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Gewinnwarnungen in Serie: Autohersteller wie VW und Mercedes stecken tief in der Krise

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Produktion des Fiat Grande Panda EV im serbischen ;Kragujevac: Auch der Stellantis-Konzern kämpft mit einem sinkenden Absatz. Oliver Bunic / Bloomberg / Getty

Die Krise in der Autoindustrie ist längst nicht mehr nur ein Phänomen der Marke Volkswagen oder der deutschen Hersteller und ihrer Zulieferer. Sie hat grosse Teile der Branche erfasst, wie die Serie an Gewinnwarnungen in den vergangenen Wochen gezeigt hat. Alle Konzerne vereint, dass die Geschäfte in China schlecht laufen, dem seit einigen Jahren grössten Automarkt der Welt.

Dort haben reine E-Autos und Plug-in-Hybride inzwischen einen Marktanteil von mehr als 40 Prozent erreicht. Viele westliche Hersteller sind in dem Segment schlecht aufgestellt und haben kaum wettbewerbsfähige Angebote. Hinzu kommt das Faible der Chinesen für Digitalisierung und Infotainment, auch hierbei hinken ausländische Anbieter oft hinterher. Ferner machen sich im Reich der Mitte auch die schwache Konjunktur und die Immobilienkrise beim Absatz bemerkbar.

Bei Stellantis dürfte sich die Marge halbieren

Anfang der Woche schockierte der Opel-Mutterkonzern Stellantis die Börse mit einer deftigen Gewinnwarnung. Das Unternehmen erwartet nur noch eine um Sondereffekte bereinigte Gewinnmarge von 5,5 bis 7 Prozent. Damit läge der Wert lediglich halb so hoch wie in den beiden Vorjahren. Der freie Cashflow wird voraussichtlich zwischen –5 und –10 Milliarden Euro notieren. Der Aktienkurs von Stellantis ist seitdem um 12 Prozent eingebrochen.

Das Konglomerat war Anfang 2021 durch die Fusion der französischen Peugeot-Citroën (PSA) mit Fiat Chrysler (FCA) entstanden. Zu ihr gehört auch die deutsche Marke Opel. Derzeit harzt besonders das Geschäft in Nordamerika, wo der Konzern mit Marken wie Chrysler, Dodge, Jeep und RAM vertreten ist. Die Marktanteile sinken, und mehrere Fabriken leiden unter einer schwachen Wirtschaftlichkeit, worauf mit Rabatten reagiert wurde. Hinzu kommen Absatzprobleme in Europa, wogegen Stellantis in China bisher kaum präsent ist.

Auch dem Volkswagen-Konzern machen zahlreiche Probleme zu schaffen, weshalb er am Freitagabend bereits die zweite Gewinnwarnung innerhalb weniger Monate veröffentlicht hat. Der Umsatz und die operative Rendite dürften 2024 noch schlechter ausfallen, als bisher erwartet worden ist. Die Wolfsburger nennen unter anderem das herausfordernde Marktumfeld als Grund. Das Unternehmen verkauft jedes dritte Auto in China, die Marke VW sogar ungefähr jedes vierte. Dort ist der Konzern in Sachen Elektromobilität und Infotainment jedoch zu wenig wettbewerbsfähig, so dass der Anschluss an chinesische Konkurrenten in diesem Segment verlorengegangen ist.

Volkswagen erwägt Werkschliessungen in Deutschland

Zugleich kämpft Volkswagen auch mit dem schwachen Automarkt in Europa, wo im ersten Halbjahr insgesamt lediglich 7,9 Millionen Personenwagen verkauft wurden. Im Jahr 2019, dem letzten guten Auto-Jahr vor der Corona-Pandemie, waren es in den ersten sechs Monaten noch 9,6 Millionen Personenwagen. Hinzu kommt die schwache Konjunktur vor allem im Heimatmarkt Deutschland sowie die schleppende Nachfrage nach Elektroautos.

Inzwischen scheut sich VW nicht mehr vor drastischen Massnahmen. Der Vorstand hat in Deutschland die Job-Garantie gekündigt, schliesst betriebsbedingte Entlassungen nicht mehr aus und erwägt sogar Werkschliessungen. Dies alles hat es in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland nicht gegeben, weshalb Gewerkschaften und Mitarbeiter unter Schock stehen und Widerstand angekündigt haben.

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In den USA Protestieren Mitarbeiter gegen Ford und GM. T. ;Glascock / Bloomberg / Getty

Bereits in den Wochen davor hatten auch Mercedes-Benz und BMW drastische Korrekturen ihrer Jahresprognosen vorgenommen. Die Stuttgarter erwarten statt einer Umsatzrendite von 11 Prozent nur noch einen Wert von 8,5 Prozent, obwohl die Geschäfte in Europa und den USA noch einigermassen laufen. Mercedes ist von einem schwachen Absatz in China betroffen. Im vergangenen Jahr verkaufte der Konzern ferner im Top-Segment von Fahrzeugen mit einem Preis von über 100 000 Euro noch knapp 330 000 Fahrzeuge, dieses Jahr sinkt der Wert laut Unternehmensangaben vermutlich unter 300 000 Autos.

BMW wiederum kämpft mit erheblichen Qualitätsproblemen und musste in den vergangenen Quartalen zahlreiche teure Rückrufaktionen vornehmen. Jüngst schockte das Unternehmen seine Aktionäre mit einem Rückruf von 1,5 Millionen Fahrzeugen aufgrund von anhaltenden Problemen mit einem von Continental zugekauften Bremssystem. Zugleich wurde die Auslieferung fertiggestellter Fahrzeuge mit dem System gestoppt. Die Gewinnmarge im Auto-Segment dürfte nur noch 6 bis 7 Prozent erreichen nach zuvor prognostizierten 8 bis 10 Prozent.

Damit zeigt sich für die gesamte Branche drastisch ein neues Risiko, nämlich die Qualitätsprobleme bei den Zulieferern. Betroffen davon sind inzwischen BMW, Mercedes-Benz und die Volkswagen-Tochter Audi. Auch Zulieferer wie beispielsweise Bosch, Continental oder ZF Friedrichshafen müssen nämlich erheblich sparen, haben ebenfalls Entlassungen angekündigt und teilweise ihren Geschäftsausblick reduziert.

ZF Friedrichshafen senkte beispielsweise vor kurzem die Gewinn- und Umsatzprognose. Schon Ende Juli hatte das Unternehmen einen Abbau von bis zu 14 000 Stellen in Deutschland angekündigt, was rund ein Viertel aller Arbeitsplätze in Deutschland ist.

Ford und GM streichen oder verschieben Projekte

Mit Problemen ringen auch etliche andere Hersteller. In den USA haben Ford und General Motors (GM) beispielsweise neue Elektromodelle gestrichen oder die Lancierung verschoben. So hat beispielsweise Ford Ende Juli die Pläne für ein grosses elektrisches SUV ad acta gelegt, und GM hat Pläne für eine gemeinsame Batteriefabrik mit Samsung vorerst verschoben. In den USA liegt der Absatz von Elektroautos deutlich hinter Europa und vor allem China.

Eine Gewinnwarnung veröffentlichte Anfang der Woche auch Aston Martin. Die Briten sind ebenfalls von einem schwachen China-Geschäft sowie Problemen von Zulieferern betroffen. Ein Ende der Krise in der Autobranche ist derzeit nicht absehbar, die jüngsten Meldungen waren der Auftakt für einen heissen Herbst in der Autobranche. Derzeit haben viele Hersteller das Jahr abgeschrieben und hoffen auf 2025, in dem eine Konjunkturerholung beim besseren Absatz helfen könnte.

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