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Toyota C-HR

Toyota C-HR (2024) im Test: Was kann der Plug-in-Hybrid mit 223 PS?

Der wichtigste Toyota in Deutschland ist komplett neu. Wir durften schon fahren. Was er kann und was nicht ...

toyota c-hr (2024) im test: was kann der plug-in-hybrid mit 223 ps?

Falls Sie sich über die seltsame Lackierung des japanischen Raumschiffs auf unseren Bildern wundern: Auch bei Toyota gehört es inzwischen zum guten Ton, den Journalisten-Tross in ein noch “getarntes”, nicht ganz fertiges, neues Modell zu stecken, weit bevor selbiges wirklich auf den Markt kommt.

Ob unser Feedback bei diesen “pre drives” wirklich von Belang ist, darf stark bezweifelt werden. Aber der Hersteller kriegt ein Presserauschen zur richtigen Zeit und wir eine halbwegs exklusive Geschichte mit ganz viel Hintergrund-Info – es lässt sich also für beide Seiten aushalten. In diesem Fall setzte uns Toyota Motor Europe (TME) in die zweite Generation der kompakten Crossover-Kante C-HR.

Was ist das?

Als der erste C-HR im Jahre 2016 vorgestellt wurde, soll der ein oder andere Fachbesucher in Deckung gegangen sein, weil er dachte, ein mutiertes Insekt habe gerade einen schweren Unfall mit einer Pyramide gehabt. Aber wie sich im Nachhinein herausstellte, hatte der ein oder andere Fachbesucher absolut keine Ahnung. 

Das komische, kleine, kantige Ding mutierte zum Bestseller. In einem der kompetitivsten Segmente überhaupt. Für den Großteil der Kunden war ausgerechnet das schräge Design Kaufgrund Nummer Eins. Und kein Toyota hat bisher mehr Käufer von anderen Marken herüber gezogen. 

Sie sehen schon, der C-HR hat eine gewisse Relevanz für seinen Hersteller. Vor allem in Europa, wo er über den Ladentisch ging, als sei er aus Teig und frisch aus dem Ofen. Deswegen hat man die zweite C-HR-Generation vorsichtshalber gleich in europäische Hände gegeben. Aber tutto completto, nur das wir uns da nicht falsch verstehen. Das neue Auto wurde in Südfrankreich gezeichnet, in Brüssel entwickelt und gebaut wird es in der Türkei.

Neben der Verbesserung der Hybridantriebe und dem üblichen Nachhaltigkeits-Gedöns (gefühlt sind drei Vierteil des Autos aus recyceltem Material oder besonders umweltfreundlich lackiert), lag das Hauptaugenmerk auf der Optimierung der optischen und haptischen Qualität. Sie wissen ja, wo der Ami oder der Japaner ein Material völlig okay findet, da zuckt der durchschnittliche Europäer unkontrolliert mit dem Auge vor blankem Entsetzen. 

Von außen erkennt man das Hochwertigkeitsversprechen an einem ziemlich avantgardistischen Design, das a) noch immer sehr stark nach aus dem Vollen gefräster Messe-Studie aussieht und b) in echt erstaunlich gut funktioniert. Gerade die etwas retro-futuristische Heckansicht samt beleuchtetem “Toyota C-HR”-Logo im Rückleuchtenband macht Bock. Zudem gibt es nun bündige Türgriffe, die ausfahren. All die Eckigkeit schadet dem cW-Wert übrigens nicht wirklich. Für den Klassenbestwert von 0,315 hat man ziemlich viel geackert in der Aero-Abteilung. 

Innen haben sich Toyotas Europa-Versteher vor allem an Details zu schaffen gemacht, die den Wohlfühlfaktor erhöhen sollen. So sehen jetzt etwa die silbernen JBL-Lautsprecherabdeckungen super-duper-premium aus. Und man erblickt eine 64-farbige Ambientebeleuchtung, die je nach Tageszeit die Farbe wechseln kann. Es gibt zwei 12,3-Zoll-Displays (bei den Einstiegsvarianten hat der Infotainment-Screen 8 Zoll), ein Head-up-Display und sehr sportlich aussehendes Gestühl. 

Wenig überraschend steht auch der neue C-HR auf der TNGA-Plattform (Toyota New Global Architecture). Im Vergleich zum Vorgänger hat man den Unterbau ein wenig leichter und steifer hinbekommen – wie man das nun mal so macht bei einem Nachfolger. 

Was die Motoren betrifft, ist Hybrid erwartungsgemäß Trumpf. Es gibt zwei Vollhybride und einen Plug-in-Hybrid. Die Vollhybride mit 1,8- und 2,0-Liter-Saugbenzinern kennen Sie aus dem Corolla. Sie leisten 140 und 198 PS. Der Zweiliter ist auch mit einem zusätzlichen Heckmotor und Allradantrieb zu haben.  

Viel wichtiger am heutigen Tag ist allerdings der Plug-in-Hybrid. Einfach, weil er derjenige ist, den die Japaner für diesen Testlauf auserkoren haben. Im Prinzip haben wir es hier mit dem Antrieb aus dem neuen Prius zu tun. Und der ist relativ stark. Sexy geradezu mit seinen 223 PS Systemleistung. Das reicht für 7,3 Sekunden von 0-100 km/h und 180 km/h Spitze. Der 13,8-kWh-Akku sorgt laut Hersteller für eine elektrische Reichweite von 66 Kilometer. 

Hauptkonkurrent des 4,36 Meter langen Crossover-Coupés ist sicher der Volkswagen T-Roc. Bei uns in Deutschland ist der C-HR für Toyota inzwischen das wichtigste Auto, noch vor Corolla Cross und Co. Generation Nummer Zwei wird Anfang 2024 zu den Händlern rollen. Zu den Preisen wurde noch nichts gesagt. 

Wie fährt er?

Sie wissen, was jetzt kommt: Das erste, was dem handelsüblichen deutschen Autojournalisten entfährt, wenn er ein elektrifiziertes Saugbenziner-Gefährt mit CVT-Getriebe beurteilt, ist eine Schimpftirade, die sich gewaschen hat – zu lahm, Leistungsentfaltung wie ein Hubba Bubba-Kaugummi und Geräusche mit dem Wohlklang einer Kreissäge (unter dem eigenen Bett). 

Beim neuen C-HR muss ich mich dahingehend allerdings mächtig zügeln. Nicht alles ist perfekt, aber vieles ist besser. Der 120-kW-E-Motor und der Zweiliter-Sauger mit seinen 152 PS harmonieren prächtig. Dazu ist das rein elektrische Fahren keine Qual, sondern geht ganz im Gegenteil dank der 163 PS und 208 Nm des permanenten Synchronmotors in der Stadt und selbst beim Durchbeschleunigen außerhalb recht locker und angenehm flott vonstatten.  

Wie Sie es angehen wollen, bestimmen Sie über zwei kleine Schalter auf der Mittelkonsole direkt neben dem Fahrersitz. Im EV-Mode hat der Verbrenner Sendepause, auch wenn Sie das Gas voll in den Boden stampfen. In EV/HV-Auto sucht sich der C-HR selbst den besten Mix aus, wählt den Antrieb nach Streckendaten aus dem Navi und rekuperiert auch nach diesen, etwa vor Ampeln, Kreisverkehren et cetera. Das funktionierte im Test einwandfrei. 

Zur Wahrheit gehört auch: Bringt man das Auto ins Schwitzen, sprich: Braucht man mal alles, was beide Maschinen zusammen zu bieten haben, wirkt das irgendwie nicht wie 223 PS in einem Kompaktauto. Aber das ist ja häufiger die PHEV-Krux, zumindest bei denen, die nicht 500+ PS haben. In diesen kurzen Momenten durchlebt man dann auch den eigentlich vergessenen Sauger-CVT-Konflikt. Allerdings auch nur dann. Und es ist noch im Rahmen. Alles in allem wirkt das CVT deutlich besser als etwa im Corolla. Das leicht Dröhnige lässt sich auch hier nicht komplett wegdiskutieren, aber so richtig nervig ist es nicht.

Dazu überzeugt der C-HR mit sehr spontanen und quicklebendigen Reaktionen auf Gasbefehle, wenn man bereits rollt – etwa beim kurzen Zwischenspurt auf der Landstraße oder wenn man in der City die berühmte kleine Lücke sieht. Das hat dann schon einen gewissen E-Auto-Charme. 

Noch ein Wort zum Verbrauch: Bei meiner 75-Kilometer-Testrunde fuhr ich hauptsächlich im Auto-Modus. Es ging vermehrt durch die Stadt und einige Dörfer. Ein paar Kilometer Autobahn waren auch dabei. Am Ende spuckte der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 3,3 Liter Liter aus. Der Akku war zu Fahrbeginn voll aufgeladen und war im Anschluss noch zu 70 Prozent gefüllt.  

Gibt es etwas ähnliches wie Fahrspaß?

Das wäre vielleicht ein wenig übertrieben. Und ich glaube, das stand jetzt auch nicht mit Prio 1 im Lastenheft der Entwickler. Der neue C-HR ist grundsätzlich ein eher gemütlicher Typ. Besonders sportlich abgestimmt ist er nicht. Muss er auch nicht. Die Gefahr, dass sich ein Kunde mit ihm auf die Nordschleife verirrt, ist vermutlich relativ gering. Dann doch lieber ein komfortables Alltagsgefährt. Und das gelingt.

Die Lenkung ist okay beim normalen Fahren, das Auto wirkt handlich und kompakt. Leider verhärtet sie nach außen zu den Rändern hin stark, was sich komisch, sehr unnatürlich und nicht sehr gut anfühlt.

Der C-HR taucht schon immer ein beim dynamischeren Kurvenfahren, wippt nach, wirkt so ein bisschen bauchig. Aber das ist völlig okay für die Klasse. Denn auf der anderen Seite ist die Federung sehr ordentlich abgestimmt. Man wollte hier ein hochwertigeres Gefühl erzeugen, mit neuen Dämpfern, die man in dieser Ausbaustufe bisher bei den höher positionierten RAV4 und Camry einsetzte. Selbige schlucken viel weg, wirken aber akkurat und präzise, nicht labberig. Ich fuhr das Auto auf 19-Zöllern. Für die Ausstattung GR Sport sind auch 20 Zoll-Räder zu haben. 

Außerdem hat man beim Thema NVH (Noise, Vibration, Harshness) nachgelegt. Alles schön leise und rappelfrei hier drin.

Wie ist er innen?

Auf den ersten Blick hat die Fokussierung auf den europäischen Geschmack hier absolut Früchte getragen. Der alte C-HR war in Sachen Interieur-Qualität sicher nicht komplett verkehrt, aber der neue legt eine ganze Schippe drauf. Für mich ist das, was man sieht und anfasst über dem normalen Toyota-Standard. 

Da findet sich etwa schickes Alcantara in den Türtafeln und weiches, dick aufgeschäumtes Plastik an Armaturenbrett und auch bei allem, was sonst so um einen rum ist. Auch die Lüftungsdüsen sehen toll aus. Dass man den Rotstift bei einem C-Segment-Crossover nicht gänzlich aus dem Entwicklungsprozess verbannen kann, zeigt sich leider an den Stellen, die nicht sofort ins Auge stechen. Der untere Teil der Türen und vor allem die Türtafeln im Fond wirken ziemlich rudimentär. Schade. 

Der Ausbau der Ablagen-Infrastruktur ist allenfalls Mittelmaß. Gut: Es gibt zwei Cupholder vorne und zwei kleine hinten in den Türen. Das Fach in der Mittelkonsole ist eher zierlich. Außerdem wird es vorne in den Türen wohl eng mit größeren Flaschen. Zugegeben, der C-HR ist mit 1,83 Meter genau vier Zentimeter breiter als bisher, aber er ist halt immer noch ein Kompaktauto. 

Eines das vorne durch den flügelartigen Aufbau des Cockpits durchaus Sportlichkeit und Geborgenheit vermittelt, dadurch aber auch Platz verschenkt. Man fühlt sich schon recht eingebaut, gerade als Beifahrer. Das Lenkrad ist recht weit unter den Instrumenten platziert. Das erinnert ein bisschen an Peugeot, erzeugt beim Fahren aber ein Gefühl von Handlichkeit.

Das Raumangebot in Reihe Zwei geht zumindest für die Knie total in Ordnung. Am Scheitel wird es zumindest bei meinen 1,85 Meter eng wegen der Coupé-Linie. Einen Wert fürs Kofferraumvolumen hat Toyota noch nicht genannt. Es gibt halt eine kleine Ladekante, aber das dürfte verschmerzbar sein. 

Ziemlich viel Mühe hat man sich beim digitalen Instrumentendisplay gemacht. Grafisch ist das immer noch nicht der letzten Schrei (die Navikarte etwa wird sehr klein dargestellt), aber man hat nun unzählige Möglichkeiten, sich seine Anzeigen nach Gusto zu konfigurieren und das auch sehr einfach und logisch am Lenkrad.

Die Bedienung des Infotainments ist ziemlich Standard. Nicht schlechter oder besser als bei den meisten anderen Herstellern. Die Sprachbedienung hat bei den Prototypen noch nicht funktioniert. Sehr schön: Die Japaner setzen bei Klima, Sitzheizung und Co. weiterhin auf richtige Tasten und Knöpfe.  

Fazit

So ein richtiges Fazit ist natürlich schwierig, wenn das Auto – oder besser: der Prototyp – erst bei gut 95 Prozent ist. Nichtsdestotrotz würde es mich nicht überraschen, wenn der C-HR seinen Run fortsetzt. Klar, Design (mit der wichtigste Punkt bei diesem Auto) ist immer Geschmackssache, aber hier liefert der Neue schon gut ab. 

Der Rest ist Toyota wie man es kennt und schätzt. Der Antrieb mit dem CVT wird noch immer nicht jedermanns Sache sein, aber sparsam ist er nach meinen ersten Eindruck halt schon. Dazu gibt es eine gute Kombi aus Handlichkeit und Komfort sowie einen nun hochwertigeren Innenraum. In ein paar Monaten werden wir das fertige Serienauto fahren können, dann auch die Vollhybride. Bleiben Sie gespannt.

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