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Autoumbau: MS-Patientin macht bittere Erfahrungen - „Verzögerungstaktik der Behörden“?

„Herablassende Belehrung“ einer Rollstuhlfahrerin

Autoumbau: MS-Patientin macht bittere Erfahrungen – „Verzögerungstaktik der Behörden“?

autoumbau: ms-patientin macht bittere erfahrungen - „verzögerungstaktik der behörden“?

Das Projekt Autoumbau ist für Rosi Geiger eminent wichtig, sie möchte auch weiterhin mobil sein. Sie fürchtet aber, dass der Termin für die Förderung nicht haltbar ist. PRIVAT Verzögerungstaktik der Behörden?

Die Apfeldorferin Rosi Geiger hat Multiple Sklerose und braucht verstärkt ihren Rollstuhl. Um auch weiterhin mobil zu sein und arbeiten zu können, möchte sie ihr Auto auf Handbedienung umbauen lassen. Und macht derzeit viele bittere Erfahrungen, vor allem mit der Landsberger Führerscheinstelle.

Apfeldorf – „Es ist ein Wahnsinn, seit Jahresanfang mache ich damit rum, das hinzubringen.“ Rosi Geiger ist verzweifelt. Die 54-jährige dreifache Mutter aus Apfeldorf hat seit 20 Jahren Multiple Sklerose. „Durch die schleichende Verschlechterung vor allem in den Beinen, bin ich immer mehr auf den Rollstuhl angewiesen.“ Weil die Kundenberaterin bei der Sparkasse aber unbedingt weiterhin unterwegs sein und sicher am Straßenverkehr teilnehmen möchte, war der Plan, ihr extra dafür angeschafftes neues Automatikauto umbauen zu lassen. Eine Autowerkstatt aus Peißenberg, die sich auf behindertengerechten Umbau spezialisiert hat, könnte das Fahrzeug der Apfeldorferin mit einer Handbedienung für Gas und Bremse ausstatten sowie mit einem Verladesystem für den Rollstuhl.

Die Umsetzung des Umbaus dauert schon viele Wochen

Der Plan ist einfach, die Umsetzung indes dauert und kostet viele Nerven. Der Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung war schon ein unglaublich umfangreiches Verfahren, wie die Apfeldorferin berichtet: Drei Anträge, 24 Seiten Formulare, acht Anlagen mit Befunden und ärztlichen Bescheinigungen, drei Nachforderungen. „Ende April bekam ich den Bescheid, dass mich die Deutsche Rentenversicherung zur weiteren Teilhabe am Arbeitsleben fördert, vielen Dank dafür.“ Allerdings gibt es einen Termin: Die Zusage gilt nur bis 30. Juli.

„Anfangs dachte ich mir noch, das bekomme ich leicht hin.“ Am 25. April kontaktierte sie das Landratsamt. Denn jetzt geht es um das kraftfahrttechnische Gutachten durch den TÜV. Den Auftrag hierfür muss die Führerscheinstelle an den TÜV senden, sobald das Gutachten vorliegt, kann die Führerscheinstelle die Freigabe zum Umbau erteilen. „Die Prüfung wollte ich längst gemacht haben, aber erst jetzt, nach sechs Wochen, hat die Führerscheinstelle den Auftrag erteilt“, ärgert sich Geiger. Mit einer „unglaublichen Verzögerungstaktik“ sei sie Woche für Woche vertröstet worden, die Fachatteste für die Rentenversicherung hätten angeblich nicht ausgereicht, die 54-Jährige habe zwei weitere einschicken müssen – „ich sollte etwas vorlegen mit weniger Fachchinesisch“, habe es als Begründung geheißen.

Belehrung an der Führerscheinstelle „herablassend“

Die persönliche Begegnung mit dem Leiter der Führerscheinstelle beschreibt die Apfeldorferin außerdem als herabwürdigend, eine „bittere Erfahrung“, an die sie sich als Rollstuhlfahrerin wohl erst noch gewöhnen müsse: „Eine halbe Stunde lang hat er mich – er im Stehen, ich im Rollstuhl – herablassend darüber belehrt, welche zahlreichen Vorschriften sie zu beachten hätten, und ich solle mich eher darauf einstellen, dass ich es bis Ende Juli nicht hinkriegen werde“.

Die Apfeldorferin ist irritiert, denn die Bemühungen, weiterhin sicher im Straßenverkehr unterwegs zu sein, gingen von ihr selbst aus. Was ihr mit Blick auf die bürokratischen Hürden am meisten zu denken gebe: „Ich fühle mich nicht als Behinderte, gehe täglich zur Arbeit, kann mit dem Computer umgehen und brauche trotzdem so viele Monate. Wie mag es da erst einem Menschen ergehen, der tatsächlich beeinträchtigt ist?“ Geiger hat das Gefühl, dass da „Verzögerungstaktik“ dahinterstecke mit dem Ziel, dass der Antragsteller irgendwann aufgibt. „Das finde ich sehr ernüchternd und schlimm, denn auch das gehört doch zur Barrierefreiheit, dass man Unterstützung bekommt.“ Statt Hilfe seitens der Behörden bekäme sie nur Steine in den Weg gelegt.

Jetzt steht eine Fahrprüfung an

Auch der Weg bis zum neuen Auto ist weiterhin steinig. Jetzt darf sie also endlich eine Fahrstunde machen mit Fahrlehrer und TÜV-Prüfer. Das soll zügig passieren. Aber diese Bescheinigung geht dann wieder an die Führerscheinstelle zur Freigabe. Und das Auto muss auch noch umgebaut und abgenommen werden. „Ich habe wirklich Sorge, ob das zeitlich bis Ende Juli funktioniert.“ Schließlich geht es auch um viel Geld: Der Umbau kostet laut Voranschlag rund 18 000 Euro.

Landratsamt: „Der Termin ist zu halten“

Diese Bedenken hat Wolfgang Müller, Pressesprecher im Landratsamt Landsberg, nicht, „das sollte klappen, wir denken, dass der Termin zu halten ist“. Seitens der Führerscheinstelle sei versichert worden, „alles getan zu haben, um die Maßnahme so gering wie möglich zu halten“. Im Gegenteil: Man habe Geiger sogar noch einige Dokumente erspart. Und die Apfeldorferin könne nun sogar direkt in Peißenberg die Begutachtung machen, dort sei man darauf spezialisiert. „Sobald das vorliegt, muss das nur noch kurz geprüft werden und es gibt einen Stempel in den Führerschein – ein kleiner Verwaltungsakt“, so Müller. Mehr gebe es aus Sicht des Landratsamtes dazu nicht zu sagen.

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