fahrzeugen sei durchaus Kreativität gefragt. Denn für sie gibt es nicht immer Ersatzteile. Lässt sich das Teil wieder instandsetzen oder ist eine Sonderanfertigung nötig? Was ihr Lieblingsmotorradhersteller ist? KTM fahre sie schon gerne. Allerdings geht an den Zweirädern der Marke gerne mal was kaputt. „Man kann sagen, an den Japanern schraubt es sich am besten. Also Motorräder von Suzuki, Yamaha, Honda oder Kawasaki.“ Aber auch an Maschinen von BMW und anderen Marken sowie an E-Bikes durfte Vieregge während ihrer Ausbildung, die sie Ende Januar mit gutem Ergebnis abschließen konnte, schrauben.

Als Frau in Motorrad-Werkstatt: Berufliche Zukunft im Motorsport-Bereich

Derzeit besucht die 21-Jährige die Meisterschule. Die Hälfte des Meisters hat sich schon in der Tasche. Ab April startet sie bei einem anderen Vertragshändler in Thüringen, das im Motocross-Rennsport-Bereich tätig ist. „Ich starte dann in der Motorsport-Szene“, sagt Vieregge stolz, ihrem Berufswunsch dann noch ein Stück näherzukommen. Schon bald fliegt Vieregge nach Madrid, weil der Vertragshändler die Europameisterschaft mitfährt. Ihr Ziel ist es, im Motorsport-Bereich Fuß zu fassen und zu schauen, was das Zweirad-Handwerk neben dem klassischen Werkstattalltag sonst noch zu bieten.

Die meisten trauen sich nicht. Ich glaube, das Handwerk ist gar nicht so schlecht. Dabei stünde es uns auch mit Blick auf den Fachkräftemangel gut zu Gesicht

Catrin Vieregge

In Erwägung zieht die junge Frau aber auch, sich selbstständig zu machen, sollte sich für sie kein passendes Plätzchen in der Arbeitswelt finden lassen. „Mal schauen, was die Zukunft bringt“, sagt Vieregge und hofft, dass sich noch mehr junge Menschen und Frauen aufraffen und ins Handwerk gehen.

Als Frau in Motorrad-Werkstatt: Grenze für Gesellen-Gehalt kurz überm Mindestlohn

„Die meisten trauen sich nicht. Ich glaube, das Handwerk ist gar nicht so schlecht und es stünde uns auch mit Blick auf den Fachkräftemangel gut zu Gesicht“, sagt sie und appelliert. „Der Staat und die Politik muss da auch ordentlich was tun“, sagt sie und erinnert sich an den Augenblick, als sie ihr Gehalt auf dem ersten unterschriebenen Arbeitsvertrag gesehen hat. Kurz überm Mindestlohn sei meist Ende als Geselle – auch nach dreieinhalb Jahren Ausbildung.

Bestprüfling in der Gesellenprüfung, ein 1. Platz auf Kammer- und ein 3. Platz auf Landesebene bei der Deutschen Meisterschaft im Handwerk. Ein erfolgreicher Start in den Beruf für Elektroniker Jens Kosek.

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