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Elektroautos: Schritt für Schritt zur grünen Batterie

Wie grün ein E-Auto wirklich ist, hängt vor allem von der Batterie ab. Die EU plant ambitionierte Vorgaben für Transparenz und Recycling – mit einer großen Schwachstelle.

elektroautos: schritt für schritt zur grünen batterie

Kanadas Premierminister Justin Trudeau und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im März 2023 in einer Recyclinganlage der Firma Li-Cycle im kanadischen Kingston

Die herausragende Stärke des Elektroautos ist seine Energieeffizienz. Von einer produzierten Kilowattstunde Strom kommt viel tatsächlich am Rad an, wenig geht auf dem Weg dorthin verloren. Die Schwachstelle ist dagegen der hohe Materialbedarf. Für die Batteriesysteme braucht es viele Metalle: Stahl oder Aluminium für die Verpackung. Kupfer für die Kabel. Und Lithium, Nickel oder Kobalt als chemisch aktive Komponenten. Wenn jährlich Millionen Elektroautos gebaut werden, ist der Bedarf enorm.

Die Förderung dieser Metalle belastet die Umwelt. In manchen Minen sind die Arbeitsbedingungen schlecht. Und die Abhängigkeit von einzelnen Ländern, die beim Abbau oder der Veredelung von Metallen ein Quasimonopol haben, ist ein strategischer und industriepolitischer Nachteil.

Batterien zu recyceln, wäre also in jeder Hinsicht sinnvoll. Doch noch ist es billiger, neue Rohstoffe zu fördern. Es besteht somit wenig Anreiz für die Hersteller, ihre Batterien recyclingfreundlich zu bauen und recyceltes Material einzusetzen.

Das Europäische Parlament will das ändern und hat am Mittwoch eine umfangreiche Batterieverordnung beschlossen. Die Zustimmung des Europäischen Rats innerhalb der üblichen Dreimonatsfrist gilt als sicher. Das zentrale Vorhaben ist, die Mindestquote fürs Recycling erheblich anzuheben. Außerdem können Käuferinnen und Käufer von Elektroautos in Zukunft im Verkaufsraum ablesen, wie viel Kohlendioxid bei der Produktion freigesetzt wurde. Die Batterieverordnung sehen viele Expertinnen und Experten als großen Fortschritt. Es ist aber auch Kritik zu hören.

Bald muss ein Großteil des Lithiums recycelt werden

Eine verpflichtende Recyclingquote ist nicht neu: Bisher musste 50 Prozent einer Batterie (gemessen an ihrem Gewicht) recycelt werden. Ein Wert, den Firmen schon erreichen können, indem sie Batterien per Hand zerlegen. Die Verpackung und einige Komponenten haben genügt, um den Zielwert zu erreichen. Das heißt, dass die verschlissenen Zellen inklusive kostbare Rohstoffe oft verbrannt werden. Dafür hat sich der beschönigende Begriff thermische Verwertung etabliert. Faktisch gibt es bisher also lediglich ein Pseudorecycling.

Die neue Batterieverordnung sieht vor, dass ab 2027 die Hälfte des Lithiums zurückgewonnen werden muss. Diese Quote steigt bis 2031 auf 80 Prozent an. Und Produzenten neuer Batterien müssen dieses Rezyklat verwenden: Ab 2031 müssen sechs Prozent des Lithiums und des Nickels sowie 16 Prozent des Kobalts aus der Kreislaufwirtschaft stammen.

Technisch ist das kein Problem. Das Unternehmen Duesenfeld bei Braunschweig hat beispielsweise schon 2019 gezeigt, dass ein Batteriemodul in einer Schutzgasatmosphäre gefahrlos geschreddert werden kann. Am Ende eines mehrstufigen Trennungsprozesses bleibt eine schwarze Masse übrig, aus der wiederum die wichtigsten Metalle gewonnen werden können. Das oder ähnliche Verfahren stehen bei mehreren Firmen vor dem industriellen Hochlauf. Damit könnten mehr als 90 Prozent der Rohstoffe wiedergewonnen werden.

Der Beschluss des Europäischen Parlaments geht aber weit übers Recycling hinaus. So müssen für Batterien von Elektroautos sämtliche CO₂-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette dokumentiert werden. Ab 2026 soll das für die Kundinnen und Kunden nachvollziehbar sein. In einem Pass müssen Hersteller zusätzlich die Herkunft der Materialien transparent machen.

Zwar wird es noch viele Jahre dauern, bis eine relevante Menge von Elektroautos alt genug für die Wiederverwertung ist. Und davor ist noch die Zweitverwertung der Batterien zum Beispiel als Pufferspeicher für Solarstrom wahrscheinlich, zumindest, wenn kein Totaldefekt vorliegt. Heute wird vor allem Ausschuss aus der Produktion recycelt, um die Industrieverfahren auszuprobieren. Aber mittelfristig entsteht hier eine neue Branche.

Die Sorgfaltspflicht sieht außerdem vor, dass Unternehmen den Menschen, die in dieser Lieferkette arbeiten, Zugang zu einem Beschwerde- und Entschädigungsmechanismus haben. Theoretisch soll also jemand, der in einer Mine im Kongo unter miserablen Bedingungen Kobalt schürft, Entschädigung einfordern können.

Vorgabe zur Reparaturfähigkeit fehlt

So weit, so innovativ? Nicht ganz. Georg Bieker, Leiter des Batterieclusters beim International Council on Clean Transportation (ICCT) macht auf einen Mangel aufmerksam: Die EU schreibt nicht vor, dass Batterien reparaturfähig sein müssen. Wenn nur einzelne Zellen statt des gesamten Systems defekt sind, wäre ein Ersatz viel sinnvoller als der komplette Austausch. Der ist aber nicht immer möglich, zum Beispiel, wenn die Zellen verklebt oder verschäumt sind.

Unabhängig von der Batterieverordnung könnte die EU mit Blick auf den Verbraucherschutz bei E-Autos durchaus noch strenger durchgreifen. In Kalifornien müssen Batterien ab 2030 zehn Jahre nach Kauf oder nach 240.000 Kilometern immer noch 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität haben. Die EU-Kommission sieht im Entwurf für die Abgasnorm Euro 7 nur 70 Prozent nach acht Jahren oder 160.000 Kilometern vor. US-amerikanische Verbraucher werden also wirksamer geschützt als europäische.

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