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Die Vorläufer des neuen Porsche 911 Dakar: Vom Monte-911 zum 959

Die Idee eines höhergelegten Elfers hat eine überraschend lange Tradition

die vorläufer des neuen porsche 911 dakar: vom monte-911 zum 959

In Kürze wird Porsche in Los Angeles den neuen 911 Dakar präsentieren. Einen höhergelegten Elfer fürs Gelände also. Ist man in Zuffenhausen dem Wahnsinn verfallen? Mitnichten, wie ein Blick in die Geschichte zeigt. Fast von Beginn an wurde der Porsche 911 auch abseits der Straße ordentlich rangenommen.

Schon 1967 startet Vic Elford bei der Rallye Monte Carlo in einem Porsche 911 S und sichert sich den dritten Platz im Gesamtklassement. Im Januar 1968 fuhr er einen Porsche 911 T mit 170 PS. Auf der Rampe vor dem Casino in Monte Carlo startete der Franzose Gérard Larrousse im Alpine mit 14 Sekunden Vorsprung als Erster, sogleich danach war Elford dran.

Der Brite fuhr wie von Sinnen und holte 20 Sekunden Vorsprung vor Larrousse heraus. Dessen Pech: Einige Zuschauer hatten Schnee auf die Straße geschaufelt. Larrousse rutschte darauf aus und fuhr mit seinem Alpine in die Mauer. Elford siegte.

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Porsche 911 T mit Vic Elford auf der Rallye Monte Carlo 1968

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Porsche 911 S 2,0 Coupé “London-Sydney”

Im gleichen Jahr entstanden drei besonders verstärkte Porsche 911 S für die aberwitzige Rallye “London-Sydney” 1968. Zehn Jahre später geht das Werksteam 1978 mit zwei 911 SC bei der Safari Rallye in Ostafrika an den Start. Es gilt, 5.000 Kilometer härtester Pisten bei glühender Hitze und sintflutartigen Regen zu überstehen. Die extremen Verhältnisse fordern ihren Tribut: von 72 Startern sehen 13 das Ziel. Martini Racing Porsche System Engineering hat mit dem Schweden Björn Waldegaard (Startnr. 5) und dem Kenianer Vic Preston jr. (Startnr. 14) ausgewiesene Könner als Fahrer verpflichtet.

Ihre 911 SC sind mit 28 Zentimetern Bodenfreiheit, sehr langen Federwegen, einem Unterbodenschutz, einer verstärkten Karosserie und einem Spezialfahrwerk bestens gerüstet. Trotz der schweren Safari-Karosserie, einem 110-Liter-Benzintank sowie 16 Litern Wasser und 20 Litern Öl an Bord ist der Porsche mit rund 1.250 Kilogramm vergleichsweise leicht.

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Porsche 911 SC 3,0 Rallye “East African Safari” 1978

Im Heck arbeitet der bewährte Dreiliter-Sauger vom Typ 911/77 mit 250 PS Leistung, der bereits die 911 RS und RSR seit 1974/75 antrieb. Ein sechs Millimeter starker Alu-Unterfahrschutz verläuft vom Bug bis zum Heck. Rennentwickler Roland Kussmaul: “Wegen des kurzen Radstands nickte und tauchte der Wagen stark ein. Ein dicker Stein im falschen Augenblick hätte die Auspuffkrümmer oder den Motor schwer beschädigen können. Außerdem kann der Wagen auf dem Alublech wie auf Kufen durch tiefen Schlamm oder Staub gleiten.”

Karosserie und Fahrwerk sind verstärkt, die Hinterachsschwingen aus Aluguss mit zwei Lagen GfK und 1,5 Millimeter Stahlblech gepanzert. Die Kupplung ist für den rauen Einsatz modifiziert, dem Getriebe verpasste Kussmaul einen Extra-Ölkühler und einen leicht verlängerten fünften Gang.

Massive Abstreifer schützen die stählernen Bremssättel vor Schlamm, der sie bei Testfahrten in Kenia glatt abschmirgelte. Kussmaul testete den Safari-Wagen mit zahllosen Testkilometern auf dem Panzerprüfgelände und mit der hastigen Fahrt über eingegrabene Eisenbahnschwellen in Weissach.

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Porsche 911 3.2 4×4 auf der Rallye Paris-Dakar 1984

Waldegaard führt anfangs, fällt aber mit Hinterachsproblemen zurück und beendet den Weltmeisterschaftslauf auf Platz vier. Preston jr. sieht bis zur Endphase wie der mögliche Sieger aus, wird aber nach Antriebswellenschäden Zweiter. Zum dritten Mal steht nach 1972 und 1974 ein Porsche-Fahrer als Zweiter auf dem Podium in Nairobi. Es ist der vorerst letzte Safari-Einsatz des Werks. 

In den 1980er-Jahren wendet sich Porsche dem Namensgeber des künftigen 911 Dakar zu, der damaligen Rallye Paris-Dakar. Peter Falk gilt als großartiger Theoretiker und Praktiker, der als Leiter der Rennentwicklung und als Rennleiter in den Achtzigerjahren viele Porsche zu unvergessenen Siegesserien führt. Zwei Gesamtsiege bei der Rallye Paris-Dakar in den Jahren 1984 und 1986 werden zu weiteren Höhepunkten seiner Karriere.

“Ich war immer ein Rallyefreund, jemand, der nicht nur auf schönen Asphaltstraßen fahren kann. Für mich war es immer wichtig, dass ein Auto auch im Gelände gut sein sollte”, sagt Falk, ein bekennender Allrad-Fan. Gemeinsam mit seinem Team um Techniker Roland Kussmaul entwickelt Falk in weniger als einem Jahr den 911 Carrera 3.2 4×4, intern 953 genannt, für die Rallye Paris-Dakar.

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Porsche 911 3.2 4×4 (953) Dakar (1984)

Der 953 basiert auf dem 911 der G-Serie und verfügt über einen 3,2-Liter-Sechszylinder mit niedrigerer Verdichtung, um auch minderwertigeren Kraftstoff verarbeiten zu können. Der eigentliche Unterschied liegt jedoch weiter unten: Herzstück des 953 ist ein neuer Allradantrieb, bei dem die Kraft im Verhältnis 31:69 auf die Vorder- und Hinterachse übertragen wird. Außerdem verfügt das Fahrzeug über ein manuell sperrbares Mittendifferential.

Für die 14.000 Kilometer lange Strecke durch einige der härtesten und unwirtlichsten Regionen der Erde vergrößerte Porsche außerdem den Federweg auf 270 Millimeter und baute eine Doppelquerlenkeraufhängung mit zwei Stoßdämpfern vorne und einer verstärkten Achse mit zusätzlichen Schraubenfedern hinten ein. Die Karosserie wurde mit einem eingeschweißten Stahlkäfig massiv verstärkt.

Die Türen, das Dach, die vorderen Kotflügel sowie alle Scheiben bis auf die Windschutzscheibe wurden zur Gewichtsersparnis aus Polycarbonat (Kunststoff) gefertigt. Da bei der Paris-Dakar täglich enorme Distanzen zurückgelegt werden müssen, bauten die Ingenieure von Porsche außerdem einen 120 Liter fassenden Kraftstofftank in den Kofferraum vorne und einen zusätzlichen Tank von 150 Litern hinter dem Fahrersitz ein.

Die französischen Rallye-Veteranen René Metge und sein Co-Pilot Dominique Lemoyne fuhren den radikal neuen 911 bei seinem ersten Auftritt zum Sieg. Damit gewann zum ersten Mal in der Geschichte der Paris-Dakar ein Sportwagen diesen Marathon. Ihre Teamkollegen Jacky Ickx und Claude Brasseur fanden sich nach einem Kabelbrand auf Platz 139 wieder, doch sie konnten sich im 953 letztlich auf den sechsten Platz vorkämpfen.

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Porsche 959 Paris-Dakar (1986)

Der Porsche 959 trat vor 30 Jahren seinen Siegeszug auf Rallyes und Rundstrecken an. Der Supersportwagen debütierte 1985 als Technologieträger und schnellstes Serienfahrzeug der Welt, das auf 292 Exemplare limitiert war. 450 PS leistete der 2,85 Liter große Sechszylinder-Boxermotor dank der innovativen Registeraufladung und Ladeluftkühlung, einer Eigenentwicklung von Porsche.

Die Kraftübertragung übernahm ein Sechs-Gang-Getriebe und ein elektronisch geregelter Transaxle-Allradantrieb, der im siegreichen Porsche 953 auf der Rallye Paris-Dakar 1984 erprobt wurde. 1986 gewann die Rallye-Version des 959 Paris-Dakar.

Der 911 Vision Safari wurde 2012 entwickelt, aber Porsche wartete bis 2020, um das Auto zu enthüllen. Es ist eigentlich ein fahrfähiger Prototyp und wurde auf dem Kiesbelag der firmeneigenen Testanlage in Weissach eingesetzt. Chefkonstrukteur Michael Mauer fuhr mit dem aufgebockten Elfer und war beeindruckt: “So viel Spaß habe ich selten zuvor gehabt!”

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