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Warum Mercedes für Taxis nicht mehr erste Wahl ist

warum mercedes für taxis nicht mehr erste wahl ist

Neuerdings bietet Mercedes keine Sondermodelle für Taxis ab Werk mehr an. Das dürfte die Stuttgarter weitere Marktanteile im Geschäft mit Taxiunternehmen kosten.

Ältere Jahrgänge können sich wahrscheinlich noch daran erinnern: Wer früher ein Taxi bestellte, durfte getrost davon ausgehen, von einem Fahrzeug der Marke Mercedes abgeholt zu werden. Sogar intoniert wurde diese Gleichung in den frühen 1980er-Jahren mit dem Blödelhit Taxi der Gruppe DÖF: “I steh in der Költn und woat auf a Taxi, oba es kummt net”, heißt es im Refrain, “I woat auf des Brummen von am Mercedes Diesel, oba es brummt net.” Menschen, die auf Taxis warten, sieht man auch vier Jahrzehnt später noch – abgeholt werden sie dann aber meist von Fahrzeugen anderer Hersteller. Was ist aus dem einstigen Beinahemonopol von Mercedes geworden? Warum haben andere Marken jetzt die Nase vorne?

Für Leopold Kautzner, Obmann der Wiener Taxiinnung, handelt es sich bei den Verschiebungen in erster Linie um eine Kostenfrage: “Mercedes befindet sich im hochpreisigen Segment, während andere Hersteller günstiger sind.” Die Kosten für Anschaffung, Betrieb, Service und etwaige Reparaturen eines Fahrzeugs seien für Taxiunternehmer essenzielle wirtschaftliche Faktoren. “Da der Kostendruck in den letzten Jahren gestiegen ist, entscheiden sich viele Unternehmer für günstigere Marken”, sagt Kautzner.

Das zeigt sich auch an den als Taxi neu zugelassenen Fahrzeugen: Im Jahr 2009 hatte Daten der Statistik Austria zufolge Mercedes hier noch einen Marktanteil von mehr als 30 Prozent, der bis ins Vorjahr auf 26 Prozent sank. Im Gegenzug startete vor allem Toyota durch: Der Anteil der Japaner erhöhte sich im selben Zeitraum signifikant von knapp sieben auf fast 40 Prozent. Vor allem bei Hybridfahrzeugen, die etwas mehr als die Hälfte des Taxisbestands in Wien ausmachen, ist Toyota sehr gefragt.

Gute Erfahrungen mit Hybriden

Aber warum sind Hybride so beliebt? “Hybridfahrzeuge sind sparsamer”, sagt Kautzner. Zudem habe man gute Erfahrungen hinsichtlich Haltbarkeit und Zuverlässigkeit gemacht. Noch recht selten sind hingegen rein elektrisch betriebene Taxis, was der Innungsobmann auf die “noch langsam wachsenden Ladeinfrastruktur” zurückführt. “Mit steigender Infrastruktur wird die Zahl der elektrischen Taxis in den nächsten Jahren sukzessive zunehmen”, ergänzt er.

Klar ist aber auch, dass Taxiunternehmen andere Ansprüche an ein Fahrzeug haben als Privatpersonen. “Da Taxiunternehmer sehr viele Kilometer fahren, stehen Effizienz und Wartungskosten an erster Stelle”, erklärt Kautzner. Neben Sparsamkeit ist der Komfort für den Fahrer wichtig, wozu er ein Automatikgetriebe zählt. Ebenso jener für die Fahrgäste, die auf der Rückbank auch zu dritt genug Platz haben sollten. “Leicht abwaschbare Sitzbezüge, die maßgeschneidert über die Sitze gestülpt werden, stehen ebenfalls hoch im Kurs”, ergänzt der Experte.

Starkes Minus in Deutschland

Zurück zu Mercedes, dessen Stern auch in Deutschland im Sinken begriffen ist: Insgesamt wurden von Jänner bis August 497 Fahrzeuge der Marke Mercedes als Taxis zugelassen, nach 1730 im Vorjahreszeitraum, das Minus beträgt 71 Prozent. Vor fünf Jahren lag der Marktanteil der Stuttgarter in der Branche laut Daten des Marktforschers Dataforce noch bei 52 Prozent, im Vorjahr waren es 38 Prozent, heuer nur noch 13 Prozent. Die Tendenz geht also in Deutschland noch stärker nach unten als in Österreich – aber warum?

“Taxis passen einfach nicht zu unserem Luxusanspruch”, zitiert das Handelsblatt einen nicht namentlich genannten Mercedes-Manager. Bereits im Vorjahr hat Konzernchef Ola Källenius der Marke eine Luxusstrategie verpasst und in deren Zuge nun nahezu alle Sonderversionen und vergünstigten Finanzierungen eingestellt. “Nach intensiver Prüfung und umfangreichen Marktanalysen haben wir festgestellt, dass in der Personenbeförderung Absatz und Verbauquoten für eine tragfähige Werkslösung nicht nachhaltig genug sind”, erklärt das Unternehmen dazu. Soll heißen: Der Markt ist zu klein, man verdient mit dem Taxigeschäft zu wenig Geld. Für Taxiunternehmen bedeutet das: Sie müssen Spezialfirmen dafür bezahlen, normale Mercedes-Modelle nachträglich in Taxis zu verwandeln.

“Markt de facto aufgegeben”

Mercedes habe “den Taximarkt de facto aufgegeben”, sagt Michael Oppermann, Geschäftsführer des deutschen Bundesverbands Taxi und Mietwagen. Trotz überschaubarer Absatzzahlen könne es sich für Autobauer aber lohnen, hohe Marktanteile in der Branche anzustreben, denn: “Jede Fahrt in einem Taxi ist auch eine Probefahrt”, erläutert er, “deshalb ist es für viele Hersteller attraktiv, sich in diesem Markt zu engagieren.” Neuer Branchenprimus bei Taxis ist in Deutschland Volkswagen, auch Toyota hat Mercedes überholt.

Auffallend ist in Österreich, dass in den vergangenen beiden Jahren die Zahl der Taxi-Neuzulassungen merklich gestiegen ist. Dahinter vermutet die Wirtschaftskammer Wien Nachholeffekte der Corona-Krise, die für einen zwischenzeitlichen Einbruch gesorgt hatte, sowie eine generell höhere Nachfrage, die sich auch in einem gesteigerten Interesse an Taxilenkerprüfungen zeige. Als Folge gehen in Wien die bisherigen Taxikennzeichen mit der Endung “TX” zur Neige. Daher können in der Bundeshauptstadt nun auch Fahrzeuge mit den Endungen “ATX” und “BTX” zugelassen werden. “Damit ist garantiert, dass man mit einem geprüften Wiener Taxiunternehmen fährt”, sagt Innungsobmann Kautzner.

Knapp 19.000 Taxifahrzeuge gibt es laut Wirtschaftskammer in Österreich, davon rund 6500 in der Bundeshauptstadt. Seit Juli ist gesetzlich vorgeschrieben, dass alle Taxis in den Fahrzeugen Informationen mit den Fahrgastrechten und den Pflichten der Lenker anbieten – entweder über Infokarten oder über QR-Codes. Damit kann man übrigens auch anonym die Fahrt, den Fahrer oder die Fahrerin sowie das Fahrzeug bewerten. Zudem werden neue Bezahlmethoden eingeführt, die Taxizentrale 40100 bietet etwa über den Payment-Anbieter myPOS eine weitere Form von bargeldloser Bezahlung an. (Alexander Hahn, 8.10.2024)

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