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Autozulieferer Eberspächer: Mit Auspuff in den Sonnenuntergang

autozulieferer eberspächer: mit auspuff in den sonnenuntergang

Im Werk von Eberspächer: Produktion der Euro-6-Abgasanlagen für Nutzfahrzeuge

Wir wachsen in dem Bereich nach wie vor enorm“, sagt Michael Peters, als er über seine Abgassparte spricht. „Das glaubt man nicht, wenn man bei uns in die Zeitung schaut.“ Der Chef und Miteigentümer des Autozulieferers Eberspächer stört sich erkennbar am schlechten Ruf, den der Verbrennermotor in Deutschland aus seiner Sicht hat. „Man kann nicht sagen: Das ist alt und böse und gehört in eine Bad Bank“, sagt er.

Kaum jemand steht so exemplarisch für die deutsche Automobilindustrie wie Eberspächer. Der Konzern, der seinen Sitz in Esslingen nahe Stuttgart hat, ist fast 160 Jahre alt, fing einst mit Glasdächern an und produziert seit fast 100 Jahren Bauteile fürs Auto. Er gehört nach wie vor komplett der Familie, Peters, der eingeheiratet hat, führt Eberspächer in fünfter Generation. Mit etwa 10.000 Mitarbeitern, knapp 4000 davon im Inland, ist es ein wichtiger Arbeitgeber an seinen Standorten, versteht sich aber doch als Mittelständler.

Zielmarge von 6 Prozent

Die Transformation der Autoindustrie setzt Eberspächer massiv zu. Seit Jahren ist der Konzern kaum profitabel, schreibt immer wieder rote Zahlen. Die Eigenkapitalquote sinkt, die Verschuldung steigt. Im vergangenen Jahr blieb unter dem Strich ein Verlust von 94,4 Millionen Euro, wie Peters am Mittwoch in einer Runde mit Journalisten sagte. Auch operativ blieb vor Zinsen und Steuern ein Minus von 21 Millionen Euro. Peters führte vor allem operative Probleme in den USA an. Qualitätsprobleme und Sonderschichten hätten deutlich höhere Kosten verursacht. Inzwischen seien die Probleme aber im Griff. Deshalb geht er im laufenden Jahr wieder von einem besseren Ergebnis aus. Bis zum Jahr 2026 gab er eine operative Marge von 6 Prozent als Ziel aus.

Von Verkaufsplänen seiner Abgassparte, die es in der Vergangenheit gab, haben er und die anderen Familienmitglieder Abstand genommen. „Wir werden an dem Geschäft als Familienunternehmen festhalten. Wir planen nicht, dass wir das kurzfristig loswerden“, sagte Peters. Er schloss jedoch nicht aus, dass ein Partner einsteigen könnte. Grund dafür ist auch, dass die Finanzierung immer schwieriger wird. Hiesige Banken würden im Abgasgeschäft aufgrund von Umweltstandards immer zurückhaltender. Eberspächer, das bisher laut Peters kein Rating von Ratingagenturen hat, muss deshalb kapitalmarktfähiger werden. Als künftige Geldgeber kommen auch Private-Equity-Investoren infrage. Bis 2025 ist das Unternehmen nach eigenen Angaben über einen Konsortialkredit durchfinanziert, wobei die Banken bei manchen Personalentscheidungen inzwischen mitreden.

„Die Aufträge sind so, wie sie sind“

Die Abgassparte steht für gut 70 Prozent des Umsatzes und legte im vergangenen Jahr ebenfalls um knapp ein Fünftel auf 1,9 Milliarden Euro zu. Ganz ähnlich wuchs das deutlich kleinere Geschäft mit Fahrzeugheizungen, die zunehmend elek­trisch werden und knapp 30 Prozent der Geschäfte ausmachen. Insgesamt legte der Nettoumsatz im deutlichen Gegensatz zum Ergebnis um knapp ein Fünftel auf 2,7 Milliarden zu. Eberspächer unterscheidet zwischen Nettoumsatz, bei dem etwa Rohstoffkosten, die laut Peters nur durchlaufende Posten seien, rausgerechnet werden, und dem Bruttoumsatz. Dieser stieg um gut 7 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro. Das erklärt sich laut Peters dadurch, dass die gesunkenen Rohstoffpreise für Platin, Rhodium oder Palladium sich nicht im Nettoumsatz niederschlagen.

Aktuell hängt Eberspächer zu 52 Prozent am Verbrenner, Hybridautos nicht eingerechnet. Das Verbrennergeschäft entwickle sich nicht schlechter als die E-Mobilität, sagte Peters. „Wir müssen das herstellen, was der Markt verlangt. Die Aufträge sind so, wie sie sind.“ Auch im Jahr 2025 sollen die Verbrenner noch die Hälfte der Umsätze ausmachen. Er spricht von einem „Sunset-Business“.

Diese Sonnenuntergangsstrategie begründet er erstens damit, dass die Sparte künftig wieder Geld einspielen soll. „Das wird cashflowmäßig interessant sein. Wir müssen weniger investieren in ein stabiles Geschäft.“ Es handle sich um sehr reife Produkte, die sehr stark wüchsen. Zweitens verweist er auf Entwicklungen in anderen Ländern. Er sei kürzlich in Brasilien gewesen, dort setze man statt auf Elektroautos auf Bioethanol. Auch anderswo bleibe der Verbrenner wichtig.

Kritik an Regeln und Vorgaben

Von den EU-Vorgaben hält er wenig. Auf die Frage, ob er die Antriebsregulierung in China oder der EU besser findet, hebt er zu einer Tirade gegen die Planwirtschaft an – in Europa. Er kritisiert Detailregeln, Strompreisvorgaben und die Diskussion über synthetische Kraftstoffe. Die Chinesen stiegen später aus dem Verbrenner aus, die Regulierung sei marktwirtschaftlicher. Er forderte ein Umdenken: „Das dauerhafte Mehr an Anspruchsdenken geht nicht auf: mehr Wohlstand, mehr sozial, mehr Klima.“ Deutschland halte international immer weniger Schritt. „Energie planwirtschaftlich zu verteilen“ oder „über eine 32-Stunden-Woche nachzudenken“ sei populär, damit werde man aber nicht erfolgreich sein. „Es gibt immer weniger Gründe, in Deutschland zu investieren. Ich mag das nicht akzeptieren als deutscher Unternehmer.“

Auch von der Euro-7-Abgasnorm hält er wenig. „Das ist von der Politik“, er unterbricht sich mit einem sarkastischen Lacher, „natürlich eine unglaubliche Herausforderung, jetzt Normen zu setzen, die wir bis 2025 beliefern müssen.“ Ebers­pächer würden die umstrittenen Regeln in die Karten spielen. „Das ist natürlich zusätzliches Geschäft“, sagt Peters und grinst schelmisch, als er gefragt wird, ob er sich das von den Autoherstellern fürstlich vergüten lassen würde. Es sei immer die Frage, wer am längeren Hebel sitze.

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